Nebel ueber Oxford
wollen Sie?«
»Mit Ihnen reden.«
»Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
»Ich habe mich erkundigt.«
Sie ging einen Schritt auf ihn zu. Er schien nicht zu wissen, wie er sich verhalten sollte, doch schließlich zuckte er die Schultern und führte Kate einen kahlen Flur entlang in ein Zimmer, in dem es nach Hamburger und Fritten roch. Er wies auf den einzigen Stuhl, setzte sich selbst auf das Bett, zog eine Packung Zigaretten aus der Tasche und zündete sich eine an, ohne Kate das Päckchen anzubieten.
»Worum geht es?«, fragte er, als ihm das Schweigen zu lange dauerte.
»Warum haben Sie einen Hefter mit Namen und Adressen auf Kerris Schreibtisch gelegt?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Vergeuden Sie nicht meine Zeit, Conor. Als ich den Schreibtisch in Augenschein nahm, lag dort noch nichts. Kurz danach aber wurde der Hefter gefunden.«
»Keine Ahnung. Das muss wohl eins von den Mädchen gewesen sein, mit denen sie zusammenlebte. Klar, dass die mir etwas anhängen wollen. Sie konnten mich noch nie leiden.«
»Aber die Mädchen arbeiten nicht im Labor. Sie schon!«
Wieder herrschte Schweigen.
»Ich habe ihnen die Daten nicht überlassen. Sie haben sie nur überflogen und mir dann zurückgegeben.«
»Wer sind ›sie‹?«
»Ein Kumpel von mir.«
»Der von der Demo? Der, mit dem Sie gestritten haben?«
»Einfach nur ein Kumpel.«
»Und ein schneller Blick hat ihm genügt? Was hat Ihr Kumpel mit der Liste gemacht? Sie fotokopiert? Und anschließend Drohanrufe gestartet und Kerri eine Briefbombe geschickt?«
»Das war doch nichts Ernstes. Niemand wurde verletzt.«
»Reine Glückssache! Ich will wissen, wer dieser Kumpel ist, Conor.«
»Warum sind Sie so neugierig? Wer gibt Ihnen das Recht, hier reinzukommen und all diese Fragen zu stellen?«
»Ich bin mit Sam Dolby befreundet und kannte Kerri. Wenn Sie mit dem Menschen befreundet sind, der Kerri auf dem Gewissen hat, oder wenn Sie ihr Dinge in die Schuhe schieben, für die Sie geradestehen müssten – dann nehme ich mir einfach das Recht, so lange Fragen zu stellen, bis ich die Wahrheit erfahre.«
»Mein Gott, sind Sie naiv! Wissen Sie noch immer nicht, mit wem Sie es zu tun haben? Sobald ich diesen Leuten erzähle, dass Sie hier bei mir waren, stehen Sie ebenfalls auf ihrer Liste.«
»Aber ich weiß dann, wer mich angeschwärzt hat. Dann kommt die Polizei, wühlt das Unterste nach oben und findet, was Sie versteckt haben und von dem Sie angeblich nichts wissen. Was haben Sie außer der Adressenliste noch, Conor?«
»Es war nicht meine Schuld. Sie haben mich dazu gezwungen«, gab er schließlich mürrisch zu.
»Das ist mir längst klar«, erwiderte Kate und bemühte sich, ihm nicht zu zeigen, wie sehr sie sein Selbstmitleid anwiderte. »Wurden Sie erpresst?«
Conor drückte seine Zigarette in einer Untertasse voller Kippen aus, zündete sich sofort die nächste an und dachte bei einem tiefen Lungenzug über seine Antwort nach. »Diesen Leuten sind logische Argumente egal«, sagte er schließlich.
»Um wen handelt es sich, Conor?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Dann muss ich leider mit dem, was ich weiß, zur Polizei gehen.«
Conor lachte. Er schien sich wirklich über ihre Bemerkung zu amüsieren.
»Ich würde natürlich alles abstreiten.« Er grinste. »Wissen Sie nicht, dass es Schlimmeres als die Polizei gibt? Also ich habe keine Lust, einen Molotowcocktail durch den Briefschlitz gesteckt zu bekommen.«
Kate wurde klar, dass Conor nichts weiter sagen würde. Sie stand auf. Eine Frage aber musste sie doch noch loswerden.
»Wissen Sie, wer Kerri getötet hat, Conor?«
»Alle sagen, es sei ein Unfall gewesen.«
»Glauben Sie das ebenfalls?«
»Ich denke, es waren ein paar besoffene Halbstarke, die mit einem geklauten Auto unterwegs waren und Spaß haben wollten.«
»Die hätten den Wagen irgendwo abgestellt, wo er längst gefunden worden wäre.«
»Oder sie hätten ihn irgendwo weitab vom Schuss angezündet, um alle Spuren der Fahrerflucht zu verwischen.« Er warf ihr einen aufsässigen Blick zu und hielt dabei die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Was ist mit Ihren Freunden? Können sie es gewesen sein?«
»Keine Ahnung«, sagte Conor. »Aber es entspricht nicht ihrem Stil.« Nun stand auch er auf. Er wollte das Gespräch nicht fortsetzen. »Sie müssen jetzt gehen«, knurrte er und fügte hinzu: »Ich erwarte ein paar Freunde.«
Zwar glaubte Kate ihm nicht, doch sie verließ das Zimmer und ging
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