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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Übersetzung der Tagebucheinträge. Diesmal wollte es Robert genau wissen, doch neue Erkenntnisse gewann er nicht. Es blieb vielleicht für immer Marchands Geheimnis, was damals wirklich im südlichen Botswana, im bösen Dorf geschehen war. Etwas war ihm mit Hilfe Peters allerdings klar geworden. Er glaubte jetzt zu wissen, was der Franzose mit der Bezeichnung ›L100‹ für das Dorf der Toten, wie er es inzwischen nannte, gemeint hatte. L100 stand wohl für Letal 100%, also hundert Prozent Todesfälle unter den bedauernswerten Versuchspersonen. Eine ziemlich genaue Beschreibung der Situation, fand er.
    Robert fühlte eine zunehmende Wut in sich. Er wollte es nicht verstehen und ohne weiteres hinnehmen, dass ein Konzern wie BiosynQ eine solche Schweinerei anrichten konnte und ungeschoren davonkam. Aufgewühlt hatte er kurz nach seiner Rückkehr nochmals in Köln angerufen und Auskunft verlangt. Er hatte der arroganten Herting die Einzelheiten seiner Beobachtungen an den Kopf geworfen, doch sie hatte ihn elegant auflaufen lassen. Was das alles mit BiosynQ zu tun habe, hatte sie wissen wollen. Es war zwecklos. Er hatte keine wirklichen Beweise. Die gutbezahlten Anwälte dieses Konzerns würden seine Indizienkette locker zerreißen, das war ihm nun klar. Umso erregter und aggressiver wurde er. Selbst Mr. Hobbes ging seinem Herrn aus dem Weg.
     
    Der unerfreuliche Anruf des Professors hatte in der BiosynQs Sicherheitszentrale in Köln eine Flut hektischer Aktivitäten ausgelöst. Alexandra war äußerst dankbar, dass Nils schließlich selbst seine Chefin Célia in Paris anrief, um über die neue Entwicklung zu berichten. Bevor sie wie erwartet ausfällig werden konnte, hatte er ihr seine Lösung des Problems geschildert. Er würde die Operation selbst vor Ort leiten.

KAPITEL 3
     
Botswana
     
    D as tägliche Auswechseln der Mückenfallen an den Messstationen war längst zur Routine geworden, doch Paul hatte in letzter Zeit immer stärker den Eindruck, dass etwas nicht stimmte. Katie hatte eine leicht angestiegene Plasmodienkonzentration gemessen, andererseits war Paul ziemlich sicher, dass auch die Mücken-Population zugenommen hatte. Wie war das möglich? Sie hatten die Gene der Insekten so verändert, dass die mutierten Mücken einen klaren Überlebensvorteil gegenüber ihren natürlichen Artgenossen hatten. Sie wurden etwas früher geschlechtsreif, konnten sich also schneller fortpflanzen. Ein leichter Anstieg des Mückenbestandes wäre also durchaus zu erwarten gewesen. Doch diese zusätzlichen Insekten sollten vorwiegend das synthetische Gen besitzen. Es müsste also längst mehr Mücken geben, in denen keine Krankheitserreger heranwachsen konnten. Die Plasmodienkonzentration hätte deutlich abnehmen sollen. Sie mussten diesem Phänomen rasch und sorgfältig auf den Grund gehen. Vielleicht würde diese Aufgabe Katie von ihren düsteren Gedanken ablenken, die sie oft zu bedrücken schienen, seit sie die schreckliche Wahrheit über das sterbende Dorf kannte.
    »Wir müssen die absoluten Zahlen haben«, sagte sie, nachdem er ihr seinen Verdacht geschildert hatte. Ihre Messungen hatten sich bisher vorwiegend auf die prozentualen Anteile, auf relative Zahlen beschränkt. Sie sahen die im PC archivierten Protokolle der letzten paar Wochen nochmals durch und erstellten eine neue Zeitreihe, welche die Entwicklung der in den Fallen gefangenen Mückenbestände aufzeigte. Sie hatten diese absoluten Zahlen zur Berechnung der Plasmodienkonzentration benötigt und glücklicherweise ebenfalls aufbewahrt. Schon bevor Paul die lange Zahlenreihe in eine übersichtliche Grafik umgewandelt hatte, sahen sie, dass Pauls Vermutung richtig war. Die Zunahme des Mückenbestands war nicht zu übersehen, und was sie noch mehr beunruhigte, war, dass sich diese Zunahme in den letzten Tagen deutlich beschleunigt hatte. Keine Spur einer Abflachung des Trends war zu erkennen. Das Gegenteil war der Fall. Als sie die bereits berechnete Entwicklung des prozentualen Anteils von gutartigen Mücken, also der Insekten mit synthetischem Gen, in die gleiche Grafik einblendeten, sahen sie in aller Deutlichkeit, wie der Bestand an gefährlichen Mücken rasch zunahm.
    Katie sah ihren Kollegen nachdenklich an und sagte schließlich mit müder Stimme: »Das lässt wohl nur einen Schluss zu, nicht wahr?«
    Paul nickte langsam, schaute sich die deprimierende Auswertung nochmals an, als würde sie durch längeres Hinsehen besser. Wenn diese Zahlen stimmten, und

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