Nebel ueber Oxford
erzählt, und er hatte nichts über seinen Abend verlauten lassen. Kriselte ihre Beziehung tatsächlich, wie Patrick angedeutet hatte? Oder war es nur so, dass sie es einfach nicht mehr nötig hatten, über jede Kleinigkeit zu sprechen?
Ehe sie sich ins Arbeitszimmer zurückzog, öffnete sie den Brief. Fasziniert betrachtete sie eine altmodische Einladungskarte. In schwarzer Copperplate-Schrift auf dickem, weißem Büttenpapier gaben Mr und Mrs Matthew Livingstone die Vermählung ihrer Tochter Estelle mit Herrn Peter Hume bekannt und luden zur kirchlichen Trauung mit anschließendem Empfang ein. Beeindruckt registrierte Kate, dass Estelle noch beide Elternteile hatte. Wie mochte dieser Matthew Livingstone aussehen? Und wäre Estelles Mutter ebenso formidabel wie ihre Tochter?
Die Trauung sollte in sechs Wochen in einer Dorfkirche in Buckinghamshire stattfinden; anschließend war ein großer Empfang mit mehrgängigem Menü in einem Landgasthof geplant. Wirklich feudal! Estelle würde vermutlich in einem weißen, schulterfreien Satinkleid mit wehendem Schleier und beeindruckendem Blumenbukett durch den Mittelgang schreiten. Ob Peter Hume wusste, worauf er sich da einließ?
Nun gut, Kates erster Punkt auf der Liste der zu erledigenden Aufgaben wäre damit das Verfassen einer Zusage. Sie musste einfach auf dieses Fest, das wahrscheinlich das Ereignis des Jahres werden würde. Und Jon würde ebenfalls teilnehmen, sofern sie die Kraft aufbrachte, ihn von einer Verabredung mit einem Segelboot loszueisen.
Und einen Hut musste sie sich noch kaufen!
Es schien inzwischen fast zur Tagesordnung zu gehören, dass Kate von Anrufen oder unangekündigten Besuchern gestört wurde. Der heutige Tag bildete da keine Ausnahme. Zunächst kam ein Anruf von Neil Orson, der ihr Exposé mit ihr besprechen wollte. Dann fragte Emma ein wenig verspätet, ob Sam eine Nachricht für sie hinterlassen hätte, und bat Kate, ihrem Sohn zu sagen, er solle unbedingt auf sich aufpassen. Kate versprach, alles weiterzugeben. Sie sagte Emma, dass Sam sie ganz herzlich grüßen lasse, was er sicher getan hätte, hätte er nur daran gedacht.
»Tut mir leid, dass ich dir keine große Hilfe bin«, erklärte Emma in einem seltenen Anflug von Selbstkritik. »Jennys Krankheit zeigt sich immer aggressiver. Kein Arzt will sich auf eine Diagnose festlegen, und die praktische Hilfe kommt so schleppend in Gang, dass ich zurzeit sowohl ihren als auch meinen eigenen Haushalt führen muss. Und was Bob angeht, hege ich den Verdacht, dass er unter der Anspannung zusammenbrechen und seine Familie im Stich lassen könnte. Abgesehen davon, dass er Jenny damit tief verletzen würde, könnte er sich das später bestimmt niemals verzeihen. Sicher verstehst du, dass ich in dieser Situation wenig Kraft für Sam übrig habe.«
»Ich glaube auch nicht, dass wir im Augenblick viel für ihn tun können. Du hast schon so viel um die Ohren, dass du dich wirklich besser um Jenny und die Kinder kümmerst.«
»Danke, Kate.« Emma klang erleichtert, obwohl sie in aller Regel kein großes Vertrauen in Kates lebenspraktische Fähigkeiten setzte. »Ich weiß auch, dass ich mich intensiver um Abigail kümmern müsste, aber ich habe einfach nicht die Nerven, mich mit ihr herumzustreiten. Sie ist inzwischen größer als ich und kann sehr dominant sein.«
»Mir ist auch aufgefallen, wie erwachsen sie geworden ist.« Und das betraf nicht nur ihre körperliche Entwicklung, dachte Kate. »Du musst einfach daran glauben, dass sie vernünftig genug ist, keine Dummheiten zu machen.«
Sieht schlecht aus, dachte sie. Wahrscheinlich fielen Abigail und Eric jeden Abend übereinander her und rauchten anschließend gemütlich einen postkoitalen Joint im Bett. Da dieser Gedanke Emma vermutlich alles andere als glücklich machen würde, behielt Emma ihn für sich.
Sie brachte es fertig, noch einiges zu erledigen, und dachte daran, sich nach dem Mittagessen einen Spaziergang zu gönnen, als Blake anrief.
»Wissen Sie schon das Neueste?«, platzte er heraus.
»Was denn?«
»Es ist wieder passiert!«, sagte er. »Kate, ich fürchte, Sam hat doch recht gehabt.«
»Was ist denn? Ich verstehe nicht, worüber Sie reden!«
»Können wir uns treffen?«
»Gleich jetzt? Ich wollte gerade spazieren gehen.«
»Spazieren gehen können Sie immer noch. Das hier ist wichtiger.«
Er schien ihr keine Wahl zu lassen. »Am besten, Sie kommen zu mir. Die Adresse kennen Sie ja.«
»In fünf Minuten bin ich bei
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