Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
eine positive Lösung zu.
Wenn Sie sich einen Augenblick lang in die Lage des anderen versetzen, werden Sie sehen, wie schwer es für ihn ist, Ja zu Ihrem Vorschlag zu sagen. Vielleicht klafft zwischen Ihren und seinen Wünschen eine riesige Lücke. Diese Kluft ist oft angefüllt mit der Befürchtung, dass die eigenen Interessen nicht erfüllt werden, oder mit der Sorge, das Gesicht zu verlieren. Wenn Sie wollen, dass der andere Ja sagt, so besteht Ihre Aufgabe darin, ihm eine goldene Brücke zu bauen, die diese Kluft überwindet.
Einem Ja zu Ihrem Vorschlag stehen drei prinzipielle Hindernisse im Weg: An erster Stelle stehen hier die unerfüllten Bedürfnisse oder Bedenken Ihres Gegenübers. Falls der andere Ihnen auf persönlicher Ebene zustimmt, fragt er sich vielleicht besorgt – und dies ist das zweite Hindernis –, wie wichtige Auftraggeber oder Interessenvertreter , deren Zustimmung er benötigt oder haben will, wohl reagieren werden. Zum Dritten soll nicht unerwähnt bleiben, dass ein Ja Ihres Gegenübers nicht von Dauer sein muss, zumal nicht, wenn der Prozess des Neinsagens Ihre Beziehung so sehr belastet hat, dass Sie den Schaden auch auf lange Sicht nicht werden reparieren können.
Stellen Sie sich diese letzte Phase des Jas wie eine Reise vor. Auf Ihrem Weg gibt es drei Jas, die Sie vom anderen benötigen – ein Ja zu einer klugen Übereinkunft, ein Ja zur persönlichen Anerkennung und ein Ja zu einer gesunden Beziehung:
Übereinkunft → Anerkennung → Beziehung
Im Folgenden wollen wir herausfinden, wie wir zu jedem einzelnen dieser Jas gelangen können.
Ermöglichen Sie eine kluge Übereinkunft
Ihre erste Herausforderung besteht darin, eine Übereinkunft zu erzielen, die nicht nur Ihre eigenen Interessen befriedigt, sondern auch die Ihres Gegenübers.
Machen Sie keine Kompromisse beim Wesentlichen
Bei Verhandlungen geht es nicht einfach darum, irgendein Ja zu erzielen, sondern das richtige Ja. Eine befriedigende Übereinkunft ist nur dann möglich, wenn Sie andere Vereinbarungen, die nicht Ihren Interessen dienen, ausschließen. Oft ist die Versuchung groß, langfristige Prioritäten zugunsten eines kurzfristigen Gewinns aufzugeben. Effektive Verhandlungen erfordern also eine ständige Konzentration auf das Wesentliche. Es besteht durchaus die Gefahr, dass Sie irgendwann auf Biegen und Brechen eine Einigung mit dem Gegenüber erzielen wollen, auch wenn das für Sie selbst gar nicht so sinnvoll ist. Die Beziehung zu dem anderen, ob es nun Ihr Ehepartner oder Ihr Chef ist, scheint plötzlich eine ungeheure Bedeutung zu haben. Treten Sie deshalb einen Schritt zurück und gehen Sie auf den Balkon. Konzentrieren Sie sich auf Ihr zugrunde liegendes Ja – auf Ihre Interessen, Bedürfnisse und Werte, die überhaupt erst zu Ihrem Nein geführt haben. Rufen Sie sich Ihren Plan B ins Gedächtnis. Verkaufen Sie sich nicht unter Wert und lassen Sie sich nicht auf eine Übereinkunft ein, die Ihre Bedürfnisse weniger gut erfüllt, als Ihr Plan B es könnte.
Kurz: Behalten Sie stets Ihr Ziel im Auge – eine Lösung, die Ihre grundlegenden Interessen befriedigt. Sie sollten den anderen zwar respektieren, aber retten müssen Sie ihn nicht.
Kümmern Sie sich um die nicht erfüllten Interessen des anderen
Finden Sie heraus, warum Ihr Gegenüber Ihren Vorschlag zurückweist. Inwiefern entspricht er nicht seinen Interessen? Formulieren Sie Ihre Frage etwa folgendermaßen: »Ich möchte Ihre Bedenken besser nachvollziehen können. An welcher Stelle kommt mein Vorschlag Ihren Bedürfnissen nicht entgegen?«
An dieser Stelle möchte ich Ihnen exemplarisch die Verkaufsverhandlungen für ein großes Unternehmen schildern. Der potenzielle Käufer war ein global und international agierender Konsumartikelhersteller. Der Verkäufer – nennen wir ihn Tom – war der Hauptaktionär eines erfolgreichen Nahrungsmittelherstellers, dessen Hauptanliegen eine umweltfreundliche Unternehmenspolitik war. Nach langen Verhandlungen waren beide Parteien in eine Sackgasse geraten. Das Hauptproblem war der Preis. Tom verlangte ganze 10 Prozent mehr, als der Käufer zahlen wollte, und er war zu keinerlei Kompromissen bereit. Mit anderen Worten: Beide Seiten sagten zum Vorschlag des jeweilig anderen Nein.
Das Geschäft stand kurz vor dem Scheitern. Dann nahm sich der Vizepräsident des Konsumartikelherstellers, den ich hier Jack nenne, einen von Toms Bevollmächtigten beiseite und sagte: »Ich verstehe das nicht. Wir haben
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