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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Zutaten?«
    »Mach eine Soße nach deinem Geschmack, Schorsch. Ich weiß, das wird schmecken! Wir haben Endiviensalat. Zeigst du bitte dem Tobias, wie man den in ganz feine Streifen schneidet?«
    »Wird gemacht! Darf Knoblauch an die Soße?«
    »Na klar!«
    »Dann brauche ich Öl, Zitrone, Salz und Knoblauch.«
    Sie sagte ihm, wo alles stand, und sogleich machte Georg sich an die Arbeit. Rosi bestrich den Hefeteig auf den Blechen mit flüssiger Butter und ließ ihn noch kurz gehen. Als Tobias den Salat fein geschnitten hatte, musste er ihn für ein paar Minuten in lauwarmes Wasser legen, um die Bitterkeit herauszuziehen, und ihn anschließend gut trocken schütteln.
    Rosi verrührte derweil den Speck und die darin glasig gedünsteten Zwiebeln mit Eiern, Sauerrahm und Gewürzen und gab diese Mischung auf den Hefeteig. Zum Schluss streute sie reichlich Kümmel darüber und schob die Bleche in den warmen Ofen.
    Tobias deckte den Tisch. Wie immer auf dem Sturms-Hof waren sie eine große Runde. »Ich hab Bea vorhin getroffen. Das war ja eine Überraschung!«
    »Ja, Bea ist wieder da. Das hab ich ganz vergessen, dir zu erzählen«, meinte Rosi entschuldigend.
    »Das ist doch verständlich an einem solchen Tag. Es scheint ihr aber ganz gut zu gehen!«
    »Bea ging’s noch nie schlecht, glaube ich. Sie ist einfach eine ganz starke Person, und sie macht nur, was sie wirklich will.«
    Die Bewunderung für die älteste Schwester war Rosi anzuhören.
    »Bea hat damals das einzig Richtige gemacht, als sie einfach gegangen ist. Sie wusste, dass der Papa sich dauernd in ihr Leben gemischt hätte, und jetzt hat sie die halbe Welt gesehen, hat viel gelernt, viel erlebt.«
    In Rosis Stimme schwang eine gewisse Sehnsucht mit.
    »Wovon lebt sie eigentlich?«
    »Sie gibt alle möglichen Kurse – keine Ahnung, es scheint ihr zu reichen. Jedenfalls klagt sie nie.«
    »Sie hat mir ihre Karte gegeben. Sie wohnt in Coburg, hab ich gesehen.«
    »Ja, sie hat da eine große, helle Wohnung in einer alten Villa in der Nähe vom Hofgarten – für eine lächerliche Miete. Ich war einmal da. Wunderschön! Das Haus gehört einer alten Frau und die hat einen Narren an Bea gefressen.«
    Rosi zuckte mit den Schultern, und ihr Blick verlor sich hinter dem Küchenfenster, wo mittlerweile tiefe Dunkelheit herrschte.
    »Es gibt eben Glückskinder …«
    Das klang so, als ob Rosi selbst nur das Gegenteil widerfahren wäre. Angesichts der Ereignisse des heutigen Tages verkniff sich Georg die Frage, ob Rosis Leben denn so viel unglücklicher als das ihrer Schwester war. Schließlich lebte sie auf diesem wunderschönen Hof, hatte drei nette Kinder – gut, es gab auch viel Arbeit, aber sie betonte immer den Spaß und die Erfüllung, die ihr das Landleben gaben – und sie hatte Johannes.

     
    Der Zwiebelkuchen im Ofen verbreitete einen herrlich kräftigen Duft. Rosi wollte nicht länger warten.
    »Wir essen jetzt. Sonst wird der Zwiebelkuchen zu trocken. Wer weiß, wann der Johannes endlich kommt.«
    Tobias stellte noch zwei Krüge mit frischem Wasser auf den langen Holztisch, dann schlug er im Flur mit einem Kochlöffel auf den alten Topfdeckel, der neben der Treppe hing, und kurz darauf war eine ganze Horde junger Leute um den Tisch versammelt, gut gelaunt und hungrig. Mit fröhlicher Vertrautheit begrüßten Florian und seine beiden Geschwister den alten Freund ihrer Eltern und berichteten, was sie so trieben. In der lockeren, familiären Atmosphäre fühlten sich augenscheinlich auch die anderen jungen Leute, alle Anfang 20, wie zu Hause. Als alle saßen, war die Reihe an Tobias, Dank für die reichen Gaben zu sagen, kein Tischgebet, sondern eine schlichte Erinnerung, dass ein gedeckter Tisch nicht überall auf der Welt eine Selbstverständlichkeit war, und man reichte sich die Hände und wünschte sich gegenseitig guten Appetit.
    »Guten Abend zusammen! Da komm ich ja gerade noch rechtzeitig, bevor die Heuschrecken alles aufgefressen haben!«
    Johannes kam herein und rieb sich die Hände.
    »Hab ich einen Hunger! Und das riecht hier ja! Mmh!«
    Er strich Rosi im Vorübergehen sanft über die Schulter und murmelte: »Tut mir leid – bin aufgehalten worden.«
    Sie sagte dazu nichts und zuckte nur mit den Achseln. Die Tischgespräche waren lebhaft, jeder schien bemüht, von den Ereignissen des Tages abzulenken, um Rosi auf andere Gedanken zu bringen. Alle hatten augenscheinlich einen gesunden Appetit, denn die Backbleche mit dem Zwiebelkuchen und die

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