Necromancer - The Death of the Necromancer
»Ich habe eine Nachricht.«
Sie sprach leise und mit einem angedeuteten aderanischen Tonfall.
Ein mürrischer Ausdruck zog über das breite Gesicht. »Von wem?« Sein Misstrauen war unverkennbar.
Gerade noch rechtzeitig fiel Madeline ein, dass es schwierig geworden wäre, wenn sie geantwortet hätte: »Vom Doktor.« Denn das hätte im Grunde jeder sagen können, und sie hatte nichts, um diese Behauptung zu belegen. Doch Nicholas befürchtete, dass ein mächtiger Magier in die Sache verwickelt war, und Arisilde hatte diesen Verdacht mit der Entdeckung des verzauberten Spiegels in Octaves Hotelzimmer bestätigt. Also wagte sie einen Schuss ins Blaue. »Vom Freund des Doktors.«
Der Mann blinzelte und wurde richtiggehend weiß um den Mund. Er stieß sich von der Wand ab, und sie schritt voraus zur Treppe.
Als sie die Straße erreichten, machte sie längere Schritte und wandte sich nach ihm um, um ihn zu größerer Eile anzuspornen. Den Kopf hielt sie gesenkt, als hätte sie Angst vor Verfolgern. Prompt beschleunigte er sein Tempo, um nicht zurückzubleiben.
Sie bog in die Gasse und passierte einen an die Wand gekauerten Schatten, der hoffentlich Crack war. Das hintere Ende von Cusards Stallwagen blockierte die Gasse.
Sie drehte sich um und machte eine Geste in Richtung des Wagens, als wollte sie etwas sagen, und der Mann zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. Im selben Moment löste sich Crack lautlos und schnell von der Wand und packte ihn um den Hals, bevor er schreien konnte.
Der Kutscher versuchte, seinen Angreifer abzuschütteln und, als das nicht gelang, ihn gegen die Mauer zu stoßen,
doch Crack ließ nicht los, und das Gerangel machte den Würgegriff nur noch gnadenloser. Die einzigen Geräusche waren das keuchende Knurren des Kutschers und das Scharren der Füße auf den regennassen Steinen.
Madeline beobachtete das Ende der Gasse, doch niemand kam vorbei. Schließlich sackte der Kutscher zu Boden, und sie eilte hin, um ihn gemeinsam mit Crack zum Wagen zu schleppen.
Die Verfolgung eines nervösen Mannes, der zu Fuß unterwegs war, war nicht so einfach, wie die Verfolgung eines nervösen Mannes in einem Vierspänner. Nicholas wies Devis an, mit der Kalesche so weit wie nur irgend möglich zurückzubleiben. Dieses Fahrzeug hatte er ausgewählt, weil es weit verbreitet war und in den Straßen der Stadt nicht weiter auffiel. Doch das machte es auch nicht leichter.
»Ehrlich«, sagte Reynard schließlich, »kannst du nicht lieber rumzappeln, statt dazusitzen wie eine Bombe, die gleich hochgeht?«
»Tut mir leid.« Die Gegend, in die sie vordrangen, entsprach nicht ganz Nicholas’ Erwartungen. Zu beiden Seiten der breiten Straße zogen sich dunkle Gebäude hin, die seltenen Gaslaternen waren eingehüllt in nächtlichen Dunst. Es war ein Geschäftsviertel, in dem untertags reges Treiben herrschte. Doch zu dieser Stunde gab es kaum noch Verkehr. Vielleicht mussten sie sogar aussteigen und die Verfolgung zu Fuß fortsetzen. »Da stimmt doch was nicht.«
»Er hat mich nicht gesehen, und auch wenn er Made line in ihrer Verkleidung bemerkt hat, ist es unmöglich, dass er sie erkannt hat. Ich hätte sie selbst fast nicht erkannt, obwohl ich wusste, was ich zu erwarten hatte.«
»Der Spiegel in Octaves Zimmer.« Nicholas überlegte. »Vielleicht hat ihn sein Zauberer damit gewarnt …«
»Aber woher sollte er was von uns wissen? Meinst du, er verfolgt uns?«
»Wenn ich das wüsste.« Nicholas schüttelte den Kopf. »Am liebsten würde ich die Sache einem anderen übergeben. Das Ganze ist mir zu kompliziert und zu brenzlig, wo ich mich doch eigentlich mit aller Kraft auf meine Pläne gegen Montesq konzentrieren müsste.«
»Je eher das hier vorbei ist, desto besser«, pflichtete ihm Reynard bei. »Ehrlich gesagt, habe ich mich auch schon gewundert, wie der Meisterverbrecher Ile-Riens dazu kommt, sich auf die Jagd nach einem kleinen Gauner und seinem Mörderfreund zu machen, und warum ich dabei noch mitmische.«
»Bitte nenn mich nicht Meisterverbrecher. Das klingt so melodramatisch. Und es stimmt auch nicht. Außerdem hat der Scheißkerl eine von Edouards Kugeln, deswegen will ich ihm an den Kragen.« Er benutzt Edouards Forschungen, um unschuldige Menschen zu töten. Da kann ich nicht tatenlos zuschauen. Wäre Edouard noch am Leben gewesen, hätte er sicher selbst die Verfolgung aufgenommen. Seine Arbeit war nie dazu gedacht gewesen, anderen zu schaden.
Eine Weile blieb Reynard stumm. Das
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