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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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ihm.
    „Rouven! Rouven!“, rief Barlev, suchte hektisch mit den Augen das Gras ab, ob sich irgendwo eine Lücke zeigte, ein Hinweis auf einen niedergestreckten Körper.
    „Hierher, hier!“, schrie einer der Soldaten, der bereits vom Pferd abgesprungen war. Barlev flog regelrecht zu ihm, stieß ihn rücksichtslos zur Seite.
    Rouven bewegte sich zwar schwach, aber sein Blick war umnebelt, unmöglich zu sagen, ob er überhaupt etwas wahrnahm. Sein bleiches, eingefallenes Gesicht war tränenüberströmt. Barlev war dankbar, dass es lediglich Tränen waren und kein Blut. Man sah ihm an, dass er starke Schmerzen litt, auch, wenn keine Wunde erkennbar war.
    „Rouven?“ Zögernd legte er ihm einen Arm in den Nacken und stützte ihn hoch.
    „Erkennst du mich? Kannst du mich hören?“ Barlev war sich bewusst, dass er von den Soldaten umkreist wurde, dass diese Männer alles hörten und sahen, was sich hier abspielte. Am liebsten hätte er sie fortgejagt, damit sie nicht länger auf seinen Bruder starren konnten. Aber da flatterten plötzlich Rouvens Lider, leise stöhnend verzerrte er das Gesicht vor Schmerz, wandte sich dann zu ihm.
    „Er ist schwer verletzt! Baut eine Trage und bringt sie her, ihr zwei dort, und ihr beide da ebenfalls, Beeilung!“ Tarrin erteilte Befehle und schickte nun auch die anderen Soldaten zurück ins Lager, wo sie nützlicher waren als hier. Dankbar nickte Barlev ihm zu. Tarrin war ein Hitzkopf und oft genug so engstirnig, dass man ihn erschlagen wollte; wenn es allerdings darauf ankam, konzentrierte er sich auf das Wesentliche, stand mit unerschütterlicher Treue bereit und konnte jederzeit die Führung übernehmen – und auch wieder abgeben.
    „Barlev …“ Rouvens Wispern war kaum zu hören. Sein Blick klärte sich, mit weit aufgerissenen Augen starrte er zu ihm hoch. „Es tut mir leid …“
    „Nicht. Bleib ganz ruhig, wir bringen dich nach Hause.“ In Barlev zog sich alles zusammen. Seinen sonst so starken, vor Lebensenergie sprühenden Bruder so zu sehen war schier unerträglich.
    „Iyen …“
    Irritiert beugte sich Barlev zu ihm herab.
    „Ich habe dich nicht verstanden“, sagte er, ergriff Rouvens klamme Rechte und drückte sie sanft. Rouven schien kaum noch bei Bewusstsein, die Augen fielen ihm immer wieder zu.
    „Iyen … ist fort …“
    Wieder dieser Laut, kaum mehr als ein Hauch, mit schmerzlicher Sehnsucht hervorgebracht. Iyen. Ob das ein Name war? Barlev dämmerte es – der Oshanta, gewiss, auch er musste einen Namen haben. Ob die Sehnsucht ihm galt?
    „Iyen hat dich zu uns zurückgebracht“, sprach er leise ins Rouvens Ohr, hoffend, dass Tarrin, der sich mittlerweile zu ihnen gekniet hatte und mit grimmiger Miene nach Rouvens Verletzungen suchte, nichts davon mitbekam. Er zischte vor Wut, als er die riesigen, schwarzen Blutergüsse sah.
    „Nein … Iyen … geh nicht …“
    „Sprich nicht von ihm, hörst du? Nur ich weiß, was er für dich getan hat, so sollte es bleiben. Die anderen würden es nicht verstehen.“ Barlev wusste nicht, ob Rouven noch wach genug war, um ihn hören zu können, er erhielt jedenfalls keine wahrnehmbare Reaktion mehr. Er hoffte es einfach, betete darum, genauso dafür, dass all seine Ahnungen darüber, was Rouven in den letzten Tagen widerfahren war, falsch sein mochten – die schlechten ebenso wie die eigentlich guten. Niemand würde akzeptieren, dass ein Prinz von Kyarvit, auch nicht der jüngste und bedeutungsloseste von so vielen, sich womöglich in einen Oshanta verliebt hatte.
     

Iyen hielt sich im Schutz der Dunkelheit verborgen und beobachtete, wie man Rouven auf eine improvisierte Trage legte und von zwei Pferden zum Lager bringen ließ. Er wusste, dass der Zustand des jungen Mannes nicht halb so dramatisch war, wie es für seine Brüder aussehen musste; durch den Überhang des Mittels, das ihn noch so stark betäubte, die Schmerzen hingegen nicht mehr ausreichend dämpfte, schien Rouven so gut wie tot zu sein.
    Überleben würde er, sein Körper würde rasch heilen. Sein Geist hingegen war schwer verwundet, er brauchte Hilfe, so viel mehr, als Iyen ihm geben konnte.
    „Sieh gründlich nach, Barlev, du bist der erste Mensch, dem ich mein Hab und Gut anvertraue!“, knurrte er unterdrückt.
    Er hatte es ihm nicht gesagt, das hier war kein Abschied für immer. Dieser Mann gehörte ihm, mit Leib und Seele. Er würde nun falsche Spuren legen, um sicher zu sein, dass Jarne und Bero von Rouven fernblieben. Iyen nickte

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