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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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Atem.
Er muss hüsteln. Auch dieses süßliche Zeug kennt er von seinen Drogenrazzien in
München.
    Langsam gewöhnen sich seine Augen an das Zwielicht. Nun kann er
uniformierte Amerikaner erkennen, die in den breiten Ledersesseln halb liegend
Mädchen eng umschlungen auf ihrem Schoß halten. Von den Wänden lächeln
Pin-up-Girls. Hinter dem Tresen sieht er Lucretia hantieren. Auf der Tanzfläche
bewegen sich langsam und eng aneinandergeschmiegt die Paare. Die jungen Frauen
umarmen die Männer, die Männer drücken ihre Hände auf die Hintern der Frauen
und pressen sie an sich. Gropper glaubt, einige der Frauen zu kennen, doch er
kann sich auch irren. Ab und an verschwindet ein Paar eilig durch die Tür neben
dem Tresen. Erster Stock, Zimmer 1 bis 5, erinnert er sich.
    Zwischen einem Zeitungsständer, in dem »Tiger Club« und »Stars and
Stripes« ausgelegt sind, und der dröhnenden Musikbox mit ihren bonbonfarben
aufblitzenden Lichtern findet Gropper einen freien Stuhl und setzt sich. Da
kommt Lucretia von der Bar auf ihn zugestürmt. Wild geschminkt und mit wie am
Vormittag hochtoupiertem Haar baut sich die bunte Takelage vor ihm auf.
»Raus!«, befiehlt sie wütend.
    Gropper lässt sich nicht beirren und bestellt ein Bier.
    »Raus«, wiederholt sie barsch.
    »Ich bin ein Gast wie die anderen auch.«
    »Du nicht.«
    Ehe er etwas erwidern kann, gibt sie ein Zeichen in den Raum, und
schon steht ein großer, kräftiger Mann mit einer Schlägervisage drohend vor ihm
und faucht ihn an: »Schleich di, aba fix!«
    Gropper lässt es darauf ankommen und bleibt sitzen. Da packt ihn der
Kerl rabiat am Arm und zieht ihn hoch. Gropper kann gerade noch seine Aktentasche
mit dem wertvollen Inhalt an sich reißen. Der Ganove packt ihn so brutal, dass
ihn der Griff durch die Jacke hindurch schmerzt. Er will die harte Hand
abschütteln, doch sie umklammert seinen Arm noch fester, wie eine Zange.
    »Keine Faxen jetzt. Verschwind!«
    Der Kerl zerrt ihn zwischen den Gästen hindurch zur Tür. Draußen
stößt er ihn so heftig in den Rücken, dass Gropper vornüberstolpert. Hinter ihm
schlägt die Eisentür zu.
    Als er in die Pension »Karwendelblick« zurückkehrt, ist die Tür
zu seinem Zimmer verschlossen, aber das Streichholz liegt auf dem Boden. Jemand
war in diesem Raum, hat während seiner Abwesenheit herumgeschnüffelt. Heute hat
er seine wichtigen Unterlagen noch in seiner Aktentasche mit sich
herumgetragen, doch das ist ihm lästig. Morgen will er sie bei Buchner
verwahren. In seinem Pensionszimmer wären sie sofort verschwunden. Denn nun ist
klar: Er wird bespitzelt. Er muss mit Wondratschek reden.
    Den Herrn »Bittschön« findet er im Keller, in der Waschküche. Der
Raum ist voller Dampf. Wäscheberge liegen auf dem Betonboden. Wondratschek
steht über einen großen, brodelnden Waschkessel gebeugt, rührt mit einer Latte
im Kessel herum und wischt sich den Schweiß von der Glatze. Dann kniet er
nieder, um mit der Hand Kohlen in die Feuerung zu werfen.
    Gropper spricht ihn an. Erschrocken fährt Wondratschek hoch. Er ist
völlig verschwitzt. »Ja, bittschön, was ist?«
    Gropper hält ihm das Streichholz hin.
    »Bittschön, wünschen Sie Zündler?«
    »Jemand war in meinem Zimmer, während ich weg war.«
    »Bittschön, ich war’s nicht.«
    »Wer kann das gewesen sein?«
    »Was weiß ich?«
    »Wer hat noch einen Schlüssel?«
    »Nur Sie haben den Schlüssel.«
    »Und Sie haben sicher einen zweiten.«
    »Nix. Gibt nur einen Schlüssel, für Sie.«
    Gropper lässt das nicht gelten. »Was schnüffeln Sie bei mir herum? Was
suchen Sie?«
    Weggeblasen ist die Freundlichkeit des Herrn »Bittschön«. Empört
faucht er Gropper an: »Sie Lümmel! Sie deitscher Flegel!«
    »Dieses Streichholz habe ich in den Türrahmen geklemmt und die Tür
verschlossen. Als ich zurückkam, lag es auf dem Boden.«
    »Eine Frechheit, Sie Deitscher, Sie!«, prustet Wondratschek
aufgebracht. »Das ist mir noch nie passiert. Mit eich Deitschen hat man immer
Ärger!« Er reißt Gropper das Streichholz aus der Hand, zerbricht es zornig und
wirft es auf den Boden. Es fällt neben einen leeren, zusammengeknüllten
Wäschesack. Gropper will nach dem zerbrochenen Hölzchen greifen, da liest er
auf dem Zellstoff das Wort »Reichsbank«. Er hebt den Sack hoch, faltet ihn
auseinander und erkennt deutlich den Aufdruck »Deutsche Reichsbank Berlin«.
    Heute Vormittag Korbi und seine Reichsbank-Goldmünze, die er mir in
die Tasche gesteckt hat, denkt er

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