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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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einen Sarg mit der angepassten Einlage aus. Heinrich Stropp füllte das entsprechende Auftragsformular aus und ließ das Datum offen. Des Weiteren entfielen Trauerkarten. Nur auf eine Anzeige in der Rheinischen Post legte Carmen Wert. Sie bestand darauf, eine Anzahlung zu leisten, die fast der zu erwartenden Summe entsprach. Herrn Stropp war das aus besagten Gründen nur recht. Er nahm dankend die Kreditkarte entgegen. Carmen unterschrieb und steckte die Karte ein.
    »Sie hören von mir«, sagte sie.
    Der Bestatter reichte ihnen die Hand.
    Sie fuhren über die Benrather Straße zur Stadtverwaltung. Der Pförtner wies ihnen den Weg. Dr. Xaver Angeniess hatte im Sozialamt ein Konto, auf dem seine Geldempfänge gebucht wurden. Zudem war er Mieter einer Stadtwohnung im Hause am Ruinenweg in der Hött, von der er ein Zimmer an seine Lebensgefährtin untervermietet hatte.
    Es war sicherlich kein Zufall, dass die Büroräume des Sozialamtes düster und unfreundlich wirkten. Die meisten Besucher hatten verhärmte Gesichter und machten einen unglücklichen Eindruck. Natürlich wirkte sich das auch auf das Personal aus. Es war bekannt, dass hier zu landen für redliche Bürger einer Erniedrigung gleichkam.
    Carmen Angeniess weinte prompt, als der Sachbearbeiter ihren Namen nannte. Sie dachte an ihren Vater, dem das Schicksal böse mitgespielt und von allen Sorgen und von der Gier nach dem Alkohol erlöst hatte.
    »Ich bin die Tochter. Mein Vater ist verstorben. Er bezog Sozialhilfe. Hier habe ich meinen und seinen Ausweis«, sagte sie.
    Der junge Angestellte betätigte den Computer. Er lächelte sie freundlich an.
    »Frau Matewja Remsky wohnt bei ihm zur Untermiete«, sagte er.
    »Sie wird sich bei Ihnen melden. Sie möchte auf alle Fälle dort wohnen bleiben«, antwortete Carmen.
    »Dann vermerke ich das schon mal auf der Karte. Also, der Empfänger ist gestern verstorben. Ist Ihr Vater dort verunglückt?«, fragte er.
    »Ja, er stürzte unglücklich in den Keller«, sagte Albert, den es störte, dass der gut aussehende Angestellte Carmen schöne Augen machte.
    »Sie haben eine Sterbeurkunde?«, fragte der Angestellte.
    »Reicht das nicht?«, fragte Albert empört.
    »Die Abmeldung ist vollzogen. Fräulein Angeniess steht ein Sterbegeld zu. Das kann ich ihr nur gegen Vorlage der Sterbeurkunde aushändigen«, sagte der Angestellte belehrend.
    »Gut, wir kommen noch mal wieder«, sagte Carmen.
    Sie verließen das Amt und fuhren zum Ruinenweg. Die Nachbarn grüßten nur von fern. Sie stellten den Roller ab und betraten die Wohnung.
    Matewja Remsky saß am großen Tisch und trank Cognac. In der Wohnung roch es nach Sauerkraut.
    »Habt ihr gegessen?«, fragte sie. »Ich hab noch einen Rest Sauerkraut.«
    »Danke. Der Angestellte von der Stadt sagt, dass du hier wohnen bleiben darfst. Er spricht später mit dir«, sagte Carmen.
    »Hier lebe ich mit der Erinnerung an ihn«, erwiderte Matewja und nahm einen Schluck.
    »Wir werden seine Unterlagen durchforsten und sehen, ob wir nichts übersehen haben. Wir werden ihn nach Groß-Gerau überführen«, sagte Carmen.
    »Für dich ist Post gekommen«, sagte Matewja.
    Sie gingen zum Schlafzimmer. Carmen nahm den Brief.
    »Klasse! Ich habe für mein Medizinstudium Aachen zugeteilt bekommen«, jubelte sie. Sie nahm die Teekiste mit den Papieren und Fotos und trug sie in das andere Zimmer und durchsuchte sie.
    »Glück gehabt«, sagte Albert.
    »Das kann man sagen. Aachen und Düsseldorf, das geht. Dann bin ich nicht weit von dir entfernt«, sagte Carmen.
    »Und ich betreue geistig Behinderte beim ›Birkenhof‹«, sagte er, während sich Carmen schweigend in den Inhalt der Teekiste vertiefte, in der Dr. Xaver Angeniess alles aufbewahrt hatte, was ihm wichtig erschienen war. Dazu hatte er offensichtlich auch eine Menge zum Teil abgegriffener Fotos gezählt. Carmen konnte nicht widerstehen und reichte sie Albert. Sie zeigten ihn und seine Frau. Es folgten Bilder von Carmen, als sie noch ein Baby war.
    Matewja erhob sich und kochte Kaffee. Sie stellte Tassen auf den Tisch. Sie tranken ihn mit Milch und Zucker. Sie fanden seinen Mitgliedsausweis der SPD, der schon lange keine Beitragszahlungen aufwies. In dem Gewühl entdeckten sie neben seinem Führerschein auch seine Mitgliedskarte des Ärztevereins.
    »Ich muss Papa abmelden. Das gilt auch für die Krankenkasse«, sagte Carmen.
    Sie tranken den Kaffee.
    »Haben wir noch etwas vergessen?«, fragte Albert. »Ich denke, wir benutzen zuhause

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