Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
das rohe, blutige Zahnfleisch brechen ließ, während er den Mund immer weiter aufriss!
Innerhalb von fünf Sekunden verwandelte Radu Lykan sich – vor dem alten Zirescu, der seinen aus den Höhlen tretenden Augen nicht trauen wollte – in ein ... ein Wesen, das völlig anders war als alles, was er je zuvor erblickt hatte. An der Stelle, an der eben noch Radu gesessen hatte, kauerte ein Ungeheuer. Das Gesicht dieser Kreatur war das flammenäugige, geifernde, grinsende, keuchende Antlitz der Hölle! Und dazu noch dieses monströse, klaffende Maul ...
Giorgio schnappte nach Luft und öffnete den Mund, um zu schreien. Doch zu spät! Der Schmerz erstickte den Schrei, und von seinen ledrigen Lippen drang lediglich ein Jaulen und Gurgeln, ein heftiges Zischen, mit dem er die Luft ausstieß, als Radu ihm den Arm umdrehte, bis dieser am Ellenbogen brach, seine Hand auf Giorgios Hand legte und das Messer widerstandslos durch die Fettschichten und unter den fleischigen Rippen hindurch nach oben trieb. Oh ... es tat weh, und es riss eine tiefe – eine tödliche – Wunde. Aber nicht sofort! Sein Fett schützte Giorgio; die Messerspitze vermochte sein Herz nicht zu erreichen, nicht wenn sie in einem solchen Winkel vom Bauch aus nach oben drang. Seine Linke hörte auf, hilflos hin und her zu wedeln, und langte nach dem Messer, umfasste den aus seinem Wanst ragenden Griff. »Oh! – ah! – oh!«, stöhnte er, während er versuchte, es herauszuziehen. Doch der Schmerz war zu groß. Es gelang ihm nicht.
Noch immer grinsend stand Radu über ihm, neigte den Kopf nach Art eines großen Hundes fragend zur Seite und sah ihm geradewegs in die angsterfüllten Augen, als wolle er ihm bis auf den Grund seiner Seele blicken. Mit den Worten »Leb wohl, Giorgio!« packte er ihn am Bart, riss ihn hoch und trieb ihm, ohne zu zögern, die Fangzähne in den Hals, wobei er ihm die Luftröhre durchtrennte.
Giorgio zappelte und bebte, so lange bis der Werwolf seinen Griff lockerte und ihn zu Boden sinken ließ, wo er in der Enge neben dem Bett feststeckte. Es war vorbei, dieser Teil zumindest. Der alte Zirescu blutete und versuchte zu schreien, doch sein Atem reichte nicht aus, und er hatte auch nicht mehr die Kraft dazu. In seinem Blut liegend, schlug er hilflos um sich und verlor noch mehr Blut; ein pulsierender, purpurner Strahl schoss aus der klaffenden Wunde in seiner Kehle und aus dem Loch in seinem Bauch. Aus der durchtrennten Luftröhre entwich in hellroten, einen grauen Schaum bildenden Blasen pfeifend sein Atem. Doch seine Bewegungen wurden bereits langsamer, während das Leben rasch aus ihm schwand.
Bis es schließlich wirklich vorbei war ...
Draußen vor dem Wagen hielt Radu inmitten seines Nebels einen Augenblick inne und spuckte aus, um Giorgios Geschmack loszuwerden und den letzten Rest seines Blutes aus dem Mund zu bekommen. Denn Radu mochte zwar hungrig sein und sein Egel geradezu unersättlich, doch Giorgio Zirescus Blut fand er einfach abscheulich. An das, was er gerade getan hatte, hingegen würde er sich stets gern erinnern – und noch lieber, wenn er erst alles hinter sich gebracht hatte.
Radu hatte Giorgios Armbrust mitgenommen. Nun lud er sie und auch seine eigene Waffe, hakte die eine an seinen Gürtel und nahm die andere entschlossen in die pfotenartige Hand. Während aus dem Wald und dem Erdreich weiterhin sein wabernder Dunst quoll, ging er geradewegs auf den schwach orangefarbigen Schein des Gemeinschaftsfeuers in der Mitte des Lagerplatzes zu. Denn zu guter Letzt hatte er nun erkannt, über welche Kraft er verfügte, über welch beeindruckende Macht, und wusste, dass er nichts zu fürchten brauchte, was Mensch oder Natur hervorbrachte – jedenfalls noch nicht.
Als er in weit ausgreifenden Sätzen geduckt durch die Nebelschleier lief, nahmen seine Sinne all die Geräusche, Gerüche und Empfindungen der Nacht auf. Er war ein Kind der Nacht! Er hörte das Rascheln im Unterholz, das verriet, dass hier eine Spitzmaus auf der Jagd war, er spürte den verschleierten Blick einer Eule auf sich ruhen und nahm mit seinem von seinem Vampir geschärften Gehör deutlicher als je zuvor die beinahe unhörbaren, schrillen Schreie winziger Fledermäuse wahr. Und natürlich roch er auch Blut – dasjenige der Zirescus und der Ferenczys! Denn Giorgios Blut genügte ihm nicht. Vielleicht vermochte das Blut von seinen Söhnen und deren Freunden die Glut zu bändigen, die in Radus Adern raste ...
Der Vollmond stand am Himmel, ein
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