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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Mann wieder abreisen würde. Er atmete erleichtert auf, als er sich wieder auf den Weg machte. Sie hatten Nyack gerade noch rechtzeitig weggebracht, denn Nils' Geländewagen stand vor dem blauen Haus, als er zur Mine zurückkehrte. Nils hörte sich Roberts nüchternen Bericht über die Ereignisse im nun zerstörten Dorf mit unbewegter Mine an, während Katie teilnahmslos in der Ecke saß. Paul beobachtete seine Kollegin mit zunehmender Besorgnis. Sie schien einem Zusammenbruch nahe.
    »Was ich nicht verstehe ist, weshalb jemand einen solchen Aufwand betreibt, um ein halb verfallenes Dorf auszuradieren. Es riecht förmlich danach, dass hier eine Ungeheuerlichkeit mit einer Gräueltat verschleiert werden sollte«, bemerkte Robert am Ende seiner Schilderung. Unauffällig beobachtete er die Reaktion seines Zuhörers, doch dessen Gesichtsausdruck zeigte kaum eine Regung, höchstens einen leisen Anflug von Betroffenheit.
    »Gesindel, elende Banditen«, brummte Nils ärgerlich. »Es gibt immer noch versprengte Banden, oft ehemalige Söldner, die alles mitlaufen lassen oder sinnlos zerstören, was ihren Weg kreuzt. Leider ist die Beschaffung von Waffen aller Art in dieser Gegend kein großes Problem. Die Waffenhändler im zivilisierten Norden lassen grüssen.«
    »Wem sagen Sie das«, bemerkte Robert nachdenklich. Entweder hatte der Mann von BiosynQ wirklich nichts mit der Tragödie zu tun, oder er war ein vorzüglicher Schauspieler; ein Pokerspieler wohl eher.
    »Ich werde mich morgen mit den Behörden in Gaborone in Verbindung setzen. Unsere Firma hat gute Kontakte. Die Hoffnung ist zwar gering, dass der Vorfall je aufgeklärt wird, aber versuchen müssen wir es. Zur Sicherheit werde ich den Tatort selbst untersuchen und mit unseren Mitteln dokumentieren.«
    »Gut, aber ich meine, dass Sie den früheren Brand der alten Anlage in die Untersuchung einbeziehen sollten. Vielleicht gibt es Gemeinsamkeiten; vielleicht waren es die gleichen Leute«, warf Paul ein, wobei er Nils herausfordernd in die Augen blickte. Der verzog den Mund zu einem gezwungenen Grinsen, als er antwortete.
    »Klar. Ist schließlich mein Job.«
    Durch die tragischen Ereignisse hatten Paul und Katie während der letzten zwölf Stunden keine Sekunde an ihre eigentliche Arbeit gedacht. Höchste Zeit, die Testserie mit den modifizierten Mücken, der S110-Population, wie ihre Chefin sie treffend nannte, vorzubereiten. Paul setzte sich zu Katie und begann, den Plan für die nächsten Tage zu besprechen. Er hoffte, sie so aus der unheilvollen Lethargie zu befreien.
Heidelberg
     
    Unerhörtes tat sich in letzter Zeit in der kleinen, wohldefinierten Welt der Studenten und Assistenten der biologischen Fakultät. Ein dramatischer Klimawandel hatte die Eiszeit hinweggefegt und geradezu mediterrane Verhältnisse geschaffen, denn die Wolff, wie Heike allgemein kurz und ehrfürchtig genannt wurde, schien dauerhaft gut gelaunt zu sein. Das hieß keineswegs, dass sie toleranter gegenüber Fehlern oder ungenauer Arbeit geworden wäre, doch ihr Tadel fühlte sich nicht mehr wie ein glatter Schnitt durch die Kehle an, sondern man konnte ihn schon beinahe als konstruktive Kritik verstehen. Dieser paradiesische Zustand hielt nun schon einige Wochen an, weshalb vor allem die älteren Semester dem Frieden nicht mehr recht trauen wollten.
    Heike hingegen kümmerte sich nicht um das Klima an der Fakultät. Sie war das Klima. Dass ihr die Arbeit seit der ungestümen Nacht mit dem etwas tapsigen Engländer und seinem hinreißend knackigen Po leichter fiel, war ihr nicht aufgefallen. Doch nicht nur Kyle war der Grund ihrer beschwingten Stimmung, sondern vor allem die Tatsache, dass sich die neue Testreihe in Botswana als voller Erfolg herausstellte. Sie erhielt nun regelmäßig Proben aus der Versuchsanlage, und die neusten Ergebnisse bestätigten die Vorhersagen des Modells vollständig. Die Vererbung verlief sehr stabil in der S110-Population und der Anteil ungefährlicher Anophelesmücken wuchs wie geplant. Endlich sah Heike Licht am Ende des Tunnels. In wenigen Wochen würden ihre Leute das Experiment erfolgreich beenden. Die Aussicht auf das baldige Ende des Feldeinsatzes hatte wohl auch Katie wieder Auftrieb gegeben. Heike konnte verstehen, dass sie die seltsamen Ereignisse rund um die alte Mine mitgenommen hatten. Die Situation hatte wohl auch eine Art Lagerkoller bei ihr ausgelöst, doch schien sie den nun überwunden zu haben. Heike glaubte, dass die Anwesenheit des

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