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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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darüber gebaut, um die zu ehren, die hier unten gestorben sind?«, fragte Andrej.
    Statt zu antworten, sah Hasan ihn auf eine Weise an, die ihm einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ, ihn aber auch daran erinnerte, warum er hier war.
    »Ich will jetzt wissen, was das alles bedeutet!«
    »Aber das versuche ich dir doch gerade –«
    »Nicht diese Ruine hier«, unterbrach ihn Andrej so unwillig, dass die Fackel seine Bewegung aufnahm und den dunklen Raum in eine lautlose Explosion auseinanderjagender roter Lichtsplitter hüllte. Hastig senkte er die Fackel wieder. »Das alles hier! Warum sind wir hier? Hier in Rom? Was willst
du
hier, Hasan, und was sollen wir für dich tun, jetzt, wo der Mann tot ist, den wir doch eigentlich umbringen sollten? Wo
du
tot bist?«
    Hasans Antwort bestand lediglich aus einem traurigen Lächeln. Er winkte ihm, ihm zu folgen. Zorn wallte in Andrej auf, aber er beherrschte sich – noch – mühsam und schloss sich dem Alten vom Berge an. Die beiden Assassinen blieben, wo sie waren, während Hasan so langsam und schwer auf seinen Stock gestützt vor ihnen herging, dass Andrej ihn schon auf der dritten Stufe wieder eingeholt hatte, ohne sich auch nur beeilen zu müssen. Einmal drohte er auf den ungleich hohen gemauerten Absätzen gar den Halt zu verlieren und konnte sich gerade noch an der Wand abstützen. Andrej rührte keinen Finger, um ihm zu helfen, und hätte nicht einmal versucht, ihn aufzufangen, wäre er tatsächlich gestürzt.
    Möglicherweise würde Hasan diese doppelte Kirche nicht lebend verlassen, sollte er weiter darauf beharren, seine Fragen zu ignorieren.
    Oder wenn er ihm doch antwortete, ihm diese Antworten aber nicht gefielen.
    Einige Stufen tiefer gelangten sie in einen gemauerten Gang mit gewölbter Decke, der vor einer zertrümmerten Tür endete, die von der anderen Seite und mit offensichtlich rücksichtsloser Entschlossenheit eingeschlagen worden war. Andrej hatte es ja gerade selbst gehört. Dahinter lag ein ebenfalls gemauertes Gewölbe, nicht wesentlich höher als der Gang, aber um etliches größer. Das Alter dieses Raumes war fast körperlich zu spüren, und auch hier und noch ungleich stärker spürte Andrej die Präsenz von etwas Altem und Mächtigem.
    »Was ist das hier?«, fragte er.
    »Es sind nicht nur zwei Kirchen, Andrej«, sagte Hasan, »sondern drei. Vielleicht sogar noch mehr … Oder das, was man heute so nennen würde. Dieser Ort war einst dem Gott Mithra geweiht. Wenn man die Augen schließt und sich konzentriert, dann kann man die Gebete immer noch hören, die hier vor so vielen Jahren gesprochen wurden.«
    Und das Blut derer riechen, die hier geopfert worden waren, dachte Andrej, der sich im Übrigen hütete, die Augen zu schließen, geschweige denn, auf wispernde Stimmen zu lauschen und ihnen Einlass in seine Seele zu gewähren. »Eine Kirche über einer Kirche über einer Kirche«, sagte er. »Das muss ein wirklich heiliger Ort sein, wenn die Menschen ihn so verehren.«
    Hasan sah ihn an, als hätte er hinter seine Stirn geblickt und dort erkannt, was er wirklich dachte. Und er fasste es auch in Worte. »Oder ein ganz besonders schlimmer Ort, den es zu versiegeln galt.«
    Das wollte Andrej nicht hören. »Und warum sind wir wirklich hier?«, fragte er, bewusst barsch. »Um ihn noch besser zu versiegeln? Oder zu öffnen?«
    Als blankes Entsetzen in Hasans Augen erschien, fast unmittelbar gefolgt von so jäh auflodernder Wut, wich er instinktiv einen halben Schritt vor ihm zurück und wäre beinahe gegen Abu Dun geprallt. Hatte er ihn verletzt … oder an eine Erinnerung gerührt, die er zu vergessen versuchte?
    »Zeig es uns«, sagte Abu Dun, bevor Hasan antworten konnte – vielleicht auch, damit er es nicht tat. Hasan warf ihm auch tatsächlich einen beinahe dankbaren Blick zu, doch dann schüttelte er den Kopf und machte eine ausholende Geste mit seiner Fackel, die den Raum kurzzeitig erneut in ein rotes Lichtermeer tauchte, bevor sich die Schatten wie ein erstickendes Tuch darüber legten. Andrej konnte sich des unheimlichen Eindrucks nicht erwehren, dass sich dahinter noch eine andere, unsichtbare Bewegung verbarg, ein sinisteres Tasten und Sondieren, das nach etwas Ausschau hielt, das es verderben konnte.
    Er schüttelte auch diesen Gedanken ab, doch es kostete ihn noch mehr Mühe als die Male zuvor. Das erschreckte ihn. So lange er denken konnte, war er es gewohnt, gegen Ungeheuer zu kämpfen, von denen das Schlimmste von

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