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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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angekommen«, fuhr Millington fort, ohne auf den Anwalt zu achten. »Parkten Ihren Wagen am Rand des Vorplatzes und gingen auf einen Sprung in die große Bar, wo sie sich eine Weile umschauten, fünf, höchstens zehn Minuten, bevor sie sich wieder in den Wagen setzten. Sie fuhren ein paar Mal um den Block und kehrten zum Hotel zurück.«
    »Inzwischen muss es fast Mitternacht gewesen sein«, warf Resnick ein.
    »Kurz vor Mitternacht«, sagte Millington.
    »Und da sahen Sie Nancy.« Resnick blickte Robin Hidden direkt ins Gesicht, und Robin stammelte heftig zwinkernd, ja.
    »Und sie hat Sie auch gesehen?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie hat aber den Wagen gesehen?«
    »Ich – ich w-weiß nicht. Woher soll ich das wissen?«
    »Nancy kannte aber doch Ihren Wagen.« Resnick lehnte sich zurück und schlug weichere Töne an. »Sie ist sicher öfter mit Ihnen darin gefahren?«
    »Ja, kann schon sein, aber   …«
    »Inspector   –«
    »Aber an diesem Abend stellte sie entweder die Verbindung nicht her oder ignorierte sie bewusst. Ignorierte Sie.«
    Robin Hidden schloss die Augen.
    »Und Sie haben nichts unternommen? Sie sind im Auto sitzen geblieben und haben nicht versucht, sie auf sich aufmerksam zu machen? Sie haben sie nicht gerufen, sind nicht ausgestiegen – Sie haben nichts getan? Sollen wir das wirklich glauben?«
    »Ja, ich hab’s Ihnen doch gesagt. Oder nicht?«
    »Inspector   –«
    »Gut, Robin, hören Sie mir einen Moment zu.« Resnick lehnte sich über den Tisch und berührte mit den Fingern kurz Robin Hiddens Handrücken. »Hören Sie mir zu. Ich möchte jetzt keinen Fehler machen. Sie waren erregt, weil Nancy Sie nicht sehen wollte, aufgewühlt darüber, wie die Dinge sich entwickelt hatten, dass die Beziehung offenbar in die Brüche zu gehen drohte. Sie waren allein unterwegs, sind rastlos herumgefahren und haben an sie gedacht. Ist das richtig?«
    Robin Hidden nickte. Resnicks Hand war der seinenimmer noch nahe, lag still auf der zerkratzten Tischplatte. Seine Stimme war tief und ruhig.
    »Sie sagten sich, wenn Sie nur mit ihr reden könnten, würden sich die Dinge vielleicht klären lassen und alles wieder in Ordnung kommen.«
    Robin blickte zum Tisch hinunter, auf die Schrammen, auf seine Hand, wie klein seine eigenen Finger schienen, schmal und dünn. Er atmete heftiger, lauter.
    »Und als sie das zweite Mal zum Hotel kamen, war sie plötzlich da. Ging über den Vorplatz direkt auf Sie zu. Allein.« Resnick wartete, bis Robin ihn ansah. »Sie mussten mit ihr sprechen. Deswegen waren Sie doch dort. Und Sie haben auch mit ihr gesprochen, nicht wahr? Sie sind entweder aus dem Wagen gestiegen, oder sie kam zu Ihnen, aber Sie haben mit ihr gesprochen, richtig?«
    »Nein.«
    »Robin   …«
    »N-nein.«
    »Ja, aber warum denn nicht?«
    Den Kopf in die Hände gestützt, sprach er stockend und so undeutlich, dass Millington ihn später bitten würde, der Deutlichkeit halber alles zu wiederholen. »Weil ich Angst hatte. Weil ich w-wusste, was sie s-sagen würde. D-dass sie mich nie w-wiedersehen wollte. Nie wieder. Und d-das – das konnte ich nicht ertragen. Deshalb habe ich ge-gewartet, bis sie vorbeigegangen war und bin dann w-weggefahren.«
    Er begann rückhaltlos zu weinen, und David Welch sprang protestierend auf, doch Resnick hatte sich schon abgewandt und Millington starrte peinlich berührt zur Zimmerdecke hinauf. Damit war das Gespräch fürs Erste beendet. Siebzehn Uhr siebenunddreißig.

22
    »Da hast du anscheinend einen echten Treffer gelandet, Charlie. Mal wieder Arsch in der Hose gezeigt, wie zu besten Zeiten.« Reg Cossall lehnte an der offenen Tür zu Resnicks Büro und grinste dreckig.
    Resnick hätte beinahe geseufzt. Er hätte gern geglaubt, dass Cossall recht hatte.
    »Was willst du denn noch? Der Freund kriegt den Laufpass. Am Weihnachtsabend. Mann, Charlie, man braucht doch wirklich kein Genie zu sein, um sich da seinen Reim drauf zu machen.«
    »Zu einfach, Reg.«
    Cossall suchte auf Resnicks Schreibtisch nach einer Möglichkeit, seine Zigarette auszudrücken, behalf sich dann mit dem Absatz seines Schuhs. »Bei solchen Kerlen ist es nie zu einfach. Ausquetschen, einsperren, und es ist alles erledigt, wenn die Pubs aufmachen.« Cossalls Philosophie war offensichtlich unbeeinflusst von der Tatsache, dass die meisten Pubs inzwischen ganztägig geöffnet hatten. Und auch davon, dass die Realität bisweilen ganz anders aussah.
    »Wir haben noch ein ganzes

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