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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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    »Aber wir …«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit«, mischte sich Altieri ein. »Ihr habt seine Heiligkeit gehört! Ruft die Garde zusammen! Alle! Und versperrt irgendwie diese Tür!«
    Tatsächlich streiften einige Männer ihre Erstarrung ab und eilten nun endlich davon, um seinem Befehl nachzukommen – vielleicht auch, um ihr Heil endgültig in der Flucht zu suchen. Altieri wies mit beiden Armen zu einer weiteren, doppelt geschwungenen Treppe, die dreißig oder vierzig Schritte weit entfernt in gerader Linie zu der verbarrikadierten Tür weiter in die Tiefe führte. »Dorthin! Und schlagt Alarm!«
    Nicht, dass das noch notwendig gewesen wäre, dachte Andrej. Der Lärm, der durch die Tür hereindrang, hatte sich längst zum Wüten einer ausgewachsenen Schlacht gesteigert. Auch aus anderen Teilen des Gebäudes drangen nun Schreie und das Klirren von Waffen.
    Gewalt erfüllte die Luft wie ein berauschendes Gift, das mit jedem Atemzug stärker wurde und das Ungeheuer in Andrej weiter entfesselte. Überall rings um ihn herum starben Menschen und wurde Blut vergossen, eine Orgie des Tötens und Verstümmelns, und so sehr ihn der Blutrausch auch entsetzte, in dem die ganze Welt zu ertrinken begann, war da etwas in ihm, das genau das wollte: sich von diesem grässlichen Rausch mitreißen zu lassen, seine Klauen in nasses Fleisch zu schlagen und warmes Blut zu trinken, um Kraft aus beidem zu schöpfen.
    Ein besonders heftiger Schlag erschütterte die Tür so hart, dass einer der Männer zurücktaumelte und über einen Leichnam stolperte, sodass er schwer auf den Rücken fiel. Unverzüglich nahm ein anderer Gardist seinen Platz ein, doch aus Andrejs schlimmsten Befürchtungen wurde nun Gewissheit: Der Riss spaltete das Türblatt mittlerweile fast zur Gänze, sodass es schon bei der nächsten heftigen Attacke einfach in Stücke brechen würde.
    Gleichzeitig war ihm, als würde auch er immer tiefer und tiefer in den roten Sumpf der Gewalt gezogen. Als er eine schnelle Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm, sah er auf und begegnete dem Blick eines schreckensbleichen Soldaten, der bisher auf der Treppenstufe neben ihm gestanden hatte, nun aber um etliche Stufen zurückgewichen war. Wut stieg in Andrej auf. Was erdreistete sich dieser Kerl,
Angst
vor ihm zu haben, wo er sein Leben und seine Unsterblichkeit riskierte, nur, um diesen wertlosen Kreaturen beizustehen, die ihm nichts mehr gelten sollten als der Schmutz, der an seinen Stiefeln klebte?
    Als hätte er es laut ausgesprochen, weiteten sich die Augen des Soldaten vor Entsetzen, und Schweiß erschien auf seiner Stirn. Das brachte ihn zur Besinnung, und ihm wurde klar, dass man ihm seine Gedanken tatsächlich so deutlich am Gesicht ablesen konnte, als hätte er sie mit einem glühenden Dolch in seine Haut geritzt. Die Hände zu Fäusten geballt, biss er die Zähne so fest zusammen, dass er sein eigenes Blut schmeckte, das sich heiß und süß in seinen Mundwinkeln sammelte und in zwei dünnen Rinnsalen an seinem Kinn hinablief. Er hätte nicht mehr ins Gesicht des Mannes blicken müssen, um zu wissen, welchen Anblick sein eigenes bot. Er wollte töten. Er
musste
töten.
Jetzt
.
    Und er hätte es getan, wäre nicht in diesem Moment die Welt in Stücke gebrochen … oder zumindest das Tor, das wie vom Hieb einer unsichtbaren Titanenfaust getroffen aus den Angeln gerissen wurde. Die Holztrümmer prasselten als gefährlicher Regen auf Freund und Feind nieder und rissen sie von den Beinen.
    Mit dem Unterschied allerdings, dass die Verteidiger blutend liegen blieben, während die Angreifer einer fauligen Flut aus Zähnen und Klauen und verwesendem Fleisch gleich einfach über sie hinwegströmten und diejenigen zerrissen, die nicht schnell genug in die Höhe kamen oder sich verzweifelt davonschleppten.
    Es mussten Dutzende, Hunderte sein, so kam es ihm vor, und von draußen strömten immer noch mehr und mehr und mehr herein, eine ganze Armee, die mit jedem Opfer, das sie forderte, weiter wuchs und die große Halle wohl nur noch nicht komplett geflutet hatte, weil sich die Angreifer in ihrer Gier an der Tür gegenseitig niedertrampelten. Wütende Handgemenge brachen aus, die oft nur wenige Augenblicke dauerten, da, wo die Männer einfach von der Menge überrollt wurden, und dann sah Andrej etwas, das ihm schier das Blut in den Adern gerinnen ließ.
    Binnen eines einzigen Atemzugs hatte sich die große Halle in ein Schlachtfeld verwandelt. Doch das Chaos schien einer Ordnung

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