Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

nicht lange genug zurücklagen. Er warf einen Blick auf Erlin, in der Hoffnung, dass sie womöglich auch eine Frage hätte, aber sie blickte melancholisch aufs Meer hinaus.
    »Macht es Ihnen etwas aus, mir mehr darüber zu erzählen?«, fragte Janer schließlich.
    »Es macht mir etwas aus«, antwortete Ron und beendete damit das Gespräch.
    Shib starrte auf Nolan hinunter und steckte plötzlich die Waffe ins Halfter. Warum hatte er nicht schneller reagiert? Und warum hatten Nolans Schüsse den Mistkerl nicht niedergestreckt? In diesem Augenblick kamen Svan, Tors und Dirne aus dem Wald hervorgebrochen und hielten nach jemandem Ausschau, den sie erschießen konnten.
    »Ihr habt ihn verfehlt«, stellte Svan fest.
    Shib funkelte sie an und deutete auf Nolan.
    »Sie hat ihn viermal getroffen. Er hat ihr einfach in den Kopf geschossen und ist in den Scooter gestiegen. Er wollte einfach nicht zu Boden gehen«, sagte er.
    Svan starrte Tors an. Er zuckte die Achseln – und als Reaktion darauf schüttelte sie langsam den Kopf und ging zur hingestreckten Nolan hinüber. Sie bückte sich und hob den Laserkarabiner auf. Nachdem sie ihn einen Augenblick lang inspiziert hatte, warf sie ihn Shib zu, der ihn mit einer blitzartigen Handbewegung auffing. Svan blickte sich dann unter ihren Begleitern um.
    »Ich hätte eigentlich gedacht«, sagte sie bedächtig, »dass die Wiederholung von Ereignissen über die letzten siebenhundert Jahre ausgereicht hätte, um euch etwas über Sable Keech zu sagen. Nun, anscheinend nicht.« Sie musterte nacheinander jeden der anderen. »Wisst ihr, wie viele Batianer bei dem Versuch umgekommen sind, den Vertrag an ihm zu erfüllen? Nein? Ich auch nicht, aber ich weiß, dass die Gesamtzahl über fünfzig liegt – und sehr wahrscheinlich aus weitgehend den gleichen Gründen.« Sie deutete auf den Karabiner in Shibs Händen. »Das Ding steht auf der Grundeinstellung für Töten. Keech ist eine Hochschwerkraft-Reifikation. Er wirkt vielleicht anfällig, aber ihr dürft nicht vergessen, dass er mit Hochschwerkraftknochen ausgestattet ist, die intern verstärkt wurden, um kybernetische Motoren zu halten.« Sie ging zu Shib hinüber, zog eine kleine, schwarze Schachtel aus dessen Gürtel und hielt sie hoch.
    Als hielte sie Idioten eine Vorlesung, fuhr Svan fort: »Damit haben wir ihn verfolgt, und genau das macht ihn so gefährlich. Er war mal ein Mensch, aber er ist es schon sehr lange nicht mehr. Er ist ein Biomechanoid; er empfindet keine Schmerzen, und man braucht nicht weniger als Explosivmunition oder einen Schwerlastlaser, um ihn niederzustrecken. Muss ich euch diese Fakten jetzt in die Stirn eingravieren?«
    Die Antwort bestand in Schweigen. Shib schämte sich besonders, da die ganze Tirade im Wesentlichen ihm und Nolan gegolten hatte. Er starrte auf die Leiche der Frau hinab, die er erst seit ein paar Tagen gekannt hatte. So war der Lauf der Dinge.
    »Jetzt«, sagte Svan zu Dirne, »wirst du mit Tors das Schlauchboot aufblasen, und du …« Sie stach mit dem Finger nach Shib. »… begräbst Nolan hier an Ort und Stelle. Ich möchte nicht, dass irgendwas liegen bleibt, woraus der Hüter Schlussfolgerungen ziehen kann.«
    Shib starrte wieder die Leiche an. Es war nicht batianischer Brauch, die Toten zu begraben; wenn man tot war, dann war es das, und es hatte keinen Zweck, einem Klumpen Fleisch Respekt zu erweisen. In diesem Fall sah er jedoch den Sinn ein. Spatterjay war keine vollständig zur Polis gehörende Welt, aber sie lag am Rand der Polis und wurde damit von ihrem Hüter sehr gründlich überwacht. Zusätzlich waren mit Sicherheit Sub-KIs draußen unterwegs, und sie traten in schier jeder Gestalt auf. Eine davon hatte sie womöglich jetzt schon im Auge. Shib blickte kurz zu Svan hinüber, die zum Waldrand zurückging, dorthin, wo sie ihren Rucksack abgelegt hatte. Er verfolgte mit, wie sie eine schwarze Krabbenpanzerung hervorholte und anzog; dann machte er sich auf die Suche nach etwas, womit er ein Loch graben konnte.
    Er hatte ein wirklich mieses Gefühl bei der ganzen Sache.
    Die Karte auf dem Bildschirm bezeichnete das Ding als den »Kleinen Flint«. Wie in solchen Fällen üblich, fiel es genau wie beschrieben aus, wo Keech doch auf einen Euphemismus gehofft hatte. Er entdeckte keine Segel auf dieser schrägen schwarzen Fläche – die weniger als einen Meter weit aus dem Meer ragte –, was ein glücklicher Umstand war, denn hätte sich auch nur eines hier aufgehalten, hätte er mit