Nefen
hinterher, und konnte nur seinen Kopf schütteln.
Das nächste Taxi brachte sie aus der Stadt heraus.
An einer krummen Mauer, aus aufgetürmten Steinen, stiegen die drei aus. Shalaby bezahlte den Fahrer und wies dann den Weg durch ein zerfallenes Tor.
Sie gelangten in einen kleinen Hof, auf dem eine selbst zusammen gezimmerte Hütte stand. Palmenblätter übernahmen die Funktion eines Daches. Ein aufgespannter Stofffetzen spendete ein wenig Schatten. Darunter saß, auf einem Stein, ein sehr alter Mann. Er zog an einer Shisha die daraufhin laut blubberte. Ein alter Baumstumpf diente ihm als Tisch. Shalaby begrüßte auf landesüblicher Weise den Mann. Dieser grüßte zurück und schob Shalaby zur Seite.
Der Stock, der neben dem Mann auf dem Boden lag, half ihm aufzustehen. Auf direkten Weg steuerte der Alte auf Nefen zu.
„Neferty, du bist gekommen. Ich warte schon so lange Zeit auf dich.
Komm setz Dich zu mir und rauche mit mir.“ Der alte Mann nahm Nefen an der Hand und führte ihn unter den Lumpen an den Baumstumpf. „Setz dich, setz dich.”
Der Mann hustete, ließ sich selber wieder auf dem Stein nieder und befahl Shalaby, Tee zu machen. Sven fühlte sich leicht überflüssig, war er doch von diesem komischen Kauz total übergangen worden.
Also lief er Shalaby ins Haus hinterher. „So, so, du bist also hier, um zu erfahren, warum du hier bist?“, grinste der Alte.
Nefen schaute etwas irritiert.
‘Er hatte doch noch gar kein Wort gesagt. Hatte Shalaby ihm etwa schon eingeweiht?’
„Nein, nein, der Junge hat mir nichts erzählt“, beantwortete der Alte Nefens Gedanken und lachte.
Shalaby und Sven brachten den Tee.
Sie stellten diesen auf dem Baumstumpf ab und der Alte deutete den Beiden an, dass sie sich wieder verziehen sollten.
Die Stimme des Mannes war fest und stark und ließ keinen Zweifel daran, dass er keinen Widerspruch dulden würde.
Ungern verließ Sven das Szenario. Es war etwas Unheimliches in den Augen des Mannes. Shalaby packte Sven am Arm und zog ihn hinter sich her.
Der Alte widmete sich jetzt wieder Nefen. Er goss den Tee in die Gläser und schob eines davon zu ihm rüber. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, lehnte sich zurück, schloss seine Augen und zog wieder kräftig an seiner Pfeife.
Nefen schaute den Alten an und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Das Schweigen, welches jetzt eintrat, machte die Situation für Nefen immer unerträglicher. Nervös drehte er das Glas hin und her.
„Junger Mann, du musst dich in Geduld üben!“, sprach der Alte ohne seinen Augen zu öffnen. Erneut nahm er einen tiefen Zug und blies den Rauch in Nefens Gesicht.
„Ich möchte dir eine Geschichte erzählen. Was du daraus entnimmst, ist allein deine Sache. Ich werde dir keine Frage beantworten, denn die Antworten wirst du selber finden können.“
Nefen traute sich nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben.
„Schließe jetzt deine Augen.
Geh zurück in der Zeit
Weit, weit zurück.
Zurück in die Zeit der großen Pharaonen und Götter …”
Der große Pharao Ramses II. herrscht über die Weiten des Landes. Er lebt in seinem Palast mit seiner Gemahlin Nefertari. Sein großer Tempel ist gebaut, um ihn später zu Ra zubringen. Aber der Tempel birgt außerdem ein Geheimnis. Hier hat Ramses einen Harem mit den schönsten, jungen Männern des Landes. Er muss seine heimliche Liebschaft verstecken, denn er ist der Pharao.
Von Zeit zu Zeit kommt er her, um seiner Lust zu frönen. Vertraute Bedienstete, die ihm treu ergeben sind, sorgen für Abwechslung unter den Spielgefährten.
So geschah es, dass ein junger Mann in den Harem kam und das Herz des Pharaos raubte. Dieser, unfähig damit zu leben, verzweifelte an seiner Liebe und ließ den Burschen hinrichten, um so den Schein wahren zu können.
Der Bursche aber, nahm das Herz des Pharaos mit auf die Reise über den großen Nil, hin zu Anubis.
Der Totengott nahm das Herz entgegen und verwahrte es bis zu dem Zeitpunkt, an dem Ramses zu ihm kommen sollte und es zurückfordern würde.
Ramses kam und er erhielt sein Herz zurück.
Es war zerbrochen und leblos. Mit diesem Herz konnte er nicht wiedergeboren werden.
Nefertari überschlug sich in ihrer Wut, als sie nach dem Tod ihres Gatten von dem Geheimnis des Tempels erfuhr. In ihrer gekränkten Eitelkeit, verfluchte sie Ramses auf Ewigkeit in der Zwischenwelt zu leben.
Die Lustknaben des Pharao waren ihrerseits wütend über den Gottkönig, da er sie nach dem Tod des
Weitere Kostenlose Bücher