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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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stieß Sam die Hintertür seines Elternhauses auf, trat ein und stolperte über ein Dreirad, das unmittelbar hinter der Tür stand.
    »Verflucht!«, rief er, grinste aber. Im Haushalt der Dolbys stand strategisch deponiertes Kinderspielzeug als Fußangel für die Erwachsenen herum, seit Sam selbst vor vielen Jahren seine Rollschuhe auf der Treppe vergessen hatte.
    Von oben drangen Stimmen herunter. Seine Mutter beruhigte ein jammerndes Kind. »Hallo Emma, bin wieder da!«, rief er laut.
    Er erhielt keine Antwort, aber auch das war längst normal geworden.
    Sobald ihre Kinder das sechzehnte Lebensjahr vollendeten, verlor Emma das Interesse. Er selbst und Abigail spürten es tagtäglich, waren darüber aber nicht ganz unglücklich, denn es bot ihnen die Chance, ihr eigenes Leben ohne allzu viel Einmischung – oder Besorgnis, wie Emma selbst es formuliert hätte – zu leben. Erleichtert nahmen Abigail und Sam zur Kenntnis, dass ihre Mutter endlich aufgehört hatte, immer neue Kinder in die Welt zu setzen. Nun schien sie sich allerdings ganz dem Nachwuchs ihrer Freundin Jenny zu widmen.
    Obwohl Sam seine Eltern wirklich liebte, wusste er, dass es höchste Zeit war, sich abzunabeln. Aus diesem Grund hatte er sich entschieden, für ein Jahr nach China zu gehen.
    Abigail wurde in wenigen Monaten siebzehn. Es wäre besser, wenn Emma sich ab und zu etwas intensiver um sie kümmerte, dachte Sam. Der neue Freund seiner Schwester schien ihm keine gute Wahl zu sein. Doch als er versucht hatte, mit Emma darüber zu sprechen, war sie überhaupt nicht bei der Sache gewesen. Leider sah es ganz und gar nicht so aus, als ob Abigail ihres Freundes Eric in absehbarer Zeit überdrüssig würde. Natürlich handelte es sich um keine wirklich ernsthafte Beziehung, dazu war der Altersunterschied viel zu groß. Trotzdem hielt irgendetwas die beiden zusammen – Sam vermutete, dass es der Sex war.
    Und dann war da noch Kerri. Sie brauchte unbedingt mütterliche Zuwendung, solange Sam fort war. Sam hoffte inständig, dass Emma sie für die Zeit seiner Abwesenheit unter ihre Fittiche nehmen würde, damit sie wenigstens ab und zu in den Genuss einer warmen Mahlzeit und sauber gewaschener Wäsche kam. Emma hatte sehr freundlich reagiert, als Sam seine Freundin nach der Explosion im Labor mit nach Hause brachte, doch schnell hatte sie ihre Aufmerksamkeit wieder den jüngeren Kindern gewidmet.
    Sam fuhr sich mit der Hand durch das Haar – eine Geste, die er seinem Vater unbewusst abgeschaut hatte. In jüngeren Jahren war sein Haar raspelkurz gewesen, weil er befürchtete, seine Klassenkameraden könnten eines Tages herausfinden, dass er in Wirklichkeit Samson hieß, und ihn mit Anspielungen auf die biblische Herkunft seines Namens aufziehen. Inzwischen aber stand Sams achtzehnter Geburtstag ins Haus, und er hatte endlich den Mut gefunden, sein Haar lang wachsen zu lassen, und zwar zu einer Zeit, als seine Altersgenossen anfingen, sich den Schädel zu rasieren. Sein Entschluss wurde dadurch bestärkt, dass sein Haar dick, wellig und von einem dunklen Rot war, was den Mädchen in seinem Bekanntenkreis, allen voran Kerri, ausnehmend gut gefiel.
    Sam ging hinauf in sein Zimmer. Auf der Treppe musste er einem Tretroller aus Holz, einigen Plüschtieren ohne Gliedmaßen und einem Fußball ausweichen.
    »Da bist du ja!« Emma kam aus Tris’ Zimmer. In der Hand hielt sie einen Tennisschläger, obwohl sie das Spiel nie erlernt hatte.
    Aus dem Innern des Zimmers drang Amaryls Stimme: »Sam geht doch nach China – warum darf ich sein Zimmer nicht haben?«
    »Hallo Emma. Gibt es irgendetwas Neues?« Sam fiel auf, dass Emma an diesem Tag erschöpfter aussah als sonst. »Nichts Besonderes. Ich bin dabei, in Tris’ Zimmer ein wenig Raum zu schaffen, um ein Klappbett für Lucas aufzustellen. Es ist noch zu früh, ihn zu Jenny zurückzuschicken.«
    »Darf ich die Waschmaschine benutzen?«, erkundigte er sich.
    »Klar. Wenn du helle Wäsche hast, könntest du die Sachen mitwaschen, die neben der Maschine auf dem Boden liegen. Sie sind schon sortiert. Und ehe ich es vergesse: Heute wurde mehrfach für dich angerufen.«
    »Tatsächlich? Wer war es? Und warum hat es niemand auf meinem Handy versucht?«
    »Seinen Namen hat er nicht genannt, aber ich muss sagen, er klang nicht gerade freundlich, Sam. Als ich ihn fragte, um was es ginge und ob ich weiterhelfen könne, lachte er ziemlich unangenehm und meinte, du wärest ein Krimineller, wüsstest sehr genau, worum es

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