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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Robert erstaunt fragend anblickte, erzählte er die Episode mit den Fußspuren, die tatsächlich von seinem Jeep nach Osten geführt hatten. Erhielten sie heimlich Besuch von Leuten aus dem ›bösen‹ Dorf? Wurden sie beobachtet? Warum?
    »Ich möchte Sie begleiten. Ich muss wissen, was hier los ist, und es scheint mir sowieso keine gute Idee zu sein, allein dorthin zu gehen.«
    »Allein wohin?«, fragte Katie, die eben zur Tür hereinkam. Paul und Robert benötigten eine geschlagene halbe Stunde, um Katie zu beruhigen, als ihr bewusst wurde, in welche Gefahr sich die Männer unter Umständen begaben. Sie hielt offensichtlich nichts von der wilden Abenteuerlust der beiden.
    »Keine Sorge, wir passen schon aufeinander auf«, versuchte Robert sie zu beruhigen. »Übrigens habe ich das Gefühl, dass es Leute aus diesem Dorf waren, die Sie heimlich beobachtet haben. Wie ich die Verhältnisse hier kenne, ist anzunehmen, dass es Scheu oder Angst und nicht Hinterlist oder böse Absicht war, dass sich die Menschen nicht offen gezeigt haben.«
     
    Sie kamen nur noch mühsam und langsam voran in Roberts Geländewagen. Wie Paul gesagt hatte, gab es hinter der alten Anlage keine Straße oder irgendwie markierte Piste mehr. Sie waren erst über ebenes, trockenes Grasland gefahren, das nun allmählich in eine von Gestrüpp und Büschen bedeckte Senke überging. Die Vegetation deutete auf erhöhte Feuchtigkeit und fruchtbaren Boden hin. Sie fuhren jetzt in einer Art weitem, stellenweise schlammbedecktem Flussbett. Vor ihnen tauchte ein markanter felsiger Hügel auf, den der imaginäre Fluss in elegantem Bogen umrundete. Kaum hatten sie die Biegung erreicht, stoppte Robert abrupt. Vor ihnen öffnete sich die Senke zu einem weiten Tal. Mitten in diesem Tal glitzerte silbern das ruhige Wasser eines kleinen Sees, in dem sich vielleicht ein dutzend strohbedeckte Hütten eines kleinen Dorfes spiegelten.
    »Das ist es also«, flüsterte Paul nach einer langen Pause. »Macht einen friedlichen und ziemlich verlassenen Eindruck.« Es war tatsächlich kein Mensch zu sehen, doch Robert deutete nach rechts zwischen zwei Hütten und entgegnete:
    »Nicht ganz verlassen. Die Ziege dort gehört bestimmt einem der Bewohner. Vielleicht haben sie einfach Angst vor uns und verkriechen sich in die Häuser.« Langsam und vorsichtig fuhren sie zur Siedlung. Nichts regte sich, als sie aus dem Wagen stiegen. Aus der Nähe betrachtet machten die ersten paar Hütten einen verwahrlosten und unbewohnten Eindruck. Die Latten der Zäune und die Binsenwände, die sie gehalten hatten, lagen an manchen Stellen am Boden. Die schwarzen Löcher der offenen Türen und Fenster unter den zerzausten Strohdächern starrten sie wie verzweifelte Fratzen an; riesige Vogelscheuchen. Wortlos durchstreiften die beiden Männer das Geisterdorf. Der trostlose Anblick ließ sie verstummen, und mit ihnen die Vögel und Insekten, wie es schien. Robert deutete auf die Hütten, bei denen sie die Ziege gesehen hatten. Diese zwei Häuser waren in weit besserem Zustand als der Rest des Dorfs, doch auch hier regte sich nichts, als sie sich vorsichtig näherten.
    »Hallo, ist hier jemand?« Roberts Ruf zerriss die Stille. Erschreckt flogen ein paar blau-rot gefiederte Vögel auf, die sich im Busch neben dem Haus versteckt hatten. Robert hatte Tswana gesprochen, die Sprache der Einheimischen. Er wusste aus Erfahrung, dass die Leute ihre Scheu vor Fremden eher verloren, wenn man ihre Sprache benutzte. Keine Antwort, kein Ton kam aus der Hütte. Sie traten in den umzäunten Hof und gingen zur Tür. Robert klopfte und wiederholte seine Frage. Wieder keine Reaktion. Da die kleinen Fenster verschlossen waren, konnten sie nicht feststellen, ob sich jemand in der Hütte befand. Sie mussten es mit der Tür versuchen. Paul zog behutsam am Holzgriff. Die Tür war nicht verschlossen. Robert öffnete einen Spalt und sagte in beruhigendem Ton:
    »Entschuldigen Sie. Wir sind Reisende. Wir haben nur ein paar Fragen.« Das stimmte zumindest in seinem Fall. Da sich weiterhin nichts regte, öffnete er die Tür ganz, sodass sie in die dunkle Hütte hinein sehen konnten. Erst als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sahen sie die zwei Augenpaare, die sie starr vor Angst beobachteten. Robert ging sofort in die Knie und bedeutete Paul, das gleiche zu tun. Vor ihnen saßen zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen, Kinder noch, die sich umklammerten und kaum zu atmen wagten. Robert begann,

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