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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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engagiert worden, um ein kindgerechtes Ausflugsprogramm mit Höhlenwanderung und Hexensichtung zusammenzustellen, abschließende Einkehr im Souvenirshop inbegriffen. Die Brockenbahn machte Überstunden und fuhr nun alle touristischen Sehenswürdigkeiten in doppelten Schichten an. Ales deutete auf ein spektakuläres und einträgliches Wochenende hin. Wäre da nur nicht dieses merkwürdige Wetter.
    Ein Lichtstrahl schreckte ihn auf. Durch sein Fenster sah er eine Wolkenbank, die von innen heraus zu leuchten schien. Ein Blitz fuhr aus ihrer Unterseite und schlug krachend in die Bergspitze. Das Licht enthüllte eine tief hängende Wolkendecke, in der es nur so brodelte und kochte. Zu allem Überfluss begannen jetzt noch kleine Flocken vor seinem Fenster hin und her zu tanzen. Das Gesicht von Bertram Renz verdüsterte sich. Es hatte zu schneien begonnen.
    Ein Erdstoß erschütterte das Innere des Berges. Nur ein leichtes Beben, kaum der Rede wert, aber ein deutliches Signal. Ein Zeichen für den erfolgreichen Abschluss der Rituale. Im Inneren der Höhle spendeten einige Fackeln trübes Licht. Der Schamane schlurfte vom einen Ende der Höhle zum anderen, bemüht, die Schale mit gereinigtem Wasser nicht fallen zu lassen. Seine gebeugte Haltung ließ darauf schließen, dass er am Ende seiner Kräfte war. Ein nicht enden wollender Tag lag hinter ihm, ein Tag des Bangens und Hoffens. Alle zweiunddreißig Energiepunkte hatte er aufgesucht, um dort die notwendigen Opfer zu bringen. Die sieben wichtigsten Punkte, die Plejaden, diejenigen, die direkt auf dem heiligen Berg lagen, hatte er sich bis zuletzt aufgehoben. Hier befanden sich die stärksten Quellen. Zentren von solch reiner Energie, dass es eines wahren Meisters bedurfte, um ihre Kraft zu bändigen. Sie entsprachen den sieben Chakren des Menschen. Das Kronenchakra, das Stirn-, Hals- und Herzchakra, das Chakra des Solarplexus, das Sakral- und das Wurzelchakra. Der Berg war wie ein lebendes, atmendes Wesen mit einer Seele, dessen vier Energiekörper durch spezielle Pforten markiert wurden, eine in jede Himmelsrichtung.
    Er stellte die Schale ab und vollführte ein letztes Ritual. Einmal noch sang er die Beschwörungsformel, einmal noch faltete er die Hände und verbeugte sich in die vier Himmelsrichtungen, ein letztes Mal noch schnitt er sich ins Fleisch und ließ ein paar Tropfen Blut auf das schwarze Gestein tropfen. Dann war es vollbracht. Der Altar war präpariert, die Vorbereitungen, soweit sie ihn betrafen, vollendet. Fehlte nur noch das letzte Siegel.
    Ein weiteres schwaches Beben erschütterte die Höhle. Der Schamane spitzte die Ohren. Was immer sich aus den Tiefen der Welt seinen Weg nach oben ans Licht bahnte, es wurde langsam ungeduldig.
    Jetzt hing alles von der Seherin ab. Würde sie die Wächter dazu bringen können, ihren Auftrag auszuführen? Dies war die letzte und entscheidende Hürde. Ohne das vierte Siegel würde sich der Gepriesene nicht vollständig erwecken lassen. Ohne das fehlende Symbol würde die Zeremonie scheitern, wie so viele Male zuvor.
    Der Schamane ging in den hinteren Teil der Höhle, dorthin, wo sich die Wächter versammelt hatten. Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken. Er hasste diese Kreaturen, sie waren ihm zutiefst zuwider. Der Gestank, der von ihnen ausging, war kaum auszuhalten. Die Biester hatten die unangenehme Eigenschaft, alles mit ihrem Kot zu beschmieren. Damit markierten sie ihr Territorium. Hinzu kam, dass sie sich von einer Substanz ernährten, die den Gestank noch verschlimmerte. Eine Art Höhlenpilz, der in bestimmten Regionen des Berges an den Wänden wucherte. Dieser Pilz war es, der ihnen ihre enormen Kräfte verlieh. Er war es, der sie zu dem hatte werden lassen, was sie waren. Seit ihrer Geburt lebten sie hier unten, an der Seite der Seherin. Er hasste die Art, wie sie sich bewegten, wie sie fraßen und wie sie ihn ansahen. Alles an ihnen war unnatürlich, als wäre dem Schöpfer bei seinem Werk ein Fehler unterlaufen. Durch und durch bösartige Geschöpfe, die nur durch Stärke und Willenskraft zu kontrollieren waren. Der Schamane hatte die Absperrung erreicht. Ein Teil der Höhle war mit kräftigen Fichtenstämmen abgeteilt worden. Eine Tür mit einem starken Schloss war der einzige Zugang. Nicht, dass die Wächter diese Barrikade nicht einreißen könnten, aber sie akzeptierten ihren Platz und wagten nicht, den heiligen Bereich mit ihrer Unreinheit zu beschmutzen. Sie wussten, welche Strafen auf sie warteten,

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