Nebel ueber Oxford
denkst du?«
»Stimmt, wir beide haben uns eine Auszeit durchaus verdient. Wo willst du denn hin? Wir könnten das Schlosshotel in den Cotswolts ausprobieren, von dem alle Welt so begeistert ist.«
Gary steckte eine Gabel voll ausgesuchter, grüner Salatblätter in den Mund. Als das Balsamico-Dressing den hinteren Teil seiner Kehle erreichte, verschluckte er sich.
»Mich zieht es eher nach Oxford«, schlug Susie derweil vor. »Die Fahrt ist nicht lang, die Stadt bietet Geschichte und Kultur im Überfluss – ich finde, Freddie ist alt genug, um allmählich sein Kunstverständnis zu fördern –, und trotzdem ist es dort gleichzeitig sehr ländlich.«
»Wohl kaum«, gab Gray zurück, als er wieder sprechen konnte. »Oxford ist eine Großstadt, kein kleiner Marktflecken. Und es leidet, nach allem, was man so hört, unter massiver Umweltverschmutzung.«
»Nur im Hochsommer. Im September oder Oktober gibt es diese Probleme nicht.«
»Und was ist mit diesen radikalen Tierversuchsgegnern? Sie haben dort gerade erst einen Sprengstoffanschlag verübt, und ich könnte mir vorstellen, dass sie es erneut versuchen.«
»Einen Sprengstoffanschlag?«
»Sicher. Hast du nicht davon gehört?«
»Nein! Kamen viele Menschen ums Leben?«
»Nicht ein einziger«, sagte Gary und klang dabei, als wäre er enttäuscht, keine aufregendere Geschichte erzählen zu können. »Die Bombe war wohl ziemlich klein und hat nur Sachschaden in einem Versuchslabor angerichtet. Na ja, vielleicht hat es auch ein paar von den Ratten erwischt, die ihnen so am Herzen liegen. Aber sonst ist nichts passiert.«
»Dann brauchen wir uns wohl keine Sorgen zu machen. Oxford scheint nicht gefährlicher zu sein als London.«
Beide schwiegen und widmeten sich ihrem Thunfisch. Susie lehnte sich über den Tisch und füllte Garys Weinglas auf. Dabei schwang ihr akkurat geschnittener, glänzend platinblonder Bob über ihre perfekte Kinnpartie und überschattete eines ihrer schiefergrauen Augen, sodass Gary ihren Gesichtsausdruck nicht deuten konnte. »Zufällig haben wir heute eine Einladung nach Oxford bekommen, und zwar sowohl für uns als auch für Freddie«, fuhr sie fort.
»Von wem?«
»Kate und Jon.«
Gary blickte sie verständnislos an. »Wer sind diese Leute? Müsste ich sie kennen? Waren sie vielleicht bei unserer Hochzeit?«
»Ich denke schon. Er hat vor Kurzem einen neuen Job bei einem privaten Sicherheitsunternehmen in Oxfordshire angenommen, sie ist Schriftstellerin. Eine ziemlich erfolgreiche Schriftstellerin«, fügte sie hinzu, weil sie wusste, dass Gary keinen Wert auf Bekanntschaften zweiter Wahl legte. »Sie haben uns für ein Wochenende eingeladen. Ich habe gesagt, dass ich erst mit dir sprechen wolle, aber ich wäre ziemlich sicher, dass wir im Lauf des nächsten Monats ein freies Wochenende finden könnten.«
»Schreibt die Frau Kinderbücher? Wollen sie deshalb, dass Freddie mitkommt?«
»Eher nicht. Soviel ich weiß, schreibt sie leichte Romane.«
»Das hört sich an, als wäre er ein Langeweiler und sie ein Blaustrumpf.«
»Sei nicht immer so negativ, Gary. Die beiden sind ein charmantes Paar und ausgesprochen amüsant«, entgegnete Susie fröhlich.
»Müssen wir da wirklich hin? Bei diesen Leuten geht es doch sicher ziemlich bodenständig zu.«
»Jon ist an ein äußerst komfortables Junggesellendasein gewöhnt, daher glaube ich kaum, dass er sich verschlechtert hat. Und Kate soll eine ganz hervorragende Köchin sein.« Vielleicht sollte sie Jon morgen noch einmal anrufen und ihm nahelegen, Kate zu einem Crash-Kochkurs anzumelden, überlegte sie.
»Apropos gute Köchin: Das Essen ist ausgezeichnet. Ich weiß nicht, wie du es fertigbringst, so vieles zu schaffen und obendrein noch so gut.«
»Danke, Liebster. Ich freue mich, dass du meine Arbeit anerkennst.«
»Um noch einmal auf diese Freunde zurückzukommen – wieso hast du sie noch nie erwähnt? Und warum kann ich mich nicht an sie erinnern?«
»Gib endlich zu, dass dein Namens- und Personengedächtnis manchmal zu wünschen übriglässt.«
»An wichtige Leute erinnere ich mich immer.«
»Ja, wenn sie wichtig für deine Arbeit sind. Aber hier geht es um soziale Interaktion, eine Unterbrechung der Routine und die Chance, Atem zu schöpfen und zu entspannen.«
»Ich stelle jedenfalls fest, dass dir ausgesprochen viel daran liegt.«
»Ich habe uns übrigens heute den Schokoladennachtisch gemacht, den du so gern isst. Möchtest du ihn mit Sahne oder mit
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