Necare (Verlangen) (German Edition)
Fröschen und spürte, wie sich die Kälte allmählich in meine Knochen fraß.
„Du weißt
deinen Text?“, fragte er mich.
Ich nickte.
„Gut, dann
viel Spaß. Um halb sieben kannst du zurückgehen. Dann ist der Waldlauf vorbei
und auch die Letzten sind am Ziel angekommen.“ Mit diesen Worten ließ er mich
schließlich alleine. Ich seufzte und begann durch das kalte Wasser zu waten.
Ich spürte, wie der matschige Boden an meinen Stiefeln sog, doch mit einem
schmatzenden Geräusch bekam ich sie dann doch wieder frei. Ich setzte mich auf
den Baumstumpf und wartete. Meine Füße waren natürlich nass; die Strümpfe
klebten wie eine feuchte Haut an mir und halfen nicht, mich warmzuhalten. Ich
versuchte sie zu bewegen; allein um zu spüren, dass sie noch da waren. Sie
fühlten sich so eisig an; aber ich fror im Grunde am ganzen Körper. Ich hoffte
inständig, dass die Zeit schnell vorübergehen würde und ich möglichst wenigen
begegnete, die ich kannte. Über meine Freundinnen würde ich mich natürlich
freuen. Vielleicht konnten sie mir etwas Gesellschaft leisten. Allerdings hatte
sich Shadow bereits im letzten Jahr geweigert, in den Sumpf zu gehen. Thunder
war zwar gegangen, doch das sprach eher dafür, dass sie dieses Jahr nicht
wieder dasselbe machen würde.
Ich hörte ein
Geräusch und sah eine Gruppe jüngerer Mädchen auf mich zukommen. Sie flüsterten
aufgeregt miteinander und kicherten unentwegt. Plötzlich schrie eine von ihnen
erschrocken auf, als ihr Blick auf mich fiel. Danach lachte sie verlegen.
Ich erhob
mich und begann meinen Text aufzusagen: „Willkommen im Sumpf der Namenlosen.
Wie ihnen wird es auch euch ergehen. Die Kreaturen, die hier hausen, werden euch
jagen und immer tiefer in das Wasser treiben, bis ihr gefangen seid und in eurem
kalten Grab versinkt. Doch glaubt mir: Lange bleibt ihr nicht allein.“ Ich
versuchte das Kichern nachzuahmen, das Tigris mir zigmal vorgemacht hatte. „Um
euer Ende ein wenig hinauszuzögern, gebe ich euch einen Hinweis: Haltet euch
immer an den rechten Pfad, dann habt ihr vielleicht eine kleine Chance.“ Ich
versuchte nochmals zu kichern, doch die Mädchen hörten mir längst nicht mehr
zu. Sie gingen weiter und ich blieb in dieser eisigen, nasskalten Hölle zurück.
Wenigstens
würden mich keine Kreaturen angreifen. Der Bann, der auf ihnen lag, zwang sie
dazu, uns Helfer in Ruhe zu lassen.
Ich rieb
meine Hände aneinander und versuchte sie warm zu bekommen. Da hörte ich erneut
Geräusche. Dieses Mal kam ein junger Mann auf mich zu, betrachtete mich kurz
und begann zu lachen. „Mann, du siehst ja echt beschissen aus.“
Ich versuchte
seinen Kommentar zu ignorieren und begann erneut meinen Text aufzusagen: „Spar
dir das! Dein dämliches Gestammel hält mich nur auf und interessiert mich
ohnehin nicht.“ Damit wandte er sich ab und eilte davon.
So ein Idiot!
Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, riss ich meinen Arm empor und
wirkte einen Zauber. Sofort hob sich eine Wurzel, so dass der Kerl an ihr hängen
blieb, stolperte und vornüber auf den Boden krachte. Ich musste mir das Lachen
verkneifen, als er sich aufrappelte und mich wütend mit seinem
dreckverschmierten Gesicht anblitzte. Er sah kurz zu der Wurzel und war sich
wohl nicht sicher, ob er es sich selbst zu verschreiben hatte, gestolpert zu
sein oder mir.
„Tja, Laufen
will gelernt sein“, erwiderte ich und grinste.
Er zischte
mir ein paar Schimpfworte entgegen und eilte davon. Das hatte wirklich gut
getan und mich ein wenig aufgemuntert. Kurze Zeit später sah ich auf meine Uhr:
Erst eine halbe Stunde vorüber.
In der nächsten
Zeit kamen kleinere Gruppen oder einzelne Personen an mir vorbei. Inzwischen
war ich schon so weit, dass ich mich darüber freute. Alles war besser, als hier
alleine herumzusitzen und die Kälte und Nässe in sich kriechen zu spüren. Allmählich
kamen jedoch merklich weniger. Wie ich aus den Gesprächen der Leute hatte
entnehmen können, führte ein Weg wohl direkt in den Sumpf, ein anderer über
Umwege. Jetzt würden wohl nur noch die aus der letzten Gruppe zu mir kommen. Da
dieser an einigen Kreaturen mehr vorbeiführte, würden das wohl allerdings nicht
mehr allzu viele sein. Diesen nahmen ohnehin nur Schüler, die eine möglichst
hohe Punktzahl erreichen wollten, um einen der ersten Preise zu bekommen.
Ich schlang
erneut die Arme um mich und versuchte zu verhindern, dass meine Zähne klappernd
aufeinanderschlugen. Ich rieb die Hände und
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