Necromancer - The Death of the Necromancer
Reynard durch die Gasse hastete. Unsere Nachbarn auf der anderen Flussseite würden sich bestimmt über ihre Gesellschaft freuen … Die Antwort war natürlich, dass das hier ein sicheres Slumviertel war, in dem Arbeiter und verarmter Adel wohnten. In Riverside sah das ganz anders aus.
Sie durchquerten den alten Kutschenhof, an dem außer einer belebten Schnapskneipe nur geschlossene Läden lagen. Nicholas hielt vor dem Treppenabsatz des kleinen Hauses und klopfte zweimal an die Tür.
Kurz darauf öffnete sie sich, und Cusard trat zur Seite, um sie vorbeizulassen. »Glück gehabt?«
»Ja und nein«, antwortete Nicholas.
»Ja, wir leben noch«, führte Reynard aus, »und nein, die Verfolgung hat nichts gebracht. Es war eine Falle.«
Cusard brummte unbestimmt, als er hinter ihnen abschloss. »Bei uns ist es besser gelaufen. Ihr werdet nicht glauben, was uns dieser jämmerliche Scheißer erzählt hat.«
»Ich hoffe für ihn, dass ich es glauben kann.« Nicholas öffnete die Tür zum Wohnzimmer.
Es war ein kleiner Raum, der nur von einer flackernden Kerze auf einem zerschrammten Tisch erleuchtet wurde. Das einzige Fenster war von außen mit Brettern vernagelt.
Made line, die immer noch Männerkleidung trug, lehnte mit verschränkten Armen an der schmuddligen Wand. Sie blickte Nicholas in die Augen und empfing ihn mit einem grimmigen Lächeln.
Neben der Tür war Lamane postiert. Crack, der sich mit einem Messer die Fingernägel reinigte, stand bei dem Gefangenen. Octaves Kutscher hockte mit verbundenen Augen und nach hinten gefesselten Händen auf einem Stuhl.
Reynard zog die Tür zu, und Nicholas nickte Made line zu. Sie wandte sich an den Gefangenen. »Erzähl noch mal. Wer hat die Leute umgebracht, die wir im Valent House gefunden haben?« Ihre Stimme war tief und rau. Nicholas hätte nicht gemerkt, dass da kein Mann sprach. Manchmal vergaß er, was für eine begnadete Schauspielerin sie war.
»Der Freund des Doktors.« Der Kutscher klang heiser vor Angst. Nicholas erkannte die Stimme des Mannes wieder, der letzte Nacht Octaves Kutsche gelenkt und auf dem schlammigen Flussufer nach ihm gesucht hatte.
»Warum hat er sie umgebracht?«
»Für seinen Zauber.«
Nicholas blickte Made line stirnrunzelnd an, die ihn mit einem unmerklichen Kopfschütteln zum Warten aufforderte. Der Kutscher fuhr fort: »Er braucht es. Damit macht er seine Zauberei.«
Das haben wir vorher auch schon gewusst. Nicholas dachte an Arisildes einleuchtende Erklärung.
»Und wer ist dieser Mann?«, hakte Madeline nach.
»Hab ich doch schon gesagt. Ich kenn seinen Namen nicht. Bevor er aufgetaucht ist, hat es nur den Doktor und uns gegeben.« Neben der Furcht schwang etwas wie Verdrossenheit in seinem Ton mit, als würde er sich über die
Einmischung des Unbekannten ärgern. »Ich und die zwei andern, seine Diener. Der Doktor hat diese Zirkel veranstaltet, gegen Geld. Immer mit diesem Gerät, in Duncanny haben wir angefangen.«
Nicholas kniff die Lippen zusammen. Der Mann meinte bestimmt Edouards Apparat. Made line fragte: »Und woher hatte er dieses Gerät?«
»Weiß ich nicht. Er hatte es schon, als ich dazukam. Er hat uns gut bezahlt. Später in Vienne ist auf einmal sein Freund auf der Bildfläche erschienen, und alles war anders. Er ist ein Zauberer, und man muss tun, was er sagt. Dass Leute umgebracht wurden, damit hab ich nichts zu tun, das hat alles er gemacht, für seine Zauberei.«
Eine Zauberei, die Nekromantie der schlimmsten Art war. Nicholas musste an die geschmolzene Stelle in der Wand dieses entsetzlichen Kellerraums denken und daran, was Arisilde dazu angemerkt hatte. Bisher war er sich nicht schlüssig gewesen, wie er mit dem Kutscher verfahren sollte, sobald er ihnen alles verraten hatte, was er wusste. Er war in dem Haus. Er wusste, was dort vorging. Dadurch wurde ihm die Entscheidung leichter.
»Aber Octave ist kein Zauberer«, soufflierte Made line.
»Nein, er hatte nur dieses Gerät. Bloß sein Freund ist einer. Er weiß auch viele Sachen. Er hat dem Doktor erklärt, dass Donatien hinter ihm her ist und dass der Doktor daran schuld ist, weil er sich in Sachen eingemischt hat, die er nicht versteht.«
»Wo sind Octave und sein Freund jetzt?«
»Keine Ahnung.«
Zum ersten Mal ließ sich Crack mit einem verächtlichen Schnauben vernehmen. Der Kutscher zuckte zusammen und
rief mit verzweifelter Stimme: »Wirklich, ich weiß es nicht. Hab ich doch schon gesagt. Wir haben uns getrennt, nachdem wir aus dem Valent
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