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Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Titel: Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ironside
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nichts tun könne, falls tatsächlich etwas nicht stimmen würde, was natürlich nicht der Fall war.
    » O doch « , erwiderte ich entschieden. » In manchen Fällen kann man durchaus etwas unternehmen, bevor… ähm… was es auch ist… « – ich wollte weder Demenz nochAlzheimer sagen, obwohl wir beide wussten, wovon die Rede war– » …intensiver wird. Man kann etwas gegen… « , nun geriet ich aus demTritt, » …denVerstand und das Erinnerungsvermögen tun… ähm… dafür natürlich… fürAltersvergesslichkeit. «
    » Altersvergesslichkeit! Genau! « , fauchte Sylvie. » Das hat Dad eben. Darüber muss man sich keine Gedanken machen. «
    Daraufhin beendete sie denAnruf mit den bissigenWorten: » Schönen Dank auch, Doktor Sharp. «

März
    4. März
    Hatte letzte Nacht einen scheußlichenTraum. Ich war in einer Gruppentherapie, und dieTherapeutin sagte zu mir, sie traue mir nicht über denWeg, ich sei verlogen und heuchlerisch, woraufhin alle anderen klatschten und » Bravo! « riefen. Nachdem ich nun gerade Sylvie so mutig und ehrlich entgegengetreten war, fand ich das sehr gemein von meinenTraumspinnern. Manchmal würde ich denen gerne den Marsch blasen. Und ihnen auftragen, mir heitereTräume voller Licht, guter Musik und schöner Stimmung zu schicken. So im Stil von Mamma Mia. Ich wäre aber auch schon zufrieden, wenn sie mir den Namen des Siegers vom Pferderennen senden würden. Dann könnten sie sich meinetwegen auch all diese düsteren, verworrenen Geschichten ausdenken.Aber vermutlich würden sie mir nicht zuhören. Ich habe denVerdacht, dass der Regisseur von Bittere Quitten, vergiftete Seelen in den meisten meinerTräume das Sagen hat. Es sind nämlich fast ausschließlich Horrorfilme ohneAltersfreigabe oder Psychothriller, die sich mit den Schattenseiten der Seele befassen.
    O verflixt! Es istAnfang März, und von meiner Liste habe ich noch nichts erledigt, außer Tagebuch zu schreiben! Heute werdeich denTermin in derAkupunkturpraxis machen– die verstehen sich wohl auf Gelenke– und nach einem guten SchönheitschirurgenAusschau halten. Ich brauche dringend eine Generalüberholung.
    Dabei lasse ich mich nicht etwa gehen, versteht mich nicht falsch. Je älter ich werde, desto penibler achte ich darauf, so gut wie möglich auszusehen.Aber wegenArchies Verfassung und des Umzugs meiner Familie muss ich zugeben, dass ich nicht gerade so ein munterer Hüpfer bin wie früher. Heute habe ich zu meinem Entsetzen gelesen, dass künftig einer von sieben alten Leuten einhundert Jahre alt wird. Und da ich gerne in einem vernünftigenAlter wie mit achtzig meinen Hut nehmen würde, wird das Schicksal mir bestimmt übel mitspielen und dafür sorgen, dass ich einhundertzwanzig werde. Deshalb habe ich beschlossen, an meinem Lebensabend nicht herumzuhocken und den Zustand derWelt zu beklagen.
    (Einmal habe ich mich dabei ertappt, angesteckt von Marion, die sich immer wehmütig über die gute alte Flower-Power-Zeit und » Love and Peace « auslässt.Aber dann rief ich mir in Erinnerung, wie nervtötend ich als junge Frau nörgelndeAlte fand. Seither halte ich diesbezüglich die Klappe.)
    5. März
    Heute eineAkupunkteurin (!) angerufen, die ihre Praxis in der Oxford Street über einem Laden hat. Habe sie gefragt, an welchem Ende der Oxford Street sie zu finden sei, und sie meinte, zurTottenham Court Road hin. Dann habe ich sie gefragt, ob es die Nord- oder die Südseite der Oxford Street sei. Erstaunlicherweise verstand sie mich nicht, was kein gutes Zeichen ist. EineAkupunkteurin sollte doch wohl zumindest mit einem Kompass umgehen können, oder nicht? Habe einenTermin irgendwann in ferner Zukunft ausgemacht.Wusste gar nicht, dassAkupunktur so populär ist. Dachte mir jedenfalls, ich sollte mir etwas gönnen, wenn meine Familie schon aus meinem Leben verschwindet.Aaargh!
    Dann kam Penny vorbei, um von derVersammlung desAnwohnervereins zu berichten.
    » Und was hat Sylvie gesagt? « , erkundigte sie sich. Sie trug eine nasse alteWindjacke und klappte ihren noch nasseren Schirm zusammen, als sie hereinkam.
    Ich erzählte ihr von dem Gespräch.
    » Ich geh jedeWette ein, dass sie nicht mit ihm zur Ärztin geht « , sagte Penny. » Kennst du dieseWitze über dieVorteile vonAlzheimer? Ich kann mich nur noch an einen erinnern. «
    Ich lachte.
    » Das war nicht derWitz « , erwiderte Penny verdrossen. » Nein– einVorteil vonAlzheimer ist, dass man seine eigenen Ostereier verstecken kann. Findest du das nicht witzig?

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