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Nebelschleier

Titel: Nebelschleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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eingestellten Büchsen war ein Platz leer. Vor dem Schrank glänzte eine Handvoll Patronen auf dem Fußboden. Verdammt, was war da im Gange? Eine böse Ahnung griff in seinen Gedanken Platz. Er musste Paola so schnell wie möglich finden, bevor ein weiteres Unheil geschah.
    Angermüller spürte seinen brummenden Schädel nicht mehr. Hoch konzentriert und angespannt trat er den Rückzug aus Steinleins Wohnung an, immer vorsichtig um sich spähend, ob sich irgendwo jemand mit einer Waffe verbarg. Paolas Wohnungstür war nach wie vor verschlossen, das kleine Büro leer. An der Rezeption war der junge Mann wieder zurück. Beschäftigt mit zwei Hotelgästen, die gerade ihre Rechnung bezahlten, warf er dem Kommissar mit den tropfnassen Haaren und der vom Wasser fleckigen Lederjacke einen höchst erstaunten Blick zu. Noch einmal eilte Angermüller suchend durch die Gasträume. Nur zwei alte Damen, die ihn sogleich misstrauisch musterten, saßen jetzt in der Kutscherstube an einem Tisch bei Kaffee und Kuchen. Von den Bedienungen war keine zu sehen.
    Schließlich stand er im Freien vor dem Eingang zu den Restaurants und schaute suchend über den Hof. Inzwischen regnete es und der Wind trieb ihm dicke Tropfen ins Gesicht. Da drüben lag die Brauerei. Vielleicht sollte er auch dort einmal nach Paola suchen? Unschlüssig rieb er sich die Stelle am Hinterkopf, wo sich ein dickes Horn ausbreitete. Da fiel ihm ein, dass es hinter den Restaurants noch ein Gebäudeteil gab, das er bisher noch gar nicht betreten hatte.
    Am Ende des langen Flures, der an Kutscherstube, Victoria & Albert-Salon und den anderen Gasträumen vorbeiführte, lag der Vorraum zum Festsaal mit Garderobe und Toiletten und einer Treppe, die hinauf zur Zuschauergalerie führte. Vorsichtig öffnete Angermüller die eine Hälfte der großen Flügeltür. Die dicken Vorhänge vor den hohen Fenstern des Festsaals waren geschlossen und der Zuschauerraum lag im Halbdunkel.
    Die Bühnenscheinwerfer waren eingeschaltet und strahlten die Kulisse an, die im Hintergrund unverkennbar den Coburger Schlossplatz mit der Ehrenburg zeigte. Eine Reihe hübscher Amphoren mit Blumenschmuck zierte die Rampe am vorderen Bühnenrand, und es hätte nicht verwundert, wenn die Queen und ihr Hofstaat sogleich singend auf der Bühne erschienen wären. Doch von heiterer Operette keine Spur. Erst jetzt bemerkte Angermüller die Gestalt, die sich unten vor der Bühne befand und einen ziemlich bangen Eindruck machte. Er sah angestrengt in den schummrigen Saal, um zu ergründen, was sich dort wohl so Angsteinflößendes befand.
    Gerade hatte er in der Mitte der Stuhlreihen eine Bewegung ausgemacht, als er es genau dort blitzen sah und zugleich ein ohrenbetäubender Knall die Stille im Saal zerriss. Die Amphore rechts neben dem Mann vor der Bühne zersplitterte und rosa Blüten stoben durch die Luft.
    »Bitte, hör auf damit! Ich hab doch schon gesagt, dass ich dich in Ruhe lasse. Bitte, nicht mehr schießen!«
    Die Antwort war ein Schuss auf die linke Amphore, die in Kleinteilen zu Boden ging.
    »Das hat doch alles keinen Sinn! Denk doch mal nach, Paola!«
    Ottmar Finks Stimme war von Satz zu Satz in eine höhere Tonlage geklettert. Er gab ein ziemlich bejammernswertes Bild ab, wie er sich da vorn so angsterfüllt an den Bühnenrand drückte.
    »Ich habe nachgedacht und ich glaube dir kein Wort.«
    Paola klang völlig emotionslos. Angermüller, der gleich hinter der Tür stehen geblieben war, wurde von Entsetzen gepackt. Gerade erst hatte er erfahren, dass Ottmar und Paola sich viel besser kannten, als er dachte. Er war sich soeben darüber klar geworden, dass sie sich erst vor zwei Tagen getroffen hatten – wer weiß, was alles sonst er nicht wusste! War Paola auf einem irrwitzigen Rachefeldzug gegen einen vermeintlichen Mörder, oder war es ein anderer, weit schlimmerer Grund, der hinter dieser Jagd auf Ottmar steckte? Es nahm ihm fast den Atem, als er an die zweite Möglichkeit dachte. In jedem Fall musste er Paola jetzt unbedingt daran hindern, eine Riesendummheit zu begehen!
    »Paola?«, rief er so harmlos und freundlich, wie es ihm in dieser vertrackten Situation möglich war.
    »Giorgio?«
    Sie klang überrascht, drehte sich jedoch nicht um und hatte sich sofort wieder im Griff.
    »Bitte, geh! Das hier ist meine Sache.«
    »Aber ich will dir doch helfen, Paola!«
    In Angermüllers Hirn fuhren die Gedanken Karussell, und er hatte Angst vor dem Moment, da es anhalten würde. Doch natürlich

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