Nauraka - Volk der Tiefe
Vaters, und das schon bald. Dein naiver Bruder wird uns nicht im Weg stehen, und dieser versoffene, hochverschuldete Erbprinz erst recht nicht. Nach einer angemessenen Frist werden beide bedauerliche Unfälle erleiden, und dann bist du die Thronfolgerin. Deine uralte, hochadlige Blutlinie ist von höchster Bedeutung für mich.«
»Also geschah es doch nur deswegen, aus nichts als Machtgier?«, flüsterte sie und kämpfte die Tränen zurück.
Er streckte die Hand aus und strich das wehende schwarze Haar vor ihrem Gesicht beiseite. »Nicht ganz. Du bist ein guter Preis, Herzchen. Schön, jung und kräftig. Diese Art der Eroberung ist weitaus angenehmer als ein Aufmarsch der Soldaten, und der Aufwand hat sich gelohnt. Man wird mich nicht nur wegen deiner Abstammung um dich beneiden, auch deine Schönheit erhöht mein Ansehen. Man wird dich überall preisen und mich umso mehr anerkennen. Ich hätte kein größeres Glück finden können.«
»Ich habe nicht erwartet, dass du mich liebst«, sagte sie niedergeschlagen. »Aber ich glaubte, du wärst verliebt in mich, so wie ich in dich …«
»Weil du dich so zäh an den Wunsch nach Romantik geklammert hast«, erwiderte er gelassen. »Du hast es mir leicht gemacht. Ich habe dir genau das gegeben, was du wolltest. Aber ich habe dir auch gesagt, du sollst nicht auf Artigkeiten achten. Ich habe dir meine Ziele nicht verheimlicht. Nur nicht alle offenbart.«
»Und gelogen …«
»In Bezug auf dich? Nein. Du bist das Schönste und Liebreizendste, was mir je begegnet ist, und das ist die reine Wahrheit. Du bist ein kostbarer Besitz, und meine Anstrengungen waren von großem Ehrgeiz beseelt, dich zu gewinnen. Jemanden wie dich gibt es nur einmal, du bist alles, was ein Mann sich erträumen kann. Deswegen werde ich dafür sorgen, dass kein anderer dich auch nur ansehen darf. Du gehörst mir ganz und gar. Du wirst mir viele Kinder gebären, die meine Linie sichern und vergrößern werden. Und darüber hinaus werde ich dich genießen, wann immer ich will.«
Luri schaltete den brennenden Schmerz in ihrem Becken aus. Ihre Beinmuskeln waren völlig verkrampft, und sie spürte, wie etwas aus ihr floss, wahrscheinlich Blut. Innerlich fühlte sie sich völlig zerrissen. »Das werde ich nicht zulassen«, sagte sie leise, aber stolz. »Ich werde dich verlassen und ...«
»Gar nichts wirst du!«, herrschte er sie an, packte sie im Genick und zog sie dicht zu sich heran. »Du bist meine Ehefrau. Wir gehören zu den Alten Völkern, und damit gilt dieser Bund bis zum Tode! Du wirst mir gehorchen und dienen, und jeden meiner Befehle befolgen, ansonsten geht es dir schlecht!«
»Du ... kannst mich ... nicht zwingen ...«, stieß sie gepresst hervor.
Da schlug er das erste Mal zu. Mit geballter Faust ins Gesicht, knapp an der Nase vorbei. Luris Kopf ruckte nach hinten, daraufhin ließ er sie los, und das Geflecht der Wiege fing ihren weichenden Körper auf. Sie konnte nicht einmal mehr schreien, als der Schmerz in ihrem Kopf explodierte.
»Ich sage das nur einmal«, zischte Janwe. »Du wirst gehorchen, freiwillig oder nicht!« Er drehte sich um und schwamm auf die Tür zu. »Ab jetzt wirst du das Frauengemach ohne meine Erlaubnis nicht mehr verlassen«, schloss er kalt. »Jeglicher Kontakt zu anderen ist dir untersagt. Du bekommst eine neue, von mir ausgewählte Dienerin, die sich ausschließlich um dich kümmern wird.« Kurz glättete sich seine Miene, und in leutseligem Tonfall setzte er hinzu, als wäre nichts geschehen und er ein aufmerksamer Ehemann: »Und jetzt schlaf und ruh dich aus. Ich kehre zur Feier zurück und werde meinen Becher auf dich erheben. Ich werde ihnen berichten, was wir getan haben, und was für eine Erfüllung du für einen Mann bist, und alle werden dich ehren und nicht mehr an meiner Männlichkeit zweifeln.«
Damit ging er, und die Tür wurde versperrt.
Luri weinte lange. Der seelische Schmerz war bedeutend schlimmer als der körperliche, den würde sie bald überwinden. Aber nicht, wie sehr sie sich getäuscht hatte. Nun konnte sie sich auch vorstellen, weshalb Janwe nicht über seine Eltern und deren tragischen Unfall und seine Zeit danach reden wollte. Er war schon immer so gewesen, ehrgeizig und besitzergreifend, rücksichtslos und nur auf Macht über andere bedacht. Sicherlich hatte er seine Familie aus dem Weg geräumt, um schneller voranzukommen.
Eri, du hast recht gehabt , dachte sie verzweifelt. Warum habe ich nur nicht auf dich
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