Neandermord
ich.
19. Kapitel
Jutta hatte sofort eine Theorie parat.
»Es könnte doch sein, dass das Grundstück, auf dem das Hotel entsteht, aus der Familie von Krüger oder seiner Frau stammt. Und Krüger wollte das Grundstück selbst haben.«
»Und deswegen hat sie ihn ermordet? Nachdem der Bau schon längst stattfindet und wahrscheinlich seit Jahren geplant ist?«
»Vielleicht war sie es ja, die ihn bestochen hat. Um sich die Anteile an dem Land zu sichern.«
»Sehr umständliche Methode. Das passt doch alles nicht zusammen.«
Wir saßen immer noch auf dem Baumstamm. Jutta hatte das Notebook zugeklappt.
»Außerdem glaube ich nicht, dass solche Hotels einfach auf Grundstücken entstehen, die der Hotelkettenbesitzer ohnehin schon besitzt«, fügte ich hinzu. »Da werden doch Standortanalysen gemacht. Man muss genau ermitteln, welches Einzugsgebiet das Hotel hat. Abgesehen von den Genehmigungen, die man dafür braucht. Vor allem hier im Neandertal. Das ist doch in weiten Teilen Naturschutzgebiet.«
»Die Gegend dahinten jedenfalls nicht mehr«, sagte Jutta.
»Wir sollten herausfinden, wem das Grundstück vorher gehörte. Vielleicht ist ja bei der Baugenehmigung irgendwas Krummes passiert. Krüger wusste vielleicht davon.«
»Genau. Zuerst hat man versucht, ihn mit seiner eigenen Bestechung aus der Zeit im Glücksspieldezernat zu erpressen, und als das nichts fruchtete, hat man ihn beseitigt. Ich kann mir vorstellen, dass so ein Hotelbau eine Menge Geld bringt. Und das Geld verdient man nur, wenn das Ding auch pünktlich fertig ist. Wie ich die Branche kenne, haben die schon für die Herbstferien die ersten Zimmer vermietet.«
»Dann frage ich mich allerdings, wie die Leute, die Krüger beseitigt haben, an das Foto aus dem Nevada-King kamen.«
»Kümmern wir uns erst mal um das Grundstück. Das wird uns auf eine Spur bringen.«
»Und wie stellen wir das an? Wir müssten nach Haan ins Rathaus … Grundbücher einsehen.«
»Das lassen wir mal lieber. Wie es der Teufel will, ist direkt neben dem Rathaus eine Polizeiwache, und sie erkennen dich.«
»Und wie sollen wir uns stattdessen informieren?«
»Auf die Art und Weise, wie man sich hier auf dem Land am besten informiert.« Jutta stand auf. Das Notebook hatte sie schon in die schwarze Tasche gepackt. »Komm mit.«
*
Das Wohnhaus, das der Baustelle am nächsten war, stand einsam am Feld und ein Stück von der Hauptstraße zurückgesetzt. Die Braugrube war kaum dreihundert Meter entfernt. Der Wind stand gerade so, dass die gelblichen Staubschwaden des trockenen Lehmbodens in langen Fahnen herüberzogen.
»Halt dich schön hinter mir, dann werden wir das Ding schon schaukeln«, sagte Jutta und klingelte.
Eine Weile geschah gar nichts, und wir versuchten vergeblich, uns unter dem Windfang vor dem heranwehenden Dreck zu schützen. Endlich ging die Tür auf, und eine Frau in geblümtem Kittel sah uns an. Sie hatte einen schmierigen Lappen in der Hand.
»Schönen guten Tag«, sagte Jutta, »entschuldigen Sie die Störung.«
Ich konnte dem Blick der Frau entnehmen, dass sie uns für Vertreter oder so etwas hielt. Wahrscheinlich würde sie jeden Moment die Tür zudonnern. Jutta schob eine Erklärung nach.
»Wir sind von der Presse. Langenfelder Anzeiger.«
Das Misstrauen verringerte sich nicht. Aber immerhin blieb die Tür offen.
»Wir arbeiten an einem Artikel über den Hotelneubau dahinten.«
Die Frau lachte gequält auf. »Dann schreiben Sie mal schön.« Die Tür ging ein Stück zu. »Ich kann Ihnen da auch nichts drüber erzählen.«
Jutta schob die Hand vor und hielt das Holz der Tür fest.
»Es geht uns darum, Meinungen von Anwohnern zu sammeln, verstehen Sie?«
»Ich kann dazu nichts sagen, und mein Mann ist nicht da.«
Die Tür fiel ins Schloss.
»Immer dasselbe«, sagte ich. »Wenn der Mann nicht zu Hause ist, hast du keine Chance. Lass mich mal.«
Diesmal drückte ich auf die Klingel. Die Frau kam tatsächlich zurück, öffnete die Tür aber nur einen Spalt.
»Ich kann nichts sagen. Gehen Sie bitte. Ich hab zu tun. Und ich kann Sie nicht reinlassen.«
Ich schielte auf das Schild und entzifferte ihren mutmaßlichen Namen.
»Frau Strünkermann. Es dauert nicht lange, und wir nennen auch Ihren Namen nicht in der Zeitung.«
»Kommen Sie heute Abend wieder, wenn mein Mann da ist.«
»Stört Sie eigentlich dieser Krach von der Baustelle nicht? Und der Dreck?«
»Schon.«
»Sehen Sie, und davon soll unser Artikel handeln. Das
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