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Nebenwirkungen

Nebenwirkungen

Titel: Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Allen
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entfallen, allerdings war mein Verstand wohl ziemlich mitgenommen, als ich zwei Monate später in Beverly Hills beim Versuch verhaftet wurde, eine Auster zu ehelichen.
    Nach meiner Entlassung aus dem Polizeigewahrsam verlangte es mich nach ein wenig innerem Frieden, denn ich wollte versuchen, mir zu erhalten, was von meiner angegriffenen Gesundheit noch übrig war. Mehr als einmal war ich auf der Straße von eifrigen Sektenpredigern aufgefordert worden, mein Glaubensheil bei Reverend Chao Bok Ding zu suchen, einem mondgesichtigen Erwählten, der die Lehren Laotses mit der Weisheit Robert Vescos verband. Ein schönsinniger Mann, der allem weltlichen Besitz entsagt hatte, der den von Charles Foster Kane überstieg, verkündete Reverend Ding seine zwei bescheidenen Ziele. Das eine war, allen seinen Anhängern die Bedeutung des Gebets, des Fastens und der Brüderlichkeit einzutrichtern, das andere, ihr Anführer in einem Glaubenskrieg gegen die NATO - Staaten zu sein. Nachdem ich an mehreren Predigten teilgenommen hatte, kam ich dahinter, daß Reverend Ding Wert auf roboterhafte Unterwerfung legte und auf jedes Nachlassen religiöser Inbrunst mit hochgezogenen Augenbrauen reagierte. Als ich äußerte, ich hätte den Eindruck, die Anhänger des Reverend würden von einem verbrecherischen Marktschreier systematisch in geistlose Trottel verwandelt, wurde das als Kritik aufgefaßt. Augenblicke später wurde ich an meiner Unterlippe im Geschwindmarsch in einen Erbauungstempel geführt, wo unerschütterliche Jünger des Reverend, die Sumo-Ringkämpfern glichen, mir nahelegten, ich solle meine Einstellung ein paar Wochen lang ohne so bedeutungslose Zerstreuungen wie Wasser oder Brot überdenken. Um des weiteren das allgemeine Gefühl der Enttäuschung über meine Haltung zu verdeutlichen, wurde mir eine mit Vierteldollars gefüllte Faust mit pneumatischer Regelmäßigkeit aufs Zahnfleisch gedonnert. Ironischerweise war das einzige, was mich davor bewahrte, verrückt zu werden, die ständige Wiederholung meines persönlichen Mantras, das "Hussassa" lautete. Schließlich gab ich dem Terror nach und fing an zu halluzinieren. Ich erinnere mich, daß ich Frankenstein mit einem Hamburger auf Schiern durch Covent Gardens bummeln sah. Vier Wochen später erwachte ich ziemlich okay in einem Krankenhaus, abgesehen von ein paar blauen Flecken und der festen Überzeugung, daß ich Igor Strawinsky sei. Ich erfuhr, Reverend Ding sei von einem fünfzehnjährigen Maharischi wegen der Streitfrage verklagt worden, wer von ihnen denn nun wirklich Gott sei und folglich das Recht auf Freikarten für Loew’s Orpheum habe. Das Problem wurde schließlich mit Hilfe des Betrugsdezernats gelöst, das beide Gurus verhaftete, als sie versuchten, sich über die Grenze nach Nirvana, Mexiko, abzusetzen.
    Mittlerweile hatte ich, obgleich körperlich unversehrt, die psychische Ausgeglichenheit Caligulas und meldete mich in der Hoffnung, meinem zerrütteten Gemüt wieder aufzuhelfen, freiwillig zu einer Therapie mit der Bezeichnung PET -Perlemutters Ego-Therapie, benannt nach ihrem charismatischen Begründer, Gustave Perlemutter. Perlemutter war früher mal Jazz-Saxophonist gewesen und erst spät an die Psychotherapie geraten, aber seine Methode hatte viele berühmte Filmstars angelockt, die schworen, sie seien dadurch viel schneller und tiefgreifender verändert worden als selbst durch das Horoskop im Cosmopolitan.
    Eine Gruppe von Neurotikern, von denen die meisten mit konventionelleren Behandlungen Schiffbruch erlitten hatten, wurde zu einem reizenden ländlichen Bad gefahren. Ich nehme an, mich hätten der Stacheldraht und die Schäferhunde etwas argwöhnisch machen sollen, aber Perlemutters Gehilfen versicherten uns, das Geschrei, das wir hörten, sei lediglich ein Anfangssymptom. Wir wurden gezwungen, zweiundsiebzig Stunden hintereinander ohne Pause kerzengerade auf Stühlen mit harten Lehnen zu sitzen, und als unsere Widerstandskraft nach und nach zusammenbrach, dauerte es gar nicht lange, bis uns Perlemutter Teile aus "Mein Kampf" vorlas. Im Laufe der Zeit wurde klar, daß er ein ausgewachsener Psychopath war, dessen Therapie darin bestand, uns ab und zu "Nur Mut!" zuzurufen.
    Ein paar von den Enttäuschteren versuchten, sich davonzumachen, stellten aber zu ihrem Kummer fest, daß die Grundstückszäune elektrisch geladen waren. Obwohl Perlemutter betonte, er sei Seelenarzt, bemerkte ich, daß er ständig Telefonanrufe von Yassir Arafat erhielt, und

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