Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
der größte Teil des Keramalgehäuses von Korrosion weggefressen worden war. Das zweite war ein korrodiertes Etwas, das die Kriegsdrohne durch Scannen als Projektilschusswaffe identifiziert hatte. Dieser letztgenannte Gegenstand würde trotz seines fürchterlichen Zustands einen Haufen Geld bringen, da es sich wohl um eine Waffe handelte, die entweder Hoop persönlich oder einer seiner Gefährten getragen hatte. Sniper hockte sich auf seine sechs Schalentierbeine und wandte nun beide Augen wieder dem Spiel zu, als sein Gegner einen Zug machte.
»Wie viel möchtest du dafür?«, fragte die Kriegsdrohne, während sie eine mögliche Gefahr registrierte, die ihrer Königin in acht Zügen drohte.
Snipers Gegner senkte die Fußkralle, mit deren Hilfe er seinen Springer gesetzt hatte, wieder auf den Felsen und blinzelte Sniper mit dämonischen roten Augen an. Das Segel hatte die rosahäutigen Flügel zu einer vielschichtigen Masse aus Falten und Streben zusammengeklappt, die teilweise an ein Mönchshabit und teilweise an die Übertreibungen elisabethanischer Kleidung erinnerte. Es hatte den langen Hals zu einem Fragezeichen gebogen und betrachtete das Schachbrett. Jetzt zeigte es sein krokodilhaftes Lächeln und legte dabei ein Kilo Elfenbein frei.
»Zweitausend, und du passt mir den Verstärker hieran«, sagte er, Sniper, der wie eine Riesenlanguste aus glänzendem Aluminium aussah, senkte zustimmend den gepanzerten Kopf.
»Da wäre noch das Orientierungsprogramm zu nennen – ich habe es selbst geschrieben. Und das, Täuscher, wird teuer für dich«, sagte Sniper.
Windtauscher drehte den Kopf und musterte Sniper argwöhnisch, als die Kriegsdrohne ihren nächsten Zug ausführte.
»Davon hast du mir noch gar nichts erzählt!«, warf ihm das Segel vor.
Sniper hob den Kopf und sah das Segel an. Unter den zurückgelegten Antennen der Kriegsdrohne und ihrer Phalanx aus Sensorenborsten fuhren zwei verspiegelte Rohre auseinander, zeigten jetzt zur Seite und ließen ein mattschwarzes, eckiges Rohr auf das Segel gerichtet. Das war die größte Annäherung an ein Lächeln, zu der die Drohne fähig war, da sie an Stelle eines Mundes eine Antiphotonenkanone hatte – sowie die Mündungen einer elektromagnetischen Kanone und eines Raketenwerfers.
»Muss ich vergessen haben«, sagte Sniper.
»Wozu brauche ich dieses Orientierungsprogramm?«, fragte Windtauscher; vor Ungeduld klapperte er mit den Klauen und schlug dabei Splitter aus dem Stein.
»Dein Gehirn sieht nicht genau so aus wie beim Menschen. Falls ich dir jetzt den Verstärker aufsetzte, würden die Nanofasern deinen Kopf in Mus verwandeln, während sie nach den richtigen Verbindungen suchen.«
»Wie sehr weicht mein Gehirn denn ab?«, wollte Windtauscher wissen.
»Es liegt umgekehrt und auf halber Höhe der beiden Wirbelsäulen. Dein Zerebrum steckt in einer verknüpften Triade rings um dein verlängertes Mark, und man findet da drin noch weitere Dinge, für die man bislang nicht mal Bezeichnungen kennt.«
»Besser als beim Menschen?«
»In deinem Fall ja. Bei deinen Freunden …«
Sniper deutete mit der schweren Kralle auf die übrigen Segel, die sich am anderen Ende des Felsens versammelt hatten, und zuckte klappernd die Achseln. Windtauscher musterte seine Artgenossen.
»Ich möchte es mal so ausdrücken«, fuhr Sniper fort: »Nicht mal mit Verstärker würde irgendein Segel, das Windfänger heißt, jemals ein Schachspiel gewinnen.«
Sniper verschob einen bislang unbenutzten Bauern und gab ein zufriedenes Summen von sich.
Windtauscher starrte auf das Brett und schüttelte langsam den Kopf. Die Art, wie er diesmal die Zähne freilegte, hätte man nur schwer als Lächeln deuten können. »Das hatte ich nicht gesehen«, sagte er.
»Ich schätze nicht«, sagte die Kriegsdrohne und lehnte sich 45 Grad weit auf die Hinterbeine. Mit dem Präzisionsgreifer langte sie unter sich und löste mit metallischem Klicken einen verchromten Gegenstand, der die Form einer breiten Bohne aufwies, allerdings fünf Zentimeter lang war. Sniper wechselte den Gegenstand in die schwere Kralle und hielt ihn zwischen den beiden messerscharfen Spitzen.
»Hab das Orientierungsprogramm geladen und lauffertig. Es dauert nur ein paar Minuten, die Verbindung herzustellen, und etwa eine Stunde, um alle Steuerprogramme hinaufzuladen. Nach dieser Stunde kannst du über den lokalen Server direkten Zugriff auf deinen Account nehmen und Informationen herunterladen über praktisch alles, was du
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