Nebel ueber Oxford
fügte Lucy hinzu. Sie bedachte Blake mit einem Blick, der Kate sofort darauf schließen ließ, dass sie und Candra an dem Mann interessiert waren, und zwar nicht nur in beruflicher Hinsicht.
»Sie sind eifersüchtig«, murmelte Blake unmittelbar neben ihrem Ohr. Sie spürte seinen warmen Atem im Nacken und wusste, dass er bei dem Gedanken lächelte.
»Ist Ihre Lebensgefährtin auch hier?«, erkundigte sich Candra bei Blake mit einem Seitenblick auf Kate. »Marianne, nicht wahr?«
»Marianne hat es vorgezogen, zu Hause zu bleiben und sich mit der Übersetzung eines öden französischen Romans abzuplagen«, erwiderte Blake steif. »Außerdem müssten Sie inzwischen wissen, dass wir keine siamesischen Zwillinge sind.«
Jemand kicherte – wahrscheinlich einer der Jüngeren, deren Namen Kate noch nicht kannte.
Ein weiterer junger Mann wollte sich vorstellen: Greg, ein sonnengebräunter Kanadier mit Pferdeschwanz und breitem Lächeln. Ehe er etwas sagen konnte, mischte eine rothaarige Dolby-Cousine die Gruppe auf.
»Sam! Ich mache mir solche Sorgen um die Kinder«, platzte sie hervor. »Ich habe sie schon seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wo können sie nur hingelaufen sein?«
»Oh, ich denke, dass alles in Ordnung ist. Wahrscheinlich haben meine jüngeren Geschwister sie nur gerade ordentlich verprügelt«, sagte Sam. Als er aber merkte, wie entsetzt die junge Frau ihn anstarrte, fügte er hastig hinzu: »Das war nur ein Scherz!«
»Mensch, Sam!«, rief sie und stürzte davon.
»Du bist ganz schön gemein, sie so zu erschrecken«, murmelte einer von Sams Freunden.
»Das ist Conor, unser Labortechniker«, klärte Blake Kate auf. Conor war jung, dünn und hatte ein schmales, verkniffen wirkendes Gesicht und Augen, die wie bei einer Wildkatze gesprenkelt waren. Er scharrte ununterbrochen mit den Füßen, als ob er sich in der gutbürgerlichen Umgebung nicht wohlfühle. »Er gibt gern vor, wahnsinnig cool zu sein und nichts ernst zu nehmen, aber im Job macht ihm so leicht keiner etwas vor. Er ist ein äußerst verantwortungsvoller junger Mann. Neben ihm steht Eric; er ist Belgier, aber dafür kann er nichts.«
Kate schnappte auf, wie Candra »Rassistenratte« flüsterte und fragte sich, ob Blake es ebenfalls gehört hatte. Er schien nicht der Typ zu sein, der eine solche Beleidigung durchgehen ließ.
»Eric hat ein Faible für junge Mädchen«, flüsterte ihr Blake ins Ohr. Kate hob die Augenbrauen und betrachtete Eric und seine Freundin noch einmal auf das Genaueste.
»An Abigail erinnerst du dich aber, nicht wahr?« Sam lächelte, als wüsste er ganz genau, dass sie es nicht tat. Als Kate das junge Mädchen zum letzten Mal gesehen hatte, war es noch ein Kind gewesen. Inzwischen aber war eine junge Dame aus ihm geworden, die mindestens wie zwanzig aussah, obwohl sie nicht einmal sechzehn war. Der Belgier hatte demonstrativ einen Arm um ihre Schulter geschlungen, nur für den Fall, dass Kate nicht mitbekommen hatte, dass Abigail seine Freundin war.
»Hallo Kate«, sagte Abigail und lehnte sich an Eric. »Klar erinnere ich mich an dich, Abigail«, sagte Kate hastig.
»Und das hier ist Kerri«, fuhr Sam fort. Sein Tonfall verriet ihr, wie viel das Mädchen ihm bedeutete.
Kerri war sehr zierlich und trug Hüftjeans zu einem kurzen, schwarzen Oberteil. In ihrem schmalen, blassen Gesicht glühten große, dunkle Augen, mit denen sie Kate von unten her schüchtern und mit seitlich geneigtem Kopf betrachtete. Nervös strich sie sich über die Stirn und lenkte so unabsichtlich die Aufmerksamkeit auf die rot gefleckte Haut und die versengten Augenbrauen. Die Ärmste, dachte Kate betroffen. Jeder Blick in den Spiegel würde das Mädchen zwangsläufig an die Briefbombe erinnern.
Kate lächelte ihr zu. Kerri lächelte verschämt zurück. Und während sie noch darüber nachdachte, wie sie es anstellen sollte, unter vier Augen mit Kerri zu sprechen, biss sie noch einmal genussvoll in Emmas köstliche Quiche.
»Sie sehen nicht wie eine Wissenschaftlerin aus, Kate. Was machen Sie beruflich?«, fragte Greg und blickte sie durch sein schmales, rechteckiges Brillengestell an.
»Ich bin Schriftstellerin und arbeite freiberuflich«, erwiderte sie und hoffte, dass er nicht fragen würde, ob sie berühmt sei.
»Hört sich aufregend an«, sagte Greg und beugte sich neugierig vor.
Gleich rechts hinter ihm entdeckte Kate zwei ältere, weibliche Dolby-Verwandte, die sich mit ernster Miene mit George unterhielten. Sie
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