Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
sie Sabine. Sie reihten sich gemeinsam in die Schlange ein und Victoria entschied sich heute für einen Germknödel mit Vanillesauce. Trotz ihrer Aufregung schmeckte der ganz lecker. Sabines Anwesenheit tat ihr gut und lenkte sie etwas ab.
Sie fühlte sich wieder normaler, auch wenn ihr am Rande immer noch bewusst war, dass der Professor den Campus noch nicht verlassen hatte. Anscheinend machte er gerade seine Mittagspause und aß etwas, das ihm jedoch nicht besonders gut schmeckte. Victoria musste leicht grinsen.
Dann erzählte Sabine ihr, dass sie auf Wohnungssuche war. Bei ihr war der Schimmel ausgebrochen und der Vermieter hatte trotz mehrfacher Aufforderung nichts gemacht, außer den üblichen Vermieterspruch abzulassen: „Sie müssen eben richtig lüften.“
Sabine war echt genervt. „Mann, ich bin doch nicht blöd! Ich weiß, wie man lüftet. Aber jetzt reicht es mir! Soll sich der Heini doch einen anderen suchen, der ihm Geld für diese Bruchbude zahlt – ich tu das in zwei Monaten jedenfalls nicht mehr!“
Während des ganzen Nachmittags versuchte Victoria immer wieder festzustellen, wo sich der Professor gerade befand und zu ihrer Freude gelang es ihr auch. Die Schmetterlinge honorierten jede Ortung mit eifrigem Geflattere und wirbelten dabei jede Menge Glücksstaub auf.
Als der Professor den Campus gegen sechzehn Uhr mit seinem Sportwagen verließ, fühlte sie sich auf merkwürdige Weise erschöpft und wollte nur noch nach Hause. Aber pflichtbewusst, wie sie war, ging sie noch zu ihrer Informatikübung.
Nach einer halben Stunde stellte sie fest, dass sie sich den Besuch wirklich schenken konnte. Das lag nun nicht an Herrn Lehmann, der die Übung leitete, sondern daran, dass sie viel zu müde war, um noch irgendwas mitzubekommen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben verließ sie ein Seminar vor dem offiziellen Ende. Sie schleppte sich nach Hause, ging sofort ins Badezimmer und danach direkt ins Bett.
Gott sei Dank war J nicht da; der hätte ihr bestimmt Fragen gestellt, aber dafür war sie jetzt viel zu fertig.
Als sie sich gerade ins Bett gekuschelt hatte, bemerkte sie die Präsenz von Jaromir Custos Portae. Sie mobilisierte ihre letzten Kraftreserven und versuchte festzustellen, wo genau er war.
Fünfzig Meter über ihr?
Und er bewegte sich schnell. Er fühlte sich ganz anders an als noch heute Morgen. Viel größer und mächtiger. Sie spürte frischen Wind unter den kraftvollen Schwingen und seine Freude am Fliegen…
Dann hatte Victoria keine Kraft mehr und wohlige Schwärze umfing sie.
Sie erwachte erst am nächsten Morgen wieder. Und war völlig zerschlagen. Mühsam rollte sie sich zur Seite und schaute auf den Wecker. Es war sieben Uhr.
Sie schloss die Augen wieder. Sie hatte Kopfschmerzen – fürchterliche Kopfschmerzen! Irgendwie fühlte sich das wie Muskelkater an.
Dann erinnerte sie sich an ihre neue Fähigkeit und war plötzlich hellwach! Sie konzentrierte sich um festzustellen, ob sie Custos Portae irgendwo orten konnte und zuckte zusammen. Da saß also der Muskelkater!
Dass sie sich so ausgelaugt fühlte, hing anscheinend auch damit zusammen.
Sie grinste. „Tja, alles hat wohl seinen Preis!“
Langsam kamen die letzten Eindrücke von gestern Abend zurück. Sie musste eindeutig geträumt haben! „Custos Portae in fünfzig Metern Höhe über diesem Haus – wie soll das denn bitte gehen?“
Sie schüttelte den Kopf und stand auf. Auf dem Weg ins Bad sah sie, dass J auch schon wach war und Frühstück machte. Bestimmt würde er sie fragen, wieso sie gestern so früh schlafen gegangen war und so kam es auch prompt.
Sie hatte sich kaum zu ihm an den Tisch gesetzt, da sah er sie besorgt an. „Na, Prinzessin. Was war mit dir denn gestern los? Als ich nach Hause kam, dachte ich erst, du seist noch gar nicht da. Aber als du um elf immer noch nicht durch die Haustür gekommen warst, habe ich mal in deinem Zimmer nachgesehen. Du hast da wie tot im Bett gelegen…“
„Ja“, antwortete sie, „ich war auch völlig fertig. Hatte wohl einen Anflug von Grippe oder so. Heute Morgen geht es schon wieder.“
J hob zweifelnd eine Augenbraue. „So richtig fit siehst du aber nicht aus.“
Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern und meinte nur lässig: „Bin ich wohl auch nicht, aber du hättest mich gestern Abend sehen sollen… Dagegen sehe ich jetzt aus wie der junge Frühling.“
Er sah sie fragend an. „Einen Tag Auszeit willst du dir wohl nicht nehmen?“
Sie grinste. „Nee,
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