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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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verstehe, dann bleibst du bis Mitte Mai bei uns. Oder hast du noch Verwandte im Frankfurter Raum?«, fragte Frau Spatfeld.
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn ich noch eine Weile bleiben darf«, sagte Carmen müde.
    »Wir fahren nächste Woche nach Aachen und suchen dort eine Wohnung für Carmen«, sagte Albert und erhob sich. »Wir gehen rauf.«
     
    Anfang April schlug das Wetter um. Frühlingshafte Temperaturen und sonnige Abschnitte brachten die Krokusse zum Blühen. Schneeglöckchen durchbrachen das eintönige Braun des abgestorbenen Grases. An den Ästen zeigten sich die ersten Knospen. Über dem Lütetsburger Forst lag der Duft der keimenden Natur.
    Heide Heynen hatte beileibe keine Langeweile. Sie nahm die Unterrichtsvorbereitungen sehr ernst, sparte nicht mit Übungsarbeiten, die sie häufiger als vorgeschrieben zum Korrigieren mit nach Hause nahm. Gelegentlich suchte sie das Hallenbad auf und machte mit bei einer »Nordic Walking«-Lehrergruppe. Sie fuhr mit demFahrrad zur Schule. Damit waren ihre sportlichen Aktivitäten erfüllt.
    Heide Heynen schöpfte neuen Mut nach dem zwangsweisen Bruch mit Dodo Wilbert. Ohne es sich eingestehen zu wollen hatte der gut aussehende junge diplomierte Firmeninhaber einen guten Eindruck auf sie gemacht. Er war in ihrem Alter, wie sie schätzte. Er hatte keinen Ring getragen, und einigen Bemerkungen, die er gemacht hatte, hatte sie entnommen, dass er ebenfalls unverheiratet war.
    Im »Kurier« hatte sie gelesen, dass Dodo Wilbert für ein paar Jahre ins Gefängnis musste. Immer noch war sie der Meinung, und darin stärkten nicht nur ihre Eltern sie, dass sie richtig gehandelt hatte.
    Es war auffällig genug und reizend anzusehen, wie ihr Vater sich weiterhin als Heiratsvermittler betätigte. Doch sie wollte ihren Traummann allein finden. Sie liebte ihren Beruf sehr und wollte dennoch auf eigene Kinder nicht verzichten, vorausgesetzt, sie fand zu ihrer großen Liebe.
    Es sprach für Jesko Calvis, dass er sich noch nicht wieder gemeldet hatte. Er war kein Wichtigtuer und hielt sein Wort. Heide Heynen quälten allerdings Zweifel. Nicht auszudenken, wenn er bereits verheiratet oder geschieden war. Dann wollte sie nichts von ihm wissen. Aus diesem Grunde verschwieg sie ihren Eltern den bevorstehenden Inselbesuch.
    Sie hielt sich für töricht, weil sie morgens mit den Gedanken an ihn aufwachte und abends damit schlafen ging. Schon Tage im Voraus erfüllte sie eine tief gehende Spannung.
    Dann war es endlich so weit.
    An jenem Samstag schlief Heide Heynen bis 8 Uhr 30. Sie zog die Jalousien hoch, studierte kurz den Himmel und freute sich, denn hinter dem Forst sah sie ein zartes Morgenrot, das einen schönen Tag ankündigte.
    Sie betrat das Bad, betrachtete recht zufrieden ihr Gesicht im Spiegel und stellte fest, dass die beruflichen Anstrengungen keinerlei Zeichen hinterlassen hatten. Sie wusch sich und hielt ihre Arme unter den kalten Wasserstrahl.
    Erfrischt öffnete sie den großen Kleiderschrank. Sie entschied sich für ihre Jeans, die ihre schlanke Figur gut zur Geltung brachte. Sie wählte dicke Socken und zog ihre hohen Wanderschuhe an. Sie kannte sich aus mit dem Seewind. Selbst an sonnigen Tagen wehte er oft eisig, besonders wenn er aus dem Norden kam. Deshalb schlüpfte sie in einen dunkelblauen Troyer, der ihr gut zu Gesicht stand. Dann nahm sie den dazu passenden gelben Helly-Hansen-Anorak vom Kleiderbügel und trug ihn zur Garderobe. Er gab ihrem Äußeren einen Hauch von Jugendlichkeit.
    Sie kämmte ihr langes Haar zu einem Zopf und betrat die Küche. Sie deckte den Tisch mit dem Geschirr der ostfriesischen Rose. Während der Woche war sie morgens meistens in Eile, doch samstags war schulfrei, da nahm sie sich Zeit für das Frühstück.
    Sie setzte Teewasser auf, stellte den Toaster auf den Tisch und legte Schnitten zurecht. Sie gab zwei Maßlöffel voll Tee in eine Kanne und füllte sie mit kochendem Wasser, setzte sie auf das Stövchen, zündete das Teelicht an und ließ den Tee ziehen.
    Sie war wie alle Baltrumer pingelig, wenn es um die Zubereitung des Tees ging. Sie ließ ihn fünf Minuten ziehen, spülte eine zweite Kanne mit heißem Wasser aus und goss dann den Tee über das Sieb in die vorgewärmte Kanne. Danach steckte sie die Weißbrotschnitten in den Toaster, ließ sie knusprig braun werden und bestrich sie mit Butter.
    Sie fühlte sich wohl an diesem Morgen. Sie genoss das Frühstück und rauchte danach, zum Abgewöhnen, wie sie sich ernsthaft

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