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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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»Ganz klar. Hast du diesen Kerl neulich im Fernsehen gesehen? Er nannte sich Razer, hielt ein Plädoyer für Gewalt und sagte, dass jeder, der in einem Versuchslabor arbeitet, für seine Leute Freiwild ist.«
    »Ich fürchte, du übertreibst mal wieder, Kate.«
    »Bestimmt nicht. Auf jeden Fall stecken Razer und seine Leute hinter der Sache. Ich verstehe einfach nicht, warum die Polizei nichts unternimmt. Stell dir mal vor, sie schlagen erneut zu!«
    »Sam und seine Leute sind diesbezüglich gelassener als du, Kate.«
    »Sie machen sich ganz bestimmt große Sorgen, auch wenn sie dir davon nichts sagen.«
    »Es hat so oft falschen Alarm gegeben, dass Bombendrohungen für sie schon alltäglich geworden sind. Ich fürchte, wir müssen lernen, mit solchen Dingen zu leben.«
    »Also ich für mein Teil möchte mich nicht daran gewöhnen müssen. Ich will, dass die Polizei einschreitet und die Bombenleger verhaftet.«
    »Klar, dass die Arbeit im Labor durch derlei Vorfälle empfindlich gestört wird. Kerri ist übrigens wie du – sie regt sich schrecklich darüber auf. Nach dem Anschlag stand sie richtiggehend unter Schock, die arme Kleine.«
    »Kein Wunder.«
    »Trotzdem sollte sie sich ein bisschen zusammenreißen. Ich mag sie, aber man muss ihr ständig Mut machen. Ich weiß, dass es nicht nett von mir ist, aber ich wünschte, Sam hätte sich eine weniger hilflose Freundin gesucht. Als sie hier eintrafen, schien sie nur noch aus einem weißen Gesicht und riesengroßen, dunklen Augen zu bestehen. Ich habe ihr ein schönes, heißes Bad eingelassen, sie in eine Decke gewickelt und den beiden etwas zu essen gemacht. Die Nacht verbrachte sie im Zusatzbett in Amaryls Zimmer. Sam war darüber wirklich erleichtert. Er hat sich mehr Sorgen um sie als um sich selbst gemacht. Trotzdem wünschte ich, dass Kerri etwas mehr Rückgrat hätte. Es geht doch nicht an, dass Sam sie ständig aufbauen muss.«
    »Er ist eben ein freundlicher Mensch. Du würdest sicher nicht wollen, dass er sich ändert.«
    »Nein, das stimmt. Schon als Kind brachte er ständig streunende Katzen und verletzte, halbflügge Nestlinge nach Hause. Später sammelte er Geld für hungernde Kinder und Aidsopfer in Zentralafrika. Ich denke, ich muss mich einfach daran gewöhnen, dass er sich in ein Mädchen wie Kerri verliebt hat.«
    »Hältst du es für etwas Ernstes?«
    »Im Augenblick sicher. Allerdings glaube ich nicht, dass Sams Zuneigung das Jahr in China überlebt.«
    »Und was ist mit den anderen? Wie geht es Abigail?«
    »Abigail? Sie hat ihr gesamtes Dasein – Leben, Träumen, Essen, Trinken – auf ihren miesen Freund ausgerichtet.«
    »Wie alt ist sie denn jetzt?«, fragte Kate, die sich an Abigail nur als einen flachbrüstigen, sehr jungenhaften Teenager erinnerte, der auf einem Skateboard durch die Stadt sauste und die Klamotten des großen Bruders auftrug.
    »Abigail ist sechzehn. ›Sechzehn drei Viertel‹ würde sie mich jetzt sofort korrigieren. Ihr Freund ist ein erwachsener Mann, der längst sein Studium abgeschlossen hat und eigentlich viel zu alt für sie ist. Allerdings muss ich sagen, dass er beständig und zuverlässig zu sein scheint; diesbezüglich muss ich mir wohl keine Sorgen machen.«
    Kate hielt es insgeheim für unwahrscheinlich, dass sich eine Sechzehnjährige in einen beständigen und zuverlässigen Mann verlieben würde, doch sie wollte Emma kein zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten und behielt den Gedanken für sich.
    »Was hältst du davon, dich erst einmal auf deine eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren, ehe du die Probleme aller anderen löst?«, fragte sie.
    »Ich kann beim besten Willen nicht tatenlos zusehen, wenn die Leute um mich herum Probleme haben. Außerdem habe ich kleine Kinder, die mich noch rund um die Uhr brauchen. Es ist mir unmöglich, mich einfach davon freizumachen.«
    Die Freundinnen bemerkten, dass sie auf dem besten Weg waren, ihre Dauerdiskussion darüber fortzusetzen, ob sich eine entspannte Emma besser für die Familie einsetzen könne als eine, die unermüdlich im Einsatz war.
    »Ich fürchte, Fungus macht es nicht mehr lang«, wechselte Emma schließlich das Thema.
    Inzwischen war der Hund der Dolbys in die Küche gekommen. Er hatte ein gelblich geflecktes Fell, trübe Augen und war vollständig taub. Bettelnd legte er seine graue Schnauze auf Emmas Knie und sah sabbernd zu, wie der zweite Schokokeks in ihrem Mund verschwand. Zerstreut nahm Emma einen weiteren Keks aus dem Paket und gab ihn dem

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