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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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hat?“
    Iyen sah, wie es in Barlev arbeitete. Der junge Mann, der Rouven äußerlich so ähnlich war, zögerte kurz, dann seufzte er.
    „Genau das glaube ich eben nicht. Ich kenne Rouven besser als jeder andere, Vater eingeschlossen. Er ist nicht so flatterhaft und dumm, wie ihr glaubt.“
    „Das behauptest du seit Jahren, aber ich habe noch nie einen Beweis dafür gesehen. Er übernimmt keinerlei Verantwortung für sein Tun, ist pausenlos in Bewegung, läuft jedem Mädchen hinterher … Pass auf, wenn wir zurückkommen, stellt sich heraus, dass er sich bei irgendeiner Frau eingenistet hatte und mit Gewalt dort rausgezerrt werden musste, weil er Angst vor Vaters Strafpredigt hatte.“
    „Unfug!“, schnaubte Barlev. Ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht, zu kurz, um sicher zu sein, was dahintersteckte.
    „Tarrin, bitte, versuch doch mal, eins und eins zusammenzuzählen und dabei nicht auf fünf zu kommen! Ich streite mich mit Rouven, mache ihn vor dem halben Palast nieder, wie sich nachher herausstellt zu Unrecht. Am nächsten Morgen will ich es klären – er ist nicht da. Den ganzen Tag sieht ihn niemand, sein Bett bleibt in der Nacht unberührt.“
    „Er hat sich schmollend verkrochen, was erwartest du von diesem Kindskopf?“
    „Tarrin, genau das ist der Punkt! Rouven ist eben kein Kindskopf und er schmollt nie! Oder hat er dir jemals irgendetwas nachgetragen?“
    Tarrin kratzte sich verwirrt das bärtige Kinn, schwieg auf diese Frage.
    „Ich muss ihn wirklich hart getroffen haben. Gott, ich hätte ihn sofort suchen sollen! Ich hab mir immer wieder eingeredet, dass er nur gerade seine Ruhe haben will! Tarrin, über zwei Tage lang hat kein Mensch ihn gesehen, begreifst du das nicht?“
    „Es hat ihn aber auch niemand durch eines der Stadttore gehen sehen, weder bei uns noch bei irgendjemandem in Vagan fehlt ein Pferd. Ich bleibe dabei, er hat sich verkrochen und traut sich nicht nach Hause. Absolute Zeitverschwendung, hier draußen nach Heuhaufen zu suchen, in denen eine Nadel versteckt sein könnte!“
    „Rouven ist nicht feige!“, grollte Barlev drohend. „Und er konnte schon mit elf Jahren ungesehen über die Mauern klettern, falls du das vergessen haben solltest. Ich habe Angst, dass er dachte, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, dem ganzen Elend mit zu vielen Geschwistern und Leibwächtern und Menschen, die ihn für einen Taugenichts halten, entfliehen zu können.“
    Tarrin verdrehte entnervt die Augen.
    „Lass uns mal für einen Moment annehmen, er hätte genau das getan. Gütiger Himmel, Rouven ist zwanzig! Er kann schwimmen, ist gut zu Fuß, mit dem Bogen kommt er auch klar, kann sich also Essen besorgen, und wenn es eines gibt, was man ihm nicht vorwerfen kann, ist das ein Mangel an Gesundheit und Tatkraft.“
    „Und er ist trotzdem nur ein Mensch, egal wie alt. Er kann gestürzt sein und mit gebrochenem Bein irgendwo hier herumliegen. Ein Raubtier könnte ihn angegriffen haben, vielleicht ist er Wilderern oder Strauchdieben in die Hände gefallen, und was dann?“
    Tarrin schien etwas erwidern zu wollen, überlegte es sich aber augenscheinlich anders und schloss den Mund. Mit einem Mal wirkte er nachdenklich.
    „Gut, du hast recht“, sagte er schließlich. „Gerade ein solch leichtsinniger Junge wie Rouven sollte nicht allein hier draußen herumlaufen.“
    Nun war es Barlev, der entnervt die Augen verdrehte, doch er widersprach nicht, sondern sagte: „Es tut mir leid, dass Arnulf dich gezwungen hat, mit mir zu reiten. Du musst mich morgen nicht begleiten, ich kann mit drei oder vier Soldaten auf die Suche gehen. Sollte ich Spuren finden, lasse ich dich und die anderen holen.“
    Iyen hatte genug gehört, er zog sich ein Stück zurück und dachte nach. Den Plan, Rouven einfach in Rufweite des Lagers auszusetzen und darauf zu vertrauen, dass er sich bemerkbar machen könnte, hatte er bereits verworfen. So, wie es schien, war Barlev der Einzige, oder vielleicht einer von wenigen, der auch Rouvens starke Seiten sehen wollte.
    Wenn ich ihn allein zurücklasse, wird man ihm die Entführung nicht glauben, sondern denken, er wolle sich wichtigmachen … Oder er verschweigt die Ernsthaftigkeit seiner Wunden, redet diesem Tarrin nach dem Mund und behauptet, er sei weggelaufen und in ein Erdloch gefallen und jetzt einfach nur zerkratzt und erschöpft … Falls er es verweigert, wer würde ihn mit Gewalt untersuchen wollen? Selbst, wenn ich ihm einen Oshanta-Dolch überlasse, müsste das

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