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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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bringt, dachte er, als er den Passat nach Hause lenkte.
    Fürs Erste war es erforderlich, dass er in absehbarer Zeit in der Norder Region eine Stelle fand und zu Heide ziehen konnte. Sie waren entschlossen, nach ihrer Amerikareise die Verlobung bekannt zu geben. Die Meinung ihrer Eltern dazu spielte eine untergeordnete Rolle. Heide und er waren moderne Menschen, die mit beiden Füßen auf der Erde standen. Solche und ähnliche Gedanken beschäftigten Dodo Wilbert.
    Auch Heide Heynen studierte den Kalender nach einem günstigen Termin für die Verlobung. Ihre Eltern waren nicht begeistert von ihrem Entschluss. Aber das war ihr gleich. Sie liebte ihren Dodo, der ihr gefiel, wie er war. Er war technisch hoch begabt und hatte ein gutes Gemüt. Hinzu kam, dass Dodo sehr gut aussah und somit immerhin die Chance bestand, Mutter von hübschen und gesunden Kindern zu werden.
    Doch das alles verlor für Heide Heynen schlagartig an Bedeutung, als sie am Montag während der Pause nach dem »Kurier« griff, den die Schulsekretärin auf dem Tisch im Lehrerzimmer ausgelegt hatte.
    Sie schaute nach, wer gestorben war, überflog die Werbung und stieß auf einen breit angelegten Artikel. Die Überschrift weckte ihre Neugierde. Sie ließ das Brötchen im Butterbrotpapier, nickte den Kolleginnen ernst zu und las.
    »Gymnasiast im Schneesturm angefahren! Schüler verblutet! Das Opfer hinterlässt nach dem Tode von Vater und Mutter zwei schulpflichtige Schwestern! Tragisches Unglück in Neuharlingersiel. Fahrerflucht am Freitagabend!«
    Das fremde Schicksal war ergreifend. Der Atem stockte ihr beim Lesen.
    »Die Polizei bittet die Leser, sich zu melden, wenn sie Hinweise auf den Hergang des Unfalls machen können.« Sie wurde kreideweiß.
    »Frau Heynen, ist Ihnen nicht gut?«, fragte eine Kollegin besorgt.
    Heide legte die Zeitung auf den Tisch. Ihr kamen die Tränen.
    »Kannten Sie den jungen Mann?«, fragte eine andere Kollegin, die gerade Platz genommen hatte.
    Heide Heynen griff zum Taschentuch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    »Nein«, sagte sie schluchzend und erhob sich. Sie hastete zum Sekretariat und bat die Sekretärin, den Schulleiter zu sprechen.
    »Nehmen Sie bitte einen Moment Platz. Ich melde Sie an«, sagte die Sekretärin und betrat das Chefzimmer.
    Heide Heynen liebte Dodo Wilbert. Umso schlimmer empfand sie ihre Situation. Sie hatte seine Andeutungen nicht ernst genommen. Nach seinen Worten handelte es sich um einen Bagatellunfall, der sich möglicherweise beim abendlichen, dichten Schneefall ereignet hatte. Er hatte nur ein schwaches Geräusch vernommen. Dabei hatte ihr Dodo Fahrerflucht begangen! Es war ihr unverständlich, dass er ohne Skrupel mit ihr das Wochenende verbringen konnte.
    Onno Everts hieß der Schüler, verblutet, weil er sich des Jungen nicht angenommen hatte. Das ging zu weit. Sie lehnte es ab, den Vorfall selbst bei der Polizei zu melden. Sie war Staatsdienerin und fühlte sich verpflichtet, das Vergehen ihres Freundes ihrem Vorgesetzten zu melden.
    Die Sekretärin kam aus dem Schulleiterzimmer.
    »Bitteschön, Frau Heynen«, sagte sie und hielt ihr die Tür auf, ließ sie eintreten und schloss sie hinter ihr.
    Der Schulleiter kam ihr entgegen und sah sie bestürzt an.
    »Was ist passiert, Frau Heynen«, fragte er und wies auf die Sesselgruppe vor dem runden Tisch.
    Sie tupfte sich die Tränen aus dem Gesicht und nahm Platz.
    »Herr Direktor …«, sagte sie und weinte.
    »Beruhigen Sie sich. Was ist passiert?«, fragte der Chef mitfühlend und setzte sich in den Sessel.
    »Ich las eben in der Zeitung von dem schrecklichen Unfall am Freitagabend in Neuharlingersiel! Mein Freund ist Fernfahrer. Die Straße war glatt. Er fuhr den Schüler tot«, sagte sie stockend.
    »Das ist ja entsetzlich!«, antwortete der Schulleiter und reichte ihr ein Tempotaschentuch.
    »Er – hat nicht angehalten«, fügte sie schluchzend hinzu.
    »Sie sind zu mir gekommen, um das zu melden?«, fragte der Schulleiter.
    Sie nickte.
    Er erhob sich, trat an die Tür, öffnete sie und bat seine Sekretärin, ihnen einen Tee zu machen. Er zog die Tür hinter sich zu, griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Polizei.
    Heide vernahm die klare, harte Stimme ihres Vorgesetzten. Sie schluchzte. Dann legte er den Hörer auf.
    »Wo befindet sich Ihr Freund zurzeit?«, fragte er.
    »Er fährt heute Morgen für die Jever-Brauerei nach Schleswig-Holstein«, antwortete sie unter Tränen.
    »Frau Heynen, machen Sie sich

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