Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
in eine Toreinfahrt. Kurz darauf sah Nyberg durch die Scheibe der sanft zufallenden Eingangstür, wie das Paar die Treppe hochging. Er sprang aus dem Wagen und erreichte in letzter Sekunde die Tür, ehe sie zuschlug, trat ein und lauschte. Die Schritte stiegen die Treppen hinauf, er schätzte, bis in den dritten Stock. Eine Tür wurde aufgeschlossen und dann zugeworfen. Nyberg blickte kurz auf die abgenutzten Namensschilder an der Tür, es waren ausschließlich griechische Namen, kein einziger Name französisch-ungarischer Herkunft. Folglich gehörte die Wohnung wahrscheinlich dem Bodybuilder und nicht Fazekas. Im dritten Stock gab es fünf Wohnungen. Zu viele. Er musste die Suche irgendwie eingrenzen.
So leise wie möglich stieg er die Stufen des engen Treppenhauses hoch. Im dritten Stock angekommen, blieb er reglos stehen und horchte. Er hörte aber nichts. Es war unmöglich herauszufinden, hinter welcher der Türen sich das Paar befand. Das irritierte ihn.
Für einen Augenblick ließ ihn sein polizeilicher Instinkt im Stich. Als groß gewachsener Schwede in einem athenischen Treppenhaus herumzulungern war keine besonders gute Idee. Aber wie sollte er sonst herausfinden, in welcher der Wohnungen Fabien Fazekas eventuell sein geheimes Versteck hatte? In seinem früheren Leben hätte er das Dilemma im Handumdrehen gelöst. Aber jetzt stand er unentschlossen im Gang herum.
Allerdings nur für einen kurzen Augenblick. Dann spielte ihm das Glück in die Hand. Hinter einer Tür mit dem Namensschild »Karagounis« hörte er ein Geräusch, als würde jemand einen großen Topf oder etwas Ähnliches auf den Boden werfen. Das hieß natürlich nicht notwendigerweise, dass sich Fazekas dort aufhielt. Aber die Wahrscheinlichkeit wuchs erheblich. Sie wuchs auf ausreichend groß.
In diesem Moment wurde eine Tür ein Stockwerk über ihm geöffnet. Nyberg schlich rasch nach unten, um nicht entdeckt zu werden. Er setzte sich in den Wagen. Es war unerträglich heiß. Er startete den kurz den Motor, schaltete die Klimaanlage an und drehte sie voll auf, dann stellte er den Motor wieder ab. Die Hitze nahm augenblicklich wieder zu, der Schweiß floss ihm in Strömen über den Rücken. Er hätte sich eine Flasche Wasser kaufen sollen. Oder gleich mehrere. Als die zwei Männer endlich aus dem Haus kamen, war ihm schwindelig. Die beiden liefen die Straße hinunter, wobei ihre Hände sich wie zufällig berührten. Einfach so. Eine kurze, verbotene Berührung, die niemand bemerkt hätte. Wäre da nicht ein Zivilfahnder gewesen, der die beiden keine Sekunde aus den Augen ließ und so geistesgegenwärtig war, den Vorgang mit seiner Handykamera zu filmen.
Nyberg wartete, bis sie um die nächste Ecke gebogen waren, ehe er zurück ins Haus ging. Drei Stockwerke hoch. Er hatte ein starkes Verlangen, die Tür mit dem Schild »Karagounis« einzutreten. So wie früher. Aber er beherrschte sich und machte sich mit dem Schlüsselbund mit den fast verrosteten Dietrichen ans Werk. Das dauerte elendig lange. Die Nachbarn konnten jederzeit auftauchen. Aber das taten sie nicht.
Endlich stand er in der Wohnung. Ein sauberer, aufgeräumter Unterschlupf. Bis auf das Schlafzimmer. Dort lag kein Topf auf dem Boden, sondern eine Vase. Zersplittert. Das Bett zerwühlt, das Laken zerrissen. Streifen des Lakens am Kopfende des Bettes befestigt, Blutspuren, andere Spuren. Handy aus der Tasche. Bestandsaufnahme. Nyberg hob vorsichtig die Ecke der Bettdecke an, die auf den Boden gerutscht war und in das Blumenwasser voller Glassplitter hing. Unter der Decke lag etwas. Es dauerte einen Augenblick, ehe er erkannte, was es war. Ein Dildo, groß und schwarz. Auch den filmte er.
Dann verließ er das Schlafzimmer wieder. Den Ort der Katastrophe. Mit einem leichten Ekelgefühl. Es war ziemlich lange her, dass er so etwas gemacht hatte. Spuren sammeln. Im Dreck wühlen. Digging in the dirt .
Nirgendwo ein Rechner. Keine Unterlagen. Nach wie vor wusste er nicht, wem die Wohnung gehörte. Er stellte sich in die Mitte des Wohnzimmers der kleinen Zweizimmerwohnung und ließ seinen Blick durch den Raum wandern, in jede Ecke, auf der Suche nach einem potenziellen Versteck für drei Fotos. Es gab unzählige davon.
Mutlos ging er zurück ins Schlafzimmer. Dort stand ein Kleiderschrank. Mit vielen Fächern und verborgenen Winkeln. Nyberg stellte sich davor, und seine Hoffnung wuchs, als er sah, dass dort Anzüge in Fazekas’ Größe hingen. Er untersuchte jede Lücke, fand
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