Necare (Verlangen) (German Edition)
hören,
wusste ich plötzlich, was in ihm vorging und was er vorhatte, zu tun. Er hatte
den Occasus gesehen, wusste, wer er war und wollte sich ihm stellen. Er wollte
allen beweisen, seinem Vater voran, dass er seine Aufgabe erfüllen und ein Extaldri
werden würde. Er würde es sein, der den Occasus vernichtet und von da an musste
jeder erkennen, was tatsächlich in ihm steckte. Darum trainierte er von da an
wie ein Besessener, löste sich von seinen Freunden und alldem, was seine
Bedeutung verloren hatte. Es zählte nur noch eins: Stark genug werden, um den
Occasus zu besiegen und endlich die Anerkennung zu ernten, die ihm zustand…
Ich folgte
Duke, der weiterrannte und plötzlich begann der Raum sich um uns zu verändern,
doch ihn schien das nicht aufzuhalten. Er eilte weiter und allmählich bildete
sich ein anderer Gang. Sovereign tauchte auf. Er schritt vor Duke her, der ihm
nacheilte.
„Vater,
bitte!“, rief er.
Ich hatte
diese Szene schon einmal gesehen. Damals hatte ich die beiden zusammen mit
Faith beobachtet. Nur war das hier ein paar Minuten früher.
„Nein! Du
wirst mit nach Hause kommen. Ich gehe nicht das Risiko ein, dass sich hier wirklich
der Occasus befindet. Du wärst ein gefundenes Ziel für ihn und das riskiere ich
nicht! Du bist der einzige Erbe, den ich habe und alle erwarten, dass aus dir
ein starker Extaldri wird.“
„Du musst
mich einfach hier lassen.“
„Warum sollte ich?! Du kannst dich nicht wehren, falls er dich angreifen
sollte!“
Duke blieb
abrupt stehen. „Jetzt hör mir endlich zu!“, schrie er seinen Vater an.
Der drehte
sich nur drohend um und brüllte zurück: „Ich habe dir meine Meinung dazu gesagt
und erwarte, dass du mir gehorchst! Du kehrst augenblicklich zurück, hast du
verstanden?!“
„Ich kann
aber noch nicht!“
„Verstehst du
nicht, dass du dich in höchster Gefahr befindest?! Du hast noch eine wichtige
Aufgabe zu erfüllen, viele zählen auf dich, haben lange darauf gewartet, dass
du sie endlich erfüllst! Du wirst zurückkehren, keine Widerrede!“
Diesen Teil
des Gesprächs hatte ich damals mitbekommen und die völlig falschen Schlüsse
daraus gezogen. Diese Erkenntnis lief mir siedendheiß durch die Adern. Wir
hatten falsch gelegen!
„Ich habe den
Dämon getötet!“, rief Duke und ich wusste, dass es eine Lüge war, die er nur
erzählte, um seinen Vater davon zu überzeugen, ihn hierzulassen.
Wieder
umfasste mich dieses gleißend helle Licht, während ich in die reale Welt
zurücktauchte.
Die Visionen
konnten nur den Bruchteil einer Sekunde gedauert haben, denn mein Körper führte
gerade die letzte Bewegung aus, um den Stoß abzufangen, den Duke mir kurz zuvor
verpasst hatte. Zum Glück benutzte ich inzwischen den Zauber, der meine Augen
färbte, so dass von der Veränderung nichts zu sehen war.
Meine
Freundinnen hielten Duke fest und waren entschlossen, ihn nicht entkommen zu
lassen.
„Wir wissen,
dass du der Occasus bist!“, brüllte Céleste ihn an.
„Nein, ist er
nicht“, sagte ich.
Meine Freundinnen
sahen mich überrascht an, doch da hörten wir dieses Kichern. Faith stand an der
Brüstung und starrte mit weit aufgerissenen Augen hinab. Sie gluckste erfreut
und auf ihren Lippen lag ein seltsames Lächeln. Es wirkte so anders… gar nicht
süß und unschuldig wie sonst… es kam aus ihrem tiefsten Inneren und wirkte…
gefährlich.
„Endlich ist
es soweit!“, wisperte sie. „Ich kann es spüren. Die Kraft, die immer weiter
nach oben strömt. Er kann es nicht mehr unterdrücken. Es ist vorbei!“ Sie
lachte schrill, während sich ihre Hände um das Geländer krallten und sie mit
irrem Blick nach unten starrte. Meine Freundinnen und ich sahen nun ebenfalls
hinab. Die meisten beobachteten uns noch immer. Wir hatten offensichtlich für
ganz schönes Aufsehen gesorgt. Kein Wunder, so laut wie wir geschrien hatten. Ausgerechnet
Duke! Wir hatten den Grafensohn beschuldigt, der gefährlichste aller Dämonen zu
sein.
Eine Person
fiel mir sofort ins Auge. Sie versuchte, sich von dem Geschehen zu entfernen;
stolperte mehr, als dass sie ging. Schmerz verzog das Gesicht.
Der
Gejagte
Er hatte solche Schmerzen! Das Blut
kochte in seinen Adern, während das Gift jeden seiner Nerven zu zerfetzen
drohte. Er musste hier weg. Es durfte nicht jetzt geschehen! Schon gar nicht
hier! Mit stolpernden Schritten schleppte er sich weiter; bekam keine Luft mehr
und fühlte, wie dieses Ding in ihm sich immer mehr an die Oberfläche
Weitere Kostenlose Bücher