Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
wieder mit Streichhölzern spielen soll: »Jetzt weißt du ja, wie es geht, und ich möchte, dass du mir versprichst, dass du es nicht wieder tust. Es ist gefährlich, und das Haus kann dadurch abbrennen.« Statt gleich mit Furcht und Zorn zu reagieren, wie es leicht hätte passieren können, stellte sie mit ihm und seiner Freude über das Streichholz eine Verbindung her. Dann erst sagte sie Nein.
Zeigen Sie dem anderen, dass Sie ihn schätzen
Eines Tages nahm der Kommandeur eines US-Marinestützpunkts an einem meiner Harvard-Seminare teil. Er war den weiten Weg von seinem Stützpunkt in Japan gekommen, weil er seine Verhandlungstechniken verbessern wollte. Am Ende des Kurses sagte er mir, dass die Lektion, die ihn am meisten verblüfft hätte, die Bedeutung des Respekts gewesen sei. Plötzlich sei ihm klar geworden, dass er deshalb so viele Probleme im Umgang mit seinem halbwüchsigen Sohn hatte, weil er seinem Sohn nicht genug Achtung entgegenbrachte. Er beschloss, es in Zukunft besser zu machen und seinem Sohn zu zeigen, wie sehr er ihn schätzte und seinen Standpunkt respektierte, sogar während ihrer Auseinandersetzungen.
Wenn Ihr Nein zu Spannungen in der Beziehung führt, kann es hilfreich sein, diese Beziehung zunächst zu bestätigen. Einer meiner Freunde trennte sich auf Probe von seiner Partnerin. Die Spannungen waren so stark, dass die beiden noch nicht einmal über heikle finanzielle Themen reden konnten. Er stellte fest, dass es oft hilfreich war, zunächst die Beziehung zu bestätigen, bevor man sich über problematische Dinge unterhielt. Außerdem erwies es sich als sinnvoll, kleine Dinge zusammen zu tun, wie zum Beispiel gemeinsam mit ihrer Tochter eine Familienmahlzeit zuzubereiten, denn das erinnerte beide daran, was sie miteinander verband.
Den Wert des anderen zu bestätigen kann auch langfristig positive Folgen haben, denn es kann Widersacher dazu bringen, eine wirklich respektvolle Beziehung zueinander zu entwickeln. Das illustriert der Bericht von Danna Smith, die eine ökologische Kampagne gegen Staples, einen Büromaterial-Lieferanten, ins Leben rief, weil dieser Papierprodukte aus alten Baumbeständen verkaufte: »Während unserer Umweltkampagne legten wir großen Wert auf ein konstruktives Verhältnis zu den Entscheidungsträgern. Wir bemühten uns sehr, ihnen verständlich zu machen, dass wir in der Sache zwar hart bleiben wollten, dass wir aber die Menschen, die in der Firma arbeiteten, schätzten und wussten, dass es nicht ihre persönliche Absicht war, die Wälder zu zerstören.«
Für Umweltgruppierungen, die Geschäftsleute eher als Feinde zu betrachten pflegen, war dies ein ungewöhnlicher Kurs. Aber gerade dieser respektvolle Ansatz führte letztlich zum Erfolg: Man konnte Staples davon überzeugen, umweltfreundlichere Produktionsverfahren einzuführen. Oder, um es mit den Worten von Joe Vassaluzzo, dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden von Staples, zu formulieren: »Die ursprünglich äußerst verfahrene Situation hat sich deutlich entspannt. Ich will damit nicht behaupten, dass ich mit allem einverstanden bin, aber durch die verbesserte Kommunikation verbesserte sich auch der Gedankenaustausch. Die Differenzen bleiben bestehen, aber in einem deutlich kooperativeren und positiveren Klima. Die Haltung beider Seiten hat sich zum Besseren gewandelt.« Und genau das kann ein bisschen Respekt bewirken.
Überraschen Sie Ihr Gegenüber durch Anerkennung
Unterschätzen Sie nicht die Macht, die Sie besitzen, wenn Sie andere mit einer Geste der Anerkennung überraschen.
Dies illustriert die Geschichte von Troy Chapman, mit dem ich während seiner langjährigen Haftstrafe in einem Bundesgefängnis korrespondierte. Chapman berichtet, wie »ein Mann ihn vom Bürgersteig wegzudrängen versuchte. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn im Gefängnis versuchen die gleichzeitig verängstigten und zornigen jungen Insassen gern, sich als harte Burschen zu profilieren. Mit ähnlichen Situationen bin ich schon seit Jahren konfrontiert, und bislang gab es für mich immer nur zwei Handlungsalternativen: Rückzug oder Offensive. Doch diesmal hatte ich eine andere Idee: Ich erinnere mich noch genau an die Verwirrung in den Augen des Mannes, als ich vom Bürgersteig herunterging, ihn am Ellbogen berührte und sagte: ›Wie geht’s?‹ Ich trat beiseite, aber ich wich nicht zurück. Ich ließ mich auf ihn ein, aber auf einer anderen Ebene. Er war ziemlich ratlos, murmelte irgendeine Antwort
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