Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Frage der Technik. Rebecca kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass es bei ihrer bevorstehenden Rückkehr auf den Schauplatz ihrer scheußlichsten Verbrechen nicht wirklich um Jay oder Keech ging – es ging um Langeweile und Bedürftigkeit.
    Als sie spürte, wie etwas ihr Bein berührte, drehte sich Frisk um und schlug eine der vielen Läuse weg, die das Schiff bevölkerten. Als sie sich den Schutzanzug anlegte, malte sie sich eine Zukunft aus, in der sie weiterhin das volle Ausmaß ihrer Bösartigkeit entfesseln und damit auch Reaktionen erzeugen konnte. Sie bemühte sich, diese Aussicht zu genießen, aber ihr Vorstellungsvermögen war abgestumpft, und das Interesse fehlte. Darin fand sie eine weitere Quelle des Zorns.
    Im Aufstehen sagte sie: »Ich muss einfach daran arbeiten.« Die Worte schienen jedoch von der Kälte des Schiffs ringsherum abgesaugt zu werden.
    »Ich werde daran arbeiten«, sagte sie, trat kräftig auf die Laus und zermalmte sie am Boden.

Kapitel 7
     
     
    Die Wolke aus aufgerührtem Schlick, Schalenstücken, Fleischbrocken und gelblichem Magenbrei bedeckte inzwischen fünf Quadratkilometer Meeresboden, und als sie mit einem Rand über den Tiefseegraben geriet, stürzte sie wie ein Wasserfall in die blauen Abgründe. Hätten die Gleißer einen guten Tag gehabt, wäre dieser Wasserfall auf bestimmte Wesen dort unten hinabgeregnet und hätte keine stärkere Reaktion provoziert als das Wedeln von Siphonen, die an ausgehöhlte Bäume erinnerten, das nachdenkliche Trampeln eines fleischigen Fußes – der fähig war, Felsbrocken umzukippen, um nachzuschauen, was an essbaren Happen darunter lag – sowie das Blinzeln eines tellergroßen Auges mit Schlitzpupille. Heute war jedoch ein schlechter Tag. Die Monsterschnecke – deren klitzekleine Verwandten sowohl die Hammer- als auch die Froschvariante darstellten, denn zu so etwas wuchsen sie heran, wenn sie lange genug am Leben blieben, um schließlich sexuell aktiv zu werden – hatte selbst keinen besonders guten Tag gehabt und auch keine besonders gute Woche. Denn länger, als ihr fair erschien, hatte ein Fleisch fressender Heirodont der tiefen Gewässer sie durch die Gesteinsfelder gehetzt, die ihr natürliches Zuhause dort unten waren, und aus schierer Not war die Monsterschnecke in die tiefen Spalten geflüchtet, die sie höher an der Unterwasserklippe fand. Weiter unten hätte die Begegnung mit einem solchem Geschmack nur ihren Appetit auf einen der riesigen Sickerwürmer angeregt, die unter den Felsbrocken hausten. Diese Würmer waren jetzt jedoch jedem Zugriff weit entzogen, und die Quelle des neuen Geschmacks lag sehr nahe. Die Monsterschnecke entrollte massenweise Tentakel mit so dicker und faseriger Haut, dass nicht einmal Blutegel sie durchdringen konnten, zog sich an der Klippe hinauf und machte sich ans Schmausen.
     
    Er war an Deck, und Prill stürmten über die Reling. Sonst war niemand an Bord, aber etwas Schatten- und Insektenhaftes steuerte das Schiff eine Straße entlang, die von den emporgereckten Trompetenmäulern riesiger Egel gebildet wurde. Er wich vor den Prill zurück, hatte jedoch mehr Angst vor den Egeln und der Art, wie ihre Mäuler ihn betrachteten. Zu spät erkannte er, dass er mit dem Rücken an den Mast gestoßen war, und die Angst schnitt wie ein Messer durch seine Eingeweide. Er blickte auf, und das Segel zuckte die Achseln über die Unausweichlichkeit all dessen, ehe es auf ihn herabstürzte. Er wollte weglaufen, war aber einfach nicht schnell genug. Von rosa Adern durchzogene Hautlappen umschlangen ihn und zerrten ihn zu Boden. Erst jetzt fiel ihm auf, wie albern die ganze Situation war und dass er träumte. Er erwachte mit diesem Angstknoten im Bauch, der sich in nagenden Hunger verwandelte.
    Janer öffnete die Augen und richtete sich sofort auf. Er betrachtete die verbundene Hand und beugte sie. Sie war steif und leicht wund, tat aber nicht halb so weh, wie er erwartet hatte.
    »Wie lange?«, fragte er.
    »Du hast einen Tag versäumt, und der nächste ist halb herum«, antwortete die Schwarmintelligenz.
    »Ich trage das Virus in mir.«
    »Fünf Prozent der Besucher hier werden infiziert. Wer nicht infiziert wird, gehört zu denen, die Vorsichtsmaßnahmen ergriffen haben. Du hast das nicht getan, obwohl man dich am Runcible-Terminal entsprechend instruiert hat und du das angebotene Informationspaket auch genommen hast. Hast du es durchgesehen?«
    »Nein«, antwortete Janer.
    »Du wolltest dich also