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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Bastien wählte die vereinbarte Konferenznummer und schaltete den Lautsprecher des Telefons ein. Paul war am Apparat in Botswana. Seine Kollegin Katie Foss war offenbar im Labor mit der Auswertung der Proben beschäftigt. Wenn Samantha gehofft hatte, Neues zu erfahren, wurde sie enttäuscht. Alles schien nach Plan zu verlaufen. Paul konnte die Aussagen Professor Wolffs nur bestätigen.
    »Können Sie uns Genaueres über die früheren Arbeiten von Pierre Marchand im Versuchsgelände sagen?«, fragte Samantha unvermittelt.
    »Marchand? Wir kennen keinen Mr. Marchand«, antwortete Paul nach kurzem Zögern. »Unser Institut benutzt diese Anlage zum ersten Mal. Wir wissen, dass hier ursprünglich eine Diamantmine hätte entstehen sollen, doch das Projekt wurde nie realisiert. Sonst kann ich Ihnen leider nichts über frühere Aktivitäten in diesem Gelände sagen. Was ist mit diesem Marchand?«
    »Er hat für BiosynQ in dieser Gegend gearbeitet und ist vor kurzem tödlich verunfallt. Ist wohl nicht so wichtig. Wir wollen einfach sicher gehen, dass wir alle Fakten auf dem Tisch haben, bevor wir unseren Bericht veröffentlichen.«
    »Klar, verstehe«, antwortete Paul nachdenklich. Er hatte sich eben wieder an das schwarze Notizbuch mit dem französischen Text erinnert. Pierre Marchand war offensichtlich ein französischer Name. Paul glaubte nicht an solche Zufälle. Es mussten Marchands Aufzeichnungen sein, die Nyack im versiegelten Gebäude gefunden hatte.
Botswana
     
    »Du hast schon lange keine Erscheinungen mehr gehabt«, spottete Paul gut gelaunt, als er mit Katie beim Frühstück saß. Sie reagierte unerwartet heftig auf seinen plumpen Humor.
    »Ich habe in letzter Zeit kaum zwei Stunden am Stück geschlafen. Dauernd sehe ich diese Augen am Fenster. Also mach dich gefälligst nicht lustig über mich. Ich brauche deinen Hohn nicht auch noch. «
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht kränken. Ich wusste nicht ... «, stammelte er verlegen. Sie sah ihn müde an, stand wortlos auf, räumte ihr Geschirr weg und verließ das Haus. Sie musste die Ergebnisse ihrer letzten Analyse nochmals überprüfen. Vielleicht waren diese Resultate der wahre Grund ihrer Gereiztheit.
    Er machte sich kopfschüttelnd an seine Arbeit. Früher als sonst, noch bevor Nyack und seine Tante eintrafen, fuhr er mit seinem Jeep los. Das Telefongespräch mit der Life! Redaktion ließ ihm keine Ruhe, so fuhr er nicht wie gewohnt zu seinem ersten Messpunkt, sondern steuerte durch die aufgeweichte Savanne auf den Hügel zu, hinter dem sich die eingezäunte Anlage befand. In der Nacht hatte es, vielleicht zum letzten Mal für lange Zeit, ausgiebig geregnet. Er wollte den verriegelten Häusern ihre Geheimnisse entlocken, musste jetzt wissen, was hier vorgefallen war.
    Es war ihm klar, dass er sich möglicherweise unbekannten Gefahren aussetzte, doch seine Neugier war stärker, und schließlich hatte der Junge sein Eindringen in eines der Häuser unbeschadet überstanden.
    Er parkte seinen Wagen vor der Öffnung im Zaun, steckte die Taschenlampe ein und drang mit einiger Mühe auf dem gleichen Weg ins Gebäude ein, den schon Nyack benutzt hatte. Der Einstieg über das Fenster gestaltete sich erheblich schwieriger als für den Jungen, doch schließlich schaffte er es, weitere Bretter zu lockern und sich durch das größere Loch ins dunkle Innere fallen zu lassen. Dichte Spinnweben klebten in seinem Gesicht. Er wischte sie ärgerlich weg und tastete den Raum sorgfältig mit dem Strahl der Lampe ab. Es roch nach säuerlichem Moder. Eine Reihe von Metalltischen stand an der Wand unter den vernagelten Fenstern. Vier oder fünf Arbeitsplätze, wie es schien. Auf einem der Tische entdeckte Paul die Ursache des säuerlichen Geruchs. Neben einem kleinen Gestell mit Reagenzgläsern, Petrischalen, Pinzetten und anderem Laborgerät lag eine zerbrochene braune Flasche, deren Inhalt sich offenbar vor langer Zeit über den Tisch und auf den Boden ergossen hatte. HCl 35% konnte er auf der vergilbten, halb zerfressenen Etikette lesen; konzentrierte Salzsäure. Die gefährliche Flüssigkeit war längst im Boden versickert oder hatte mit dem Metall des Tisches Salze gebildet, doch der Geruch war seltsamerweise geblieben.
    Paul wollte sich über die Petrischalen beugen, als etwas sein Haar am Hinterkopf berührte. Er fuhr herum, sah aber nichts. Wieder regte sich etwas. In wilder Panik schüttelte er den Kopf, fuhr mit der freien Hand durch sein Haar und schüttelte sich. Die

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