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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Wache.
    Resnick nickte und trat auf die Straße hinaus. Das Blut war weg, ob von jemandem aufgewischt oder unter den Füßen von Passanten zerrieben, war nicht zu erkennen. Es hatte aufgeklart, der Mond war von Sternen umgeben.
    Wenige Minuten später stand er, die Hände in den Taschen, am Ende des Newcastle Drive und sah zu den dunklen Fenstern von Danas Wohnung hinauf. Wenn sie sich entschlossen hatte zu bleiben, so schlief sie jetzt hoffentlich ruhig und fest. Einige Augenblicke gab er sich der Erinnerung an ihren warmen, sinnlichen Körper hin.
    »Wenn ich hierbliebe, würdest du dann herkommen? Später?«
    Als er nach einem Marsch quer durch die Stadt, am Market Square vorbei, wo immer noch wild gefeiert wurde, den Polnischen Klub erreichte, fuhren mit Abgasfahnen, die schwer in der Luft hingen, beinahe die letzten Autos vom Parkplatz ab. Die wenigen, die zurückblieben, gehörten dem Personal. Auf der anderen Straßenseite stand mit laufendem Motor ein Taxi, aber Resnick verweilte nicht, um zu sehen, auf wen es wartete. Er würde Marian morgen anrufen, wenn er wieder einen klaren Kopf hatte, und sich bei ihr entschuldigen.
    Dizzy hockte auf der Steinmauer vor dem Haus. Als Resnick kam, streckte er sich und trottete mit steil aufgerichtetem Schwanz auf der Mauer neben ihm her.
    Prost Neujahr.

32
    Als Michelle die Augen öffnete, sah sie über sich Karl, der sie wie gebannt anstarrte. Sein Gesicht war so nahe, dass sie schwach die Wärme seines Atems fühlte. Wie lange er dagestanden hatte, wusste sie nicht. Durch die obere Ritzezwischen den Vorhängen schimmerte in gedämpftem Orangedas Licht von der Straße. Karl wollte etwas sagen, aber sie brachte ihn mit einem »Psst« zum Schweigen und legte lächelnd ihren Finger zuerst auf seine Lippen, dann auf ihre eigenen. Wie immer lag Gary halb über ihr im Bett, und sie rutschte vorsichtig von ihm weg.
    »Nicht schlafen«, sagte Karl draußen. »Kalt.«
    Michelle fuhr ihm durch das wirre Haar und ging mit ihm ins Wohnzimmer. Natalie lag quer in ihrem Bett. Als Michelle unter die Decke griff, um sie zu drehen, erschrak sie, wie kalt die Kleine war. Natalie räkelte sich ein wenig, wimmerte kurz und schlief wieder ein.
    »Komm«, sagte sie flüsternd zu Karl. »Machen wir Tee in der Küche.«
    Die feuchte Kälte, die durch den Küchenboden aufstieg, schien selbst Hausschuhe und zwei Paar Socken zu durchdringen. Sie sah Karl zu, wie er zwei Scheiben vorgeschnittenes Brot aus der Plastikhülle nahm und sie zum Rösten auf den Grill legte. Nachdem sie die Kanne mit fast kochend heißem Wasser ausgeschwenkt hatte, nahm er zwei Teebeutel aus dem Karton und ließ sie hineinfallen.
    »Braver Junge«, sagte sie lobend.
    »Baver Junge.«
    »Bald kannst du das alles ganz allein. Dann kannst du Gary und mir das Frühstück ans Bett bringen.«
    Karls Blick drückte Zweifel aus. Die Schwellung an seiner Wange war fast ganz zurückgegangen, und selbst der Bluterguss begann zu verblassen.
    Michelle musste gähnen, und als sie die Hand zum Mund hob, merkte sie, dass Kopfschmerzen im Anzug waren. Sie und Gary waren am vergangenen Abend mit Brian und Josie im Pub gewesen. Woher Brian das Geld hatte, eine Runde nach der anderen zu schmeißen, wusste sie nicht und wollte es auch gar nicht wissen. Aber er war großzügig, das musste man ihm lassen. Auch wenn er in angesäuseltem Zustand gern mal unter dem Tisch sein Bein an das ihre drückte oder ihr den Oberschenkel streichelte. Sie hatte es Josie erzählt, aber Josie hatte nur gelacht. Brian wolle eben seinen Spaß haben. Gary würde bestimmt nicht lachen, wenn er davon wüsste. Er würde Brian umbringen, wenn er davon Wind bekäme.
    Gerade noch rechtzeitig, bevor er verbrannte, nahm sie den Toast aus dem Grill. »Du musst immer schön aufpassen«, sagte sie. »Was willst du haben? Orangenmarmelade oder Erdbeere?«
     
    Pam Van Allen kam früh zur Arbeit, früher als gewöhnlich. Nur der Escort ihres Chefs, das Rückfenster üppig mit politisch korrekten Parolen bepflastert, stand auf dem Parkplatz. Obwohl höchstens dreißig Meter vom Eingang entfernt, wickelte Pam sich ihren Schal um den Hals, bevor sie ihren Aktenkoffer und den ›Guardian‹ vom Rücksitz nahm und den Wagen absperrte. Es war wieder kühl heute Morgen, aber wenigstens freundlich.
    Neil Park saß bei seiner ersten Tasse Instantkaffee in seinem Büro über Berichten auf grünem und gelbem Papier. Er rief Pam einen Gruß zu, als sie vorbeiging, und gesellte sich dann

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