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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abu Dun vor.
    »Als ob ich das nicht versucht hätte.« Clemens deutete traurig auf die Tunnel zu ihrer Linken, deren Eingang verschüttet war. »Erinnerst du dich an die Toten, von denen ich euch erzählt habe? Das geschieht, wenn man versucht, die Tore mit Gewalt zu öffnen.«
    »Dann brechen wir sie auf und räumen die Trümmer beiseite.« Abu Dun zupfte an seinem Turban herum, als gäbe es nichts Wichtigeres, als ihn ausgerechnet jetzt zu richten. »Oder noch besser, wir räumen die Trümmer hinter den Toren weg, die schon aufgebrochen sind.«
    »Dazu bleibt uns keine Zeit«, antwortete Clemens. »Außerdem könnte es noch mehr Fallen geben. Ich würde mich nicht wundern, wenn die gesamte Halle zusammenstürzt, sobald wir das falsche Schloss aufbrechen.«
    Abu Dun schob Ayla zu Ali, der neben ihm stand, und legte beide Hände um die rostigen Gitterstäbe vor sich.
    »Hast du den Verstand ver …?«, begann Ali, wurde aber von Clemens mit einem missbilligenden Zungenschnalzen unterbrochen. Dann forderte er Abu Dun mit einer Geste auf, weiterzumachen.
    Zuerst schien es, als würden die massiven Gitterstäbe selbst Abu Duns Titanenkräften standhalten. Der Nubier begann vor Anstrengung zu keuchen, und auf seiner Schläfe pochte eine Ader im Takt seines immer schneller schlagenden Herzens. Doch das war scheinbar alles, was geschah. Dann jedoch erscholl ein sonderbarer metallener Laut, wie der Klang einer stählernen Harfensaite. Rost platzte von den uralten Gitterstäben, und dann, Zoll für Zoll, bog er die Stäbe auseinander.
    Und aus der Decke über ihm löste sich ein einzelner Stein, traf mit der Wucht eines Hammerschlags auf seine Schulter und verschwand in der Dunkelheit. Abu Dun stieß ein schmerzerfülltes Grunzen aus und stolperte einen halben Schritt zurück, und das war auch gut so, denn dem ersten Stein folgten zwei weitere und sehr viel größere, die selbst ein Mann wie er wohl nur äußerst ungern auf den Schädel bekommen hätte.
    Ein tiefes, unendlich gequältes Stöhnen erfüllte mit einem Mal die Luft, als wimmerte die Erde selbst vor Pein, und Andrej meinte zu spüren, wie die gesamte Halle unter ihren Füßen erbebte.
    Er hätte nicht einmal mehr sagen können, ob Clemens ihn oder er Clemens zurückriss. Von einer Sekunde auf die andere war die Luft so voller Staub und umherfliegender Steinsplitter, dass er weder atmen noch etwas sehen konnte. Instinktiv wich er einige Schritte zurück, Clemens eng an sich gepresst, um ihn mit seinem eigenen Körper zu beschützen. Womit er ihm wahrscheinlich das Leben rettete, denn er wurde mehrmals so hart getroffen, dass er vor Schmerz aufkeuchte. Jemand schrie – Ayla –, dann verschlang ein urgewaltiges Dröhnen und Poltern jeden anderen Laut. Schließlich verlor er den verzweifelten Kampf um sein Gleichgewicht auf dem bebenden Boden, seinen Sturz konnte er aber wenigstens so lenken, dass er Clemens nicht unter sich begrub.
    So schnell es begonnen hatte, war es auch schon wieder vorbei. Dunkelheit umgab sie. Der Staub machte das Atmen schwer. Als er nach Clemens tastete, der halb auf ihm lag und sich nicht rührte, stieg Panik in ihm auf, denn er fühlte keinen Puls. Aber dann begann der alte Mann qualvoll zu husten, und Andrej setzte sich auf und schob ihn vorsichtig in die Höhe.
    Wie durch ein Wunder hatte eine der Fackeln das Chaos überstanden, mit der die Männer nun weitere Lichtquellen entzündeten, aber in der stauberfüllten Luft konnte er nur Wolken aus trübroter Helligkeit erkennen, die ein lautloses Rückzugsgefecht gegen die Dunkelheit führten. Stimmen murmelten durcheinander, er hörte die Männer husten und nach Atem ringen, dann Abu Duns kratzige Stimme. »Ich habe euch ja gleich gesagt, dass das schiefgeht, aber auf den dummen Mohren hört ja niemand!«
    Die Antwort bestand aus einem gehusteten Fluch – die Stimme hörte sich an wie die Kasims, nur um mindestens fünfzig Jahre älter – und einem hysterischen Auflachen, und Abu Dun fuhr in nun sachlicherem Ton fort: »Spätestens jetzt wissen sie wohl, wo wir sind.«
    Darauf erwiderte niemand mehr etwas.
    Andrej rappelte sich auf und musste einen Schmerzenslaut unterdrücken, als eine rote Lohe aus Pein aus seinem verletzten Fuß das Bein hochschoss. Mit schierer Willenskraft gelang es ihm, sich nichts anmerken zu lassen, aber es war die Hölle.
    »Bist du verletzt?«, wandte er sich an Clemens.
    »Nur ein Kratzer.«
    »Nimm das nicht auf die leichte Schulter«, mahnte Andrej,

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