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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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gelungen, die Geschehnisse seiner Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen. Er bezweifelte, dass es heute auch funktionieren würde. Das Schlimme waren nicht die Leichenfotos, nicht die Tatorte und all das Blut, das Schlimme war die Hilflosigkeit, die sich immer wieder in seinen Kopf drängte. Egal was er tat, egal womit er sich beschäftigte, irgendwann hatte er immer wieder vor Augen, dass er absolut machtlos war. Dass ein Mörder da draußen sein Unwesen trieb, während Sean, Kilian und er auf der Stelle traten.
    Er startete den Wagen. Das Aufheulen des Motors holte ihn in die Realität zurück und er beeilte sich, den Heimweg anzutreten. Er rief sich ins Gedächtnis, dass er im Moment sowieso nichts tun konnte und Chloe zu Hause auf ihn wartete. Doch der Gedanke an die junge Reporterin ließ ihn sich auch nicht besser fühlen. Anfangs hatte er einen kleinen Funken Hoffnung geschöpft. Er hatte gehofft, dass es ihr nicht nur um ihren Job ging, sondern auch um ihn. Aber nach dem Telefonat vorhin war er sich da nicht mehr sicher. Im Gegenteil. Chloe MacGowan schien ein gerissenes, kleines Biest zu sein, das sein tolles Aussehen benutzte, um den Polizeibeamten reihenweise den Kopf zu verdrehen. Wenn Brady ehrlich war, dann wusste er rein gar nichts über sie. Vielleicht hatte sie einen Mann und zwanzig Kinder zu Hause.
    Obwohl Brady sich um ein paar Minuten verspätet hatte, schien Chloe noch nicht da zu sein. Er betrat den Hausflur und der Geruch von Mettbällchen, Ciabatta und Chicken Teriyaki schlug ihm entgegen. Der Dunst des benachbarten Schnellrestaurants zog durch jede Ritze ins Hausinnere und setzte sich in allen Winkeln fest. Er würde sich über kurz oder lang eine neue Bleibe suchen müssen. Obwohl es auch Vorteile hatte, neben einem Fast-Food-Laden zu wohnen.
    Brady sprintete die letzten Stufen zu seinem Apartment hoch und prallte erschrocken zurück, als er den Treppenabsatz erreichte. Die Tür zu seiner Wohnung stand offen, das Holz war gesplittert und das Schloss verbogen. Von drinnen drangen Stimmen und Kampfgeräusche an sein Ohr. Brady blieb keine Zeit für Überlegungen, er hastete in die Wohnung. Das Adrenalin schärfte seine Sinne und er nahm in einem Sekundenbruchteil alle nur möglichen Details wahr. Das Wohnzimmer mit der angrenzenden Küche war verwüstet. Der Boden war von Scherben übersät, ein blutverschmiertes Schälmesser lag neben der Anrichte und eine dünne Blutspur führte zum Schlafzimmer.
    »Jetzt halt verdammt noch mal still, dann hast du es schnell hinter dir!«, dröhnte eine Männerstimme an Bradys Ohr.
    Er griff nach dem erstbesten Messer aus dem Messerblock und stürmte ins Schlafzimmer. Chloe lag auf dem Bett und wehrte sich nach Leibeskräften. Über ihr stand eine dunkel gekleidete Gestalt und drückte ihr mit zwei behandschuhten Händen die Kehle zu.
    »Aufhören! Sie sind verhaftet!«
    Der Angreifer fuhr herum. Seine Züge waren wutverzerrt, aber Brady erkannte ihn trotzdem. Nate Simmon verzog das entstellte Gesicht zu einem Grinsen, offenbar dachte er nicht daran, seinen Griff um Chloes Kehle zu lockern.
    »Mister McCarthy … Ich dachte schon, Sie kommen gar nicht mehr.«
    »Lassen Sie sie los!« Brady wollte sich am liebsten auf ihn stürzen, doch er wusste Nate nicht einzuschätzen. Wie es aussah, würden ihm wenige Sekunden reichen, um Chloe den Garaus zu machen. Ihre Gegenwehr hatte bereits nachgelassen und ihr Gesicht eine ungesunde Farbe angenommen.
    »Machen Sie jetzt keinen Fehler, Detective …« Nate machte keine Anstalten, seinen Griff zu lockern. »Bedenken Sie, was Sie anrichten könnten.«
    »Lassen Sie sie los und ich lasse Sie gehen.« Er wusste, dass er Nate nicht einfach gehen lassen durfte, aber das war ihm in diesem Moment egal. »Wenn Sie sie töten, dann kommen Sie hier nicht lebend raus, das schwöre ich.« Brady versuchte, seiner Stimme Festigkeit und Autorität zu verleihen, doch er hatte das Gefühl, nur kläglich zu klingen.
    Nate schien einen Moment lang nachzudenken, dann schüttelte er den Kopf und zog Chloe grob in die Höhe. Er ließ ihren Hals los und schlang ihr einen Arm um die Taille. Mit der anderen drückte er ihr ein Taschenmesser an die Kehle. Sie rang röchelnd nach Luft.
    »Gehen Sie aus dem Weg.« Nate machte einen Schritt auf Brady und die Tür zu.
    »Machen Sie keine Dummheiten. Wenn Sie sie töten–«
    »Schnauze! Aus dem Weg, sagte ich!«
    Chloe schrie auf, als das Messer ihre Haut anritzte, und Brady wich hastig zur Seite.

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