Nebenwirkungen (German Edition)
muss man sich erst verdienen«, brummte Robert ernst. »Aber wir wollten über BiosynQ und Botswana sprechen. Ihr Mitarbeiter sprach am Telefon von einer Recherche über die Tätigkeiten dieser Firma.«
»Das stimmt so nicht ganz. Wir bereiten einen größeren Bericht über die Chancen und Risiken der modernen Biotechnologie vor. Bei dieser Arbeit sind wir auf den Feldversuch der Universität Heidelberg gestoßen. Dadurch kam BiosynQ mit ihrem Testgelände ins Spiel. Einer unserer Mitarbeiter ist erst an der Pressekonferenz in Paris auf den Fall Marchand aufmerksam geworden.«
Robert schaute eine Weile nachdenklich dem schnurrenden Kater zu, wie er sich bei seiner Besucherin einschleimte. Dann begann er, über die Erlebnisse und Beobachtungen bei seinem Besuch in der alten Mine zu berichten. Seine präzise Schilderung der trostlosen Zustände im sterbenden Dorf, der Hilflosigkeit und schließlich der ohnmächtigen Wut, die ihn angesichts dieser bedauernswerten Kinder erfüllte, jagten Samantha kalte Schauer über den Rücken. Als er geendet hatte, schwiegen beide eine lange Zeit.
»Die versuchen offensichtlich eine gigantische Schweinerei zu vertuschen, und ich fürchte, es wird der noblen Firma auch gelingen. Hieb- und stichfeste Beweise müsste man haben«, sagte Samantha schließlich bitter.
»Beweise gibt es. Jedenfalls sind es in meinen Augen Beweise«, antwortete Robert, während er sich am Schreibtisch zu schaffen machte. Er suchte die Unterlagen, die er aus Marchands Mappe kopiert hatte. Nachdem er jedes Schubfach und jede Ablage zweimal durchwühlt hatte, blickte er sich ratlos im Zimmer um, trat an die Bücherwand und drehte auch dort jedes lose Blatt um. Nichts. Das Dossier blieb unauffindbar.
»Ich verstehe das nicht«, brummte er ärgerlich. »Ich hätte schwören können, die Papiere ins oberste Schubfach gelegt zu haben.«
»Papiere?«
Er beschrieb ihr, was er in der Tasche gefunden hatte, worauf sie seinen Ärger sehr gut verstand. »Und Sie haben keine weiteren Unterlagen zu dem Fall?«, fragte sie ohne große Hoffnung.
»Warten Sie. Natürlich, ich bin ein Dummkopf; zerstreut, wie Mrs. Carvalho bereits scharf beobachtet hat.« Er stöberte erneut in der obersten Schublade und hielt kurz darauf hoch erfreut ein kleines schwarzes Buch in der Hand. »Marchands Tagebuch.«
Samantha war erregt aufgesprungen, was Mr. Hobbes veranlasste, sich unter lautem Protest auf seine Decke zurückzuziehen. Sie schlug das Buch auf und überflog die ersten Seiten.
»Sprechen Sie französisch?«, fragte sie, während sie weiter blätterte.
»Leider nicht, doch zusammen mit dem verschwundenen Dossier und mit Hilfe eines Kollegen von der Universität hat sich für mich ein recht klares Bild ergeben. Ich bin überzeugt, dass die Unterlagen meinen Verdacht bestätigen.«
Samantha hatte ihm nur mit halbem Ohr zugehört. Das Buch nahm ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie verstand zwar nur Bruchteile des Inhalts, doch dafür hatte sie genau den richtigen Mann in ihrem Team. Bastien war Franzose.
»Darf ich das Buch kopieren?«
»Nehmen Sie es mit. Bei Ihnen ist mit Sicherheit besser aufgehoben als bei einem zerstreuten Professor.«
Samantha bedankte sich schmunzelnd. Mrs. Carvalhos Kommentare schienen eine nachhaltige Wirkung auf diesen Mann auszuüben. Sie hatte nun erstmals etwas Brauchbares in der Hand, das die früheren Ereignisse in Botswana zu dokumentieren schien. Doch was hatte das alles mit ihrem Bericht über die Malariabekämpfung zu tun?
»Es gibt hier offensichtlich zwei ganz unterschiedliche Probleme. Einerseits die missglückte Aids-Forschung von BiosynQ, andererseits die aktuellen Versuche der Malariabekämpfung mit Methoden der synthetischen Biologie, die gründlich aus dem Ruder zu laufen scheinen.« Robert sah sie verständnislos an. Er hatte die Erfolge des Heidelberger Teams mit eigenen Augen gesehen. Er wusste nichts von einem Fehlschlag, doch Samantha klärte ihn rasch auf. Bedauernd fügte sie am Schluss hinzu: »Auch in diesem Fall fehlen uns leider schlüssige Beweise. Mein Kollege Kyle Randolph kam jedenfalls mit ziemlich abgesägten Hosen von seinem Besuch bei Professor Wolff zurück. Sie hat unsere Argumentation mit wenigen Worten nett aber bestimmt in der Luft zerrissen.«
»Ich hoffe, Sie bleiben trotzdem an der Sache dran«, bemerkte Robert und schaute ihr gespannt in die Augen. Er erinnerte sich wieder an die ersten Worte, die Marchand ihm zugeflüstert hatte: das Risiko
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