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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ohne sie zu vollziehen. Denkt an eure Narben.«
    Die Archäologin schien immer noch nicht überzeugt. »Glaubt ihr wirklich, sie planen, einen Dämon auf die Welt loszulassen? Das ist doch alles Quatsch. Ich kann das nicht glauben - trotz eurer furchtbaren Vergangenheit und trotz der Dinge, die ich gesehen habe. Es ist einfach ... nicht möglich.« »Verstehst du nicht, Hannah?«, sagte Michael. »Ich weiß es. Wir wissen es. Wir drei spüren es mit jeder Faser unserer Existenz. Wir stehen morgens mit diesem Wissen auf und schlafen abends mit ihm ein. Es ist ein Teil unseres Lebens geworden. Es hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind.« Er deutete auf seine Freunde. »Damals ist etwas geschehen, was sich nicht mit Wissen und Erfahrung erklären lässt. Etwas, was unserem Glauben an die Naturwissenschaften diametral entgegensteht. Ich sage dir, Hannah: Es wird eine Anrufung geben, und sie wird erfolgreich sein, du wirst es selbst erleben. Doch dann ist es zu spät.«
    Hannah sagte kein Wort mehr. Schweigend stand sie da, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte zu Boden. Cynthia reckte ihr Kinn vor. »Was ist denn mit den Wolfswächtern? Hast du darüber etwas herausgefunden?« Michael nickte grimmig. »Diese Wesen sind in der Tat interessant«, sagte er. »Ich habe einige Zeit damit verbracht, Hinweise über sie in Geschichtsbüchern und alten Dokumenten zu finden. Es ist erstaunlich, was man in normalen Büchern darüber so alles findet. Legenden über Menschen, die sich in Tiere verwandeln können, gibt es quer durch die gesamte Menschheitsgeschichte und rund um den gesamten Erdball. Nur mal ein Beispiel: Sagt euch der Begriff Skinwalker etwas?« Karl runzelte die Stirn. »Skinwalker? Habe ich schon mal gehört. Ein indianischer Begriff, glaube ich.« »Nach einer Legende der Hopi, Navajo und Mohawk sind Skinwalker Menschen, die die übernatürliche Fähigkeit besitzen, sich nach Belieben in Tiere verwandeln zu können, vorzugsweise in Wölfe. Ein anderes Beispiel: In der nordischen Mythologie tauchen ähnliche Wesen auf. Dort heißen sie Ulf heönar, was man mit Wolfsfille übersetzen kann. Manchmal verwandeln sie sich auch in Bären. Die norwegische Bezeichnung dafür lautet Ber Sakur, der Ursprung unseres Wortes Berserker. Was für uns aber am wichtigsten ist, ist ein Hinweis, den ich in Büchern über das versunkene Babylon gefunden habe.«
    Er öffnete ein Buch mit vielen Abbildungen mesopotamischer Stelen und Reliefs. Auf einigen waren Geschöpfe zu sehen, die man mit viel Phantasie für Wölfe halten konnte. Bucklige, zerzauste Gestalten, die sich in der Nähe von Dämonen oder anderen dunklen Gottheiten aufhielten. »Das ist es, womit wir es zu tun haben«, sagte er und tippte auf das Papier. »In den alten Schriften werden sie als Hyena bezeichnet. Sie sind die Diener des obersten Winddämons. Halb Mensch, halb Tier, sind sie dazu verdammt, für alle Ewigkeit in einer Welt zwischen Tag und Nacht zu wandeln. Eine Art babylonisches Pendant zu unseren Werwölfen. Und genau damit scheinen wir es hier zu tun zu haben.« Er reckte sein Kinn vor. »Ich glaube, dass der Schamanenzirkel über das uralte Wissen verfügt, wie man Menschen in Tiere verwandelt.« Die Archäologin nickte. »Vermutlich mittels Einnahme von Drogen. Die Polizei hat in dieser Richtung Laboruntersuchungen angeordnet. Pechstein vermutete, es könne sich um eine spezielle Pilzart handeln.« Karls Kopf fuhr hoch. »Ludwig Pechstein?« Michael nickte. »So ist es. Unser alter Freund ist wieder da. Die aktuellen Ereignisse scheinen sein Interesse neu entfacht zu haben. Ihr wisst, was er für ein zäher Bursche ist. Wir müssen also vorsichtig sein.«
    Er sah einem nach dem anderen in die Augen, dann sagte er: »So sieht's aus. Das ist alles, was ich weiß. Jetzt liegt es an euch. Ihr seid meine ältesten und besten Freunde. Ich kann euch nicht zwingen, mir zu helfen, ich kann euch nur bitten.
    Lasst uns den Eingang in die Unterwelt finden und diesem Treiben ein Ende machen.«
    »Aber wie?« Karl deutete in die Runde. »Wir sind nur zu dritt; vier, wenn Hannah mitmacht. Wie sollen wir es mit einer ganzen Sekte aufnehmen, geschweige denn mit diesen Kreaturen?«
    »Stromberg hat Leute, die für solche Einsätze ausgebildet wurden«, entgegnete Michael. »Er hat uns uneingeschränkte Hilfe zugesagt. Ich brauche nur eine bestimmte Nummerntaste auf dem Handy zu drücken, und ein paar Stunden später steht die Kavallerie vor der Tür. Alles,

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