Necare (Verlangen) (German Edition)
darum.
Ventus
schüttelte jedoch verneinend den Kopf. „Nein, es ist besser, wenn dich jemand
begleitet. Zeigen Sie ihr ruhig alles. Ich habe heute noch einiges zu tun. Ich
wäre Ihnen darum sehr dankbar, wenn Sie sie danach zu mir nach Hause zurück bringen
könnten.“
„Das mache ich gerne.“ Mit einem zufriedenen Ausdruck wandte er sich mir zu.
„Folgen Sie mir bitte.“
Das waren ja
tolle Aussichten. Er hatte also wieder keine Zeit für mich und schob mich bei
der ersten Gelegenheit ausgerechnet an diesen Vollidioten ab. Ein Blick auf
Repere genügte und ich hätte dem Kerl am liebsten sein dämliches Grinsen aus
dem Gesicht gefegt, doch ich versuchte, mich zusammen zu reißen.
Als er die
Türschwelle berührte, erschien erneut die leuchtende Fläche. Er trat darauf und
streckte mir die Hand entgegen. Ich sah ihn verblüfft an. Er wollte doch wohl
nicht ernsthaft, dass ich zu ihm auf dieses schmale Ding trat?! Ich konnte mir
momentan kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als mich an diesen Kerl pressen zu
müssen.
Ich
schüttelte vehement den Kopf. „Ich rufe mir selbst eine.“
„Ich habe die
Aufsicht über Sie und möchte nicht riskieren, dass Sie sich verletzen. Immerhin
sind Sie die Tochter von Herrn Carter.“
„Force, tu
bitte, was er dir sagt.“
Ich wandte
mich nach Ventus um, doch er hatte nicht einmal den Blick gehoben.
Wahrscheinlich hatte er gar nicht mitbekommen, um was es überhaupt ging. Da ich
scheinbar keine andere Wahl hatte, um aus dem Zimmer zu kommen, trat ich auf
Davis zu und versuchte so viel Abstand wie nur möglich zu halten. Dennoch roch
ich sein widerliches Aftershave, das penetrant stank und indem er gebadet zu
haben schien. Seine schweißigen, feuchten Finger legten sich auf meinen Rücken;
ich spürte die Nässe durch mein Shirt hindurch und musste einen Würgereiz
unterdrücken. Die Fliese war noch nicht auf dem Boden angekommen, da war ich
schon herunter gesprungen. Mich schüttelte es vor Ekel, wenn ich den Kerl nur
ansah.
„Springen Sie
das nächste Mal bitte nicht einfach herunter. Wir wollen doch nicht, dass Ihnen
etwas passiert.“
„Ich kann
schon selbst auf mich aufpassen, danke“, knurrte ich zurück.
Er schien es
vorzuziehen, das Thema zu wechseln: „Folgen Sie mir bitte, ich zeige Ihnen erst
mal die Beschwörungsräume.“
Widerwillig
ging ich ihm nach. Ich konnte diesen Kerl von Minute zu Minute weniger
ausstehen.
„Ihr Vater
ist ein äußerst beeindruckender Hexer. Eine Zeitlang hatte ich erwägt, meine
Ziele zu überdenken und eine Karriere in seiner Abteilung anzustreben. Doch schließlich
hat er mich davon überzeugen können, dass meine Fähigkeiten am besten in der
Forschung zum Tragen kommen.“
Meine Güte,
seine Selbstzufriedenheit stank ja geradezu zum Himmel.
„Ich hatte
bereits in der Schule ein ausgeprägtes Interesse an der magischen Wissenschaft
und wusste sehr früh, dass ich einmal zu den Radrym möchte. Es war nicht immer
einfach; doch ich habe meine Prioritäten gesetzt und schließlich meinen
Schulabschluss mit Auszeichnung bestanden.“ Er blickte mich mit einem
überheblichen Lächeln an. „Auch beim Aufnahmetest der Radrym war ich einer der
Besten. Ich bin mir sicher, dass sich das alles recht bald auszahlen wird.“
Der Kerl war dermaßen
aufgeblasen und von sich selbst überzeugt! Für einen kurzen Moment fragte ich
mich, ob ich nicht versuchen sollte, mich abzusetzen. Immerhin war er so damit
beschäftigt, sich selbst zu loben, dass er es wahrscheinlich gar nicht bemerken
würde. Allerdings kamen wir in diesem Moment an einer Flügeltüre an. Er öffnete
sie und wir gingen hinein. Der Raum war riesig. Boden und Wände waren aus
blankem, grauem Stein; Fenster gab es keine. An mehreren Stellen konnte man merkwürdige
Symbole und Zeichen auf dem Boden erkennen. Darum herum standen jeweils drei
bis vier Hexen und Hexer, die Zaubersprüche formulierten und Fingerzeichen taten.
Der Gruppe ganz links gelang es, auch in diesem Moment etwas zu beschwören.
Mitten auf den Zeichen erschien ein riesiges, schwarzes Ungetüm. Es hatte
mehrere spitze Hörner auf dem Kopf, seine Augen glommen giftgrün, das Maul war
zum Schrei aufgerissen und Speichel tropfte heraus. Seine riesigen Fäuste
zischten durch die Luft und versuchten die Hexen zu treffen, doch er war
gefangen. Die Symbole unter ihm leuchteten und eine grün schimmernde Lichtsäule
baute sich um ihn herum auf. Noch immer tobte die Kreatur, brüllte und schlug
um sich.
Eine
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