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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Stadtmauern gelangten. Die waren über zehn Schritt hoch und gut bewacht, doch sie besaßen beide genug Geschick darin, diese ungesehen zu überwinden. Plötzlich spürte Iyen eine Bewegung im Schatten und fuhr herum.
    „Runter!“, zischte er Rouven zu, der allerdings nicht gehorchte, sondern erschrocken stehen blieb. Seinen Feind erkennen und den Dolch schleudern geschah im gleichen Augenblick. Iyen kniete neben dem toten Wächter nieder und nahm seinen Dolch wieder an sich.
    „Vermutlich sind noch mehr hier, die Gerüchte um Oshanta werden sie aufgescheucht haben“, wisperte er und musterte Rouven verärgert. „Du musst reagieren, wenn ich dir etwas befehle, sonst sterben wir beide!“, flüsterte er ihm kalt zu. Die Augen des jungen Mannes hingen an der Leiche, deren Anblick von den nächtlichen Schatten gnädig verhüllt wurde.
    „Los jetzt!“ Er zog Rouven gewaltsam mit sich, bis der Prinz sich endlich gefangen hatte und ihm folgte.
    „Ich habe in der Nähe Pferde“, sagte Iyen leise, als sie sich dem Wald näherten, dessen Schutz er suchen wollte. Zum Glück hatte er bereits vor Tagen alles vorbereitet, so bestand ein wenig Hoffnung, dass sie die Flucht auch schaffen würden! Da erstarrte er – aus den Augenwinkeln hatte er etwas wahrgenommen, und es war kein harmloser Stadtwächter. Er packte Rouven am Arm, drückte ihn zu Boden, als der junge Mann sich erschrocken wehrte, hielt ihm sicherheitshalber den Mund zu.
    „Hinlegen! Stell dich tot, kein Laut, kein Regung, nichts, bis ich komme oder dir befehle zu laufen!“, hauchte er ihm ins Ohr. Rouven nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Widerstrebend ließ Iyen ihn zurück, hoffte, er würde wirklich gehorchen; dann konzentrierte er sich und schlängelte sich über den Boden dorthin, wo er glaubte, Gefahr gewittert zu haben.
    Er war kaum fünf Schritt weit gekrochen, als er ein Wispern in unmittelbarer Nähe hörte: „Weiter links!“
    Iyen sah mehrere Schattengestalten, eine davon keine Armlänge entfernt, nah genug, um das Profil des Mannes erahnen zu können.
    Jarne. Und Bero war gewiss an seiner Seite, zusammen mit ein oder zwei Kampfgefährten. Also doch! Er hatte gefürchtet, dass diese beiden geschickt werden würden, um ihr Scheitern von damals wieder gutzumachen. Sie mussten ihn beobachtet haben, ohne dass er es bemerkt hatte – oder war es ein unglücklicher Zufall? Vielleicht hatten sie die Pferde entdeckt?
    Iyen huschte zurück zu Rouven, innerlich fluchend, dass er so versagen konnte.
     

Rouven wartete in absoluter Dunkelheit. Sogar der verdammte Nayidenmond hatte sich hinter Wolken verborgen. Ewigkeiten, ganze Äonen schienen zu vergehen, während er in feuchtem Gras lag, ohne zu wissen, was sie bedrohte. Er fuhr zusammen, als er die Nähe eines Menschen spürte.
    „Ganz ruhig bleiben, unsere Feinde sind hier“, flüsterte eine Stimme nahezu unhörbar. Iyen, dem Himmel sei Dank! „Oshanta. Wir müssen weg und dabei möglichst wenig Spuren hinterlassen.“
    Eisige Todesangst ließ alles in ihm erfrieren. Jarne und Bero, sie waren hier! Rouvens Verstand setzte aus, lediglich Iyens blitzschnelle Reaktion, der sich über ihn warf und mit seinem Gewicht sowohl niederhielt als auch die Luft aus den Lungen presste, hinderte ihn am Schreien.
    „Wir werden beide sterben, wenn du jetzt nicht durchhältst!“, hauchte der Oshanta ungeduldig. Beinahe ohnmächtig vor Atemnot spürte Rouven mehr, als dass er hörte, wie sich etwas – jemand – in seiner Nähe bewegte. Kaum einen Schritt von ihnen entfernt verharrte das Rascheln. Dann zog es vorbei, die Angreifer hatten sie verfehlt. Rouven war aber klar, dass dies keineswegs Sicherheit bedeutete; sobald die Verfolger begriffen, dass ihre Beute nicht dort war, wo sie sie vermuteten, würden sie umkehren. Jarne und Bero …
    Das müssen sie nicht sein, vielleicht hat man andere geschickt, vielleicht sind sie schon tot!, dachte er, bereit, sich an jede Hoffnung zu klammern. Langsam gab Iyen ihn frei, hielt ihm allerdings den Mund zu, vermutlich, damit er nicht zu laut nach Luft schnappte. Dabei war Rouven vor Panik so erstarrt, dass er sich gar nicht mehr rühren wollte, geschweige denn konnte.
    „Los jetzt!“                                                             
    Rouven gab sein Bestes, um Iyen folgen zu können, der voraus kroch und dabei mindestens ebenso schnell und unhörbar, wie eine Schlange war. Die lähmende

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