Nebenwirkungen (German Edition)
eingeladen. Dort steht auch weiteres Hintergrundmaterial zur Verfügung, und Professor Wolff und ich werden für weitere Fragen zur Verfügung stehen. Vielen Dank für Ihr Interesse.«
Kyle hatte den kurzen Schlagabtausch zwischen dem Zeitungsreporter und Célia mit gemischten Gefühlen verfolgt. Er hatte noch nichts von einem Fall Marchand gehört und seine journalistische Neugier war durch die unbeantwortet gebliebene Frage geweckt worden. Andererseits ärgerte er sich, dass dieser kleinkarierte Zeitungsfritze seine Freude am Wiedersehen mit Heike und den guten Eindruck ihrer ausgezeichneten, inspirierten Präsentation beinahe zunichte gemacht hatte. Er musste bei Gelegenheit mehr über diesen Marchand herausfinden. Vor allem jedoch wollte er ungestört mit Heike reden.
»Ihr Projekt scheint ja wie am Schnürchen zu laufen, gratuliere«, sagte er zu ihr, als sie endlich nicht mehr von der Gruppe japanischer Presseleute umringt war. »Darf ich Ihnen was zu trinken holen, ein Glas Champagner vielleicht?«
»Danke, etwas Wasser wäre nett«, antwortete sie, ohne ihn wirklich anzusehen. Kyle bemerkte, dass ihre Augen auf Célia gerichtet waren, die an der Fensterfront stand und telefonierte. Kyle brachte das Wasser und überlegte sich fieberhaft, wie er mit ihr ins Gespräch kommen könnte. In ihrer Gegenwart fühlte er sich wie ein unerfahrener, gehemmter aber umso geilerer Schuljunge. Zu seiner Erleichterung erlöste ihn die Frau aus seiner Starre. Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln, räusperte sich und sagte:
»Vielen Dank. Entschuldigen Sie, meine Kehle ist ganz trocken.«
»Kein Wunder nach dieser fulminanten Präsentation«, entgegnete er etwas unbeholfen.
Sie lachte. »Oh, danke für die Blumen. Ich hoffe, wir konnten den Kern der Sache verständlich machen. Die Thematik ist ja nicht ganz einfach zu verstehen.«
»Kein Problem, das ist Ihnen ausgezeichnet gelungen. Ich bin aber doch froh, dass wir uns damals in Heidelberg bereits ausführlich unterhalten konnten. Schade, dass Sie wohl bald wieder abreisen müssen, sonst hätte ich Sie gerne zum Essen eingeladen, um noch etwas mehr zu erfahren.«
Jetzt war es raus. Geht doch, dachte er. Heike jedoch schüttelte bedauernd den Kopf und antwortete: »Ich fahre zwar erst morgen nach Heidelberg zurück, doch heute Abend bin ich bereits eingeladen. BiosynQ spendiert ein Essen im Hotel. Aber danke für die Einladung. «
»Schade. In welchem Hotel sind Sie denn abgestiegen?«
»Gerade hier nebenan, Le Parc oder so ähnlich.«
»Praktisch, wie ich. Vielleicht treffen wir uns nach dem Essen noch in der Bar? Ich gebe nicht so schnell auf, wie Sie sehen.«
Sie begann diesen etwas linkischen Engländer zu mögen und antwortete kokett: »Wer weiß, Sie können es ja versuchen«, und beeilte sich beizufügen: »Aber ich kann nichts versprechen.«
Die Bar des Hotels Le Parc schlängelte sich in weitem Bogen die gewundene Theke entlang und öffnete sich zur breiten Fensterfront mit Blick auf die geschmackvoll beleuchtete Parkanlage. Gegenüber dem Fenster stand ein merkwürdig gestutzter Konzertflügel, auf dem ein junger Pianist erstaunlich virtuos und mit Hingabe, doch völlig unbeachtet vom Publikum, Chopins ergreifendes Nocturne in Fis-Dur spielte.
Kyle zwängte sich durch die Tische an der Theke vorbei auf der Suche nach Heike. Bereits zum dritten Mal machte er nun die Runde durch die gut besetzte Bar. Da es bereits auf halb elf zuging, sollte dies sein letzter Versuch sein, sie nochmals zu sprechen. Enttäuscht wollte er das Lokal eben wieder verlassen, als er die Gesuchte endlich in angeregtem Gespräch mit Célia Mathieu an der Theke sitzen sah. Erleichtert setzte er sich in der Nähe an ein leeres rundes Tischchen. Er wollte nicht stören, behielt die beiden aber genau im Auge.
Sie sprachen immerhin so laut miteinander, dass er Bruchstücke der Unterhaltung verstehen konnte. Heike schien sich darüber aufzuregen, dass Célia ihr nichts von der Geschichte mit diesem Marchand gesagt hatte. Sie konnte es offenbar nicht leiden, nicht alle Fakten zu kennen, wenn sie sich auf eine Zusammenarbeit einließ. Célia versuchte, sie zu beruhigen, sie zu überzeugen, dass diese Sache völlig unbedeutend war. Kyle glaubte zu verstehen, dass Célia den toten Marchand als psychisch labilen, an Verfolgungswahn leidenden Selbstmörder darstellte. Bald darauf verabschiedete sich die Managerin und Kyle benutzte die Gelegenheit, sich neben Heike an die Bar zu
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