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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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war als ihre Augen, die sich dunkel und verlockend von ihrem blassen Gesicht abhoben. Er hatte wirklich Glück gehabt, dass diese schöne und begabte Frau ausgerechnet auf ihn geflogen war, dachte Gary. Dabei hätte sie jeden haben können.
    »Warum sollte er schlafen? Es ist nicht einmal acht Uhr. Aber er wartet schon sehnsüchtig auf dich.«
    Gary griff nach seiner Jacke, ließ die Aktentasche jedoch stehen und ging nach oben zu seinem Sohn. Insgeheim hoffte er, dass sich Susie bis zu seiner Rückkehr wieder beruhigt hätte.
    »Grüß dich, Freddie«, sagte er.
    Freddie saß in seinem Kinderbett. Über seinem Kopf hing ein Mobile mit Raumschiffen, Sternen und Planeten aus gebürstetem Stahl.
    »Geschichte erzählen!«, forderte er mit geschürzten Lippen und finsterem Blick. Gary erkannte, dass ein Wutausbruch kurz bevorstand.
    »Es ging leider nicht früher«, entschuldigte sich Gary. »Daddy musste noch im Büro arbeiten und Geld verdienen. Aber jetzt bin ich da und melde mich zum Vorlesen.«
    Freddie starrte ihn an und versuchte zu begreifen, was sein Vater gerade gesagt hatte. Dabei runzelte er die Stirn genau wie Susie, wenn ihr etwas Rätsel aufgab. Er sah seiner Mutter überhaupt ausgesprochen ähnlich. Seine Augen standen weit auseinander, sein Babygesicht würde eines Tages zum Oval werden, und seine Nase war klein und gerade. Er hatte bereits gelernt, sein Lächeln bewusst dazu einzusetzen, von seinen Eltern alles zu bekommen, was er wollte. Sein Haar glänzte ein wenig dunkler als das von Susie; der Haarschnitt war für Garys Geschmack etwas zu lang.
    Freddie hatte sich entschlossen, keinen Wutanfall zu bekommen, und holte ein bunt bebildertes Buch unter seinem Kopfkissen hervor.
    »Das hier!«, befahl er und reichte seinem Vater das Buch. »Vorlesen!«
    Sein Sohn war wirklich wundervoll, dachte Gary stolz, während er das Buch aufschlug. Er konnte sich artikulieren, war gewitzt und intelligent und äußerte seine Wünsche und Bedürfnisse klar und deutlich. Er würde es sicher weit im Leben bringen.
    Eine halbe Stunde später konnte Gary das Buch endlich zur Seite legen. Sein Magen knurrte vernehmlich, er fühlte sich nach der dritten Wiederholung der Geschichte eines redseligen Traktors wie betäubt, und seine Stimme hatte unter der Erzeugung der entsprechenden Geräusche deutlich gelitten. Freddies Augen waren endlich zugefallen, sein Köpfchen auf das Kissen zurückgesunken. Er hatte den Kampf gegen den Schlaf verloren. Gary deckte ihn sanft zu, drückte ihm einen väterlichen Kuss auf die Stirn und ging auf Zehenspitzen zur Tür. Susie kam gerade leise die Treppe hoch. Beide betrachteten ihren Sohn. Dann ging Susie noch einmal zu ihm, beugte sich über ihn, strich ihm über das Haar und gab ihm einen Kuss.
    »Sein Haar ist so weich«, flüsterte sie. »In diesem Alter sind sie noch so verletzlich. Ich habe das Gefühl, ich müsste ihn Tag und Nacht beschützen.«
    »Keine Sorge, er ist ein zäher, kleiner Kerl«, sagte Gary, aber er betrachtete den in seine Kissen geschmiegten Freddie ebenso liebevoll wie Susie.
    Nachdem er das Licht ausgeknipst hatte, betätigte er den Schalter für Freddies Mobile. Die Sterne und Planeten begannen im Dunkel zu blinken und drehten sich in einer genau berechneten Geschwindigkeit, um ein Kind, falls es nachts einmal aufwachen sollte, sofort wieder zu beruhigen.
    Unten im Wohnzimmer blickte er sich nach dem Whisky um, den Susie ihm bereits eingeschenkt hatte.
    »Leider ist das Eis längst geschmolzen«, sagte seine Frau. »Du hättest nicht so lange vorlesen dürfen. Ich hatte ihm vorher auch schon zwei Geschichten erzählt, und zwar komplett mit allen Geräuschen.«
    »Er lernt so gern und ist so eifrig bei der Sache! Wir wollen ihm doch das Lesen nicht verleiden.«
    »Er ist unser Schatz«, sagte Susie liebevoll. »Aber du bist sicher erschöpft. In zwei Minuten gibt es Abendessen.«
    »Danke.« Gary fühlte sich inzwischen schon fast zu müde zum Essen, wusste aber, dass er sich Mühe geben musste, um Susies kulinarische Leistung nicht herabzusetzen.
    Als die marinierten und gegrillten Thunfischsteaks auf dem Tisch standen, die Susie mit einer Schüssel gemischtem Salat servierte, sagte Susie strahlend: »Wie würde dir ein Wochenende auf dem Land gefallen?«
    »Fort von zu Hause? Und was ist mit Freddie?«
    »Oh, der kommt mit. Wir könnten ihm endlich einmal echte Schafe, Kühe und Butterblumenwiesen zeigen«, erwiderte Susie. »Ihm gefällt es bestimmt. Was

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