Nebel ueber Oxford
haben und das Kosten zur Folge hatte. Deshalb müssen wir uns nun alle vorbildlich benehmen, ernst dreinschauen, früh kommen und spät gehen – Sie wissen schon, wie so etwas läuft.«
»Ich sehe vor meinem inneren Auge eine unangenehme, kleine Person mit einer schwarzrandigen Bifokalbrille, in einem grauen Kostüm, die den ganzen Tag das Team ausspioniert und die Ergebnisse in einen Laptop tippt.«
»Dann sind Sie allerdings weit von der Wirklichkeit entfernt. Die junge Dame ist hübsch und ausgesprochen kompetent. Aber in der Kaffeepause …«
»Trinken Sie alle zusammen Kaffee?«
»Auf diese Weise stellen wir sicher, dass wir zumindest einmal am Tag miteinander reden. Heute Morgen war es leider keine so gute Idee. Jeder erzählte seine eigene Horrorgeschichte von anonymen Anrufen, Graffiti und Exkrementen auf dem Flurteppich.«
»Dann weiß sie wenigstens, worauf sie sich hier in Oxford einlässt, wenn sie bleibt.«
»Ja, aber meine Mitarbeiter haben wirklich dick aufgetragen. Manchmal sind sie ganz schön kindisch! Heute Morgen haben sie nicht nur übertrieben, sondern schlichtweg Dinge erfunden. Die Neue wurde ärgerlich. Candra erhob natürlich Einspruch, aber sie ist so überspannt, dass die anderen sie bei jeder Gelegenheit aufziehen. Und dann dieser kleine Fießling Conor …«
In diesem Augenblick klingelte Blakes Telefon. Er wühlte in seinen Taschen, um es zu finden.
»Marianne«, knurrte er nach einem Blick auf das Display.
Kate gab ihren Traum von einem zuckersüßen Toffeepudding auf und griff nach ihrem Handy, um ein Taxi zu rufen, das sie ohne Fußprobleme nach Hause brachte.
Blake telefonierte noch immer leise, aber nachdrücklich. Kate rechnete nach, wie viel ihre Hälfte des Essens kostete, addierte ein kleines Trinkgeld dazu und nahm den korrekten Betrag aus ihrer Geldbörse.
Sie verließ das Restaurant und wartete auf dem Bürgersteig auf das Taxi. Sie hatte nicht die geringste Lust, Zeugin eines weiteren Streits zwischen Blake und Marianne zu werden.
Im Taxi dachte sie über das nach, was Blake an diesem Abend gesagt hatte, und fand es alles andere als überzeugend.
Aber was hatte sie erwartet? Sie hatte ihn davon überzeugen wollen, dass Kerri ermordet worden war, nur um ihre Meinung wenig später zu relativieren. Sie wusste, dass hinter ihrer Bitte, Kerris Tod ernst zu nehmen, die Hoffnung stand, dass der Constable Blake mitteilen würde, dass es sich tatsächlich um einen Unfall und auf keinen Fall um Mord handelte.
Doch die nagenden Zweifel blieben. Im Gegensatz zu Blake konnte Kate die Tierversuchsgegner nicht einfach von jeglicher Schuld freisprechen. Genau genommen konnte sie noch nicht einmal Blake trauen, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, dass er jemanden getötet hatte. Und schon gar nicht Kerri.
Kapitel 27
Candra Gupta verbrachte ihre Abende ebenso diszipliniert wie auch ihr sonstiges Leben.
Sie bereitete sich ein leichtes, aber nahrhaftes Abendessen zu und trank nicht mehr als zwei kleine Gläser Wein – »für die Gesundheit«, wie sie sich selbst beruhigte. Anschließend räumte sie so auf, dass es aussah, als sei die Küche niemals benutzt worden.
Sie blätterte durch die Fernsehzeitschrift, um zu sehen, ob es später etwas Sehenswertes gab, wusch ihre Unterwäsche von Hand im Waschbecken und hängte sie über der Duschstange im Bad auf.
Staubwischen und staubsaugen brauchte sie nicht, weil sie diese Dinge morgens vor der Arbeit erledigte. Sie machte einen ernsthaften Versuch, sich zu entspannen, indem sie sich einen weißen Tee aus biologischem Anbau aufbrühte, und widmete sich einer Stickerei, während sie dem Radioprogramm lauschte.
Um zehn schaltete sie den Fernseher ein, um die Nachrichten zu sehen. Um zwanzig vor elf duschte sie, putzte sich die Zähne, zog ihren Pyjama an und sah noch zehn Minuten Nachrichten, ehe sie zu Bett ging.
Zwanzig Minuten lang las sie in einer Biografie über Charlotte Brontë, stellte den Wecker auf Viertel nach sechs, schaltete ihre Nachttischlampe aus und schloss die Augen. Sieben Minuten später schlief sie.
Zwei Stunden später wachte sie auf, was ungewöhnlich war. Sie tastete nach der Nachttischlampe, schaltete das Licht ein und sah auf die Uhr: Es war zehn nach eins. Irgendetwas hatte sie geweckt. Irgendetwas machte Lärm vor ihrem Fenster. Vielleicht eine Katze, dachte sie und schloss wieder die Augen. Die Katzen gingen seit einiger Zeit gern an die Mülltonnen, warfen sie um und verteilten den Inhalt
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