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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Schaukelstuhl.
    »Mann, Alter, was ist?«
    »Ich brauch dich.«
    »Das sagen sie alle. Mal auf die Uhr geschaut? Es ist gleich eins, in einer Stunde hat Anita Feierabend …«
    »Komm her.«
    Ich unterbrach und steckte meinen Kopf ins Wohnzimmer, wo Mor immer noch vor der dunklen Mattscheibe strickte. »Ich geh noch mal weg. Hast du ein Auge auf Nele?«
    Sie unterbrach das Stricken und sah mich überrascht an.
    »Wo willst du denn um die Uhrzeit noch hin?«
    »Ich treffe mich kurz mit Rokko. Bin in einer Stunde wieder da. Hast du dein Handy parat?«
    Sie deutete zu der Ladestation, die auf einem Schemel am Fenster stand.
    »Ist sie noch wach?«
    »Nein, sie schläft. November liegt bei ihr im Bett. Wenn sie wach wird oder irgendwas ist, ruf mich sofort an.«
    Sie sah mich wieder mit ihrem Mor-Blick an.
    »Trink aber nichts mehr.«
    »Versprochen.«

    Rokko fuhr unkonzentriert. Einmal musste er in letzter Sekunde nachkorrigieren, sonst hätten sich noch ein paar Kreuze zu den bereits vorhandenen in den S-Kurven gesellt.
    »Und was wollen wir da?«
    Ich starrte aus dem Fenster und antwortete nicht. Er riss den Wagen durch eine weitere Kurve.
    »Aha«, sagte er. »Und warum kann das nicht bis morgen warten?«
    Ich sagte nichts. Er sagte Scheiße. Dann sagte er nichts mehr, bis wir vor dem Haus vorfuhren. Er knipste die Scheinwerfer aus und ließ den Wagen die letzten Meter rollen, bevor er sanft abbremste. Vor einem eingezäunten Grundstück von erstaunlichen Ausmaßen, das von mehreren indirektenLichtern beleuchtet wurde, blieben wir stehen. Der Vorgarten hatte nicht nur mindestens zweihundert Quadratmeter, sondern auch einen kleinen See, der vor sich hinplätscherte. Das Haus hatte einen verglasten Dachgiebel und wirkte wie aus dem Ei gepellt. Es hätte ins Werbeprospekt eines Immobilienmaklers aufgenommen werden können, wenn nicht der Garten voller Gartenzwerge gewesen wäre.
    Rokko streckte sich vor und sah neben mir durchs Beifahrerfenster zum Haus hinüber.
    »Mein lieber Scholli. Wer wohnt denn da? Elvis?«
    »Telly.«
    Er sah mich überrascht an.
    »In dem Ding? Hat er geerbt?«
    »Scheint so.«
    Er rutschte wieder in seinen Sitz zurück.
    »Und was wollen wir hier mitten in dieser gottverdammten Nacht? Ich sag’s gleich: Wenn Anita Feierabend hat, bin ich weg.«
    »Heul doch.«
    Ich stieß die Tür auf und stieg aus. Ich schob das Messingtor auf und hörte Rokko hinter mir herfluchen, als er mir folgte. Ich drückte auf die Klingel. Nach einem Augenblick gingen irgendwo im Haus Lichter an. Ich klingelte noch mal. Rokko stellte sich neben mich.
    »Ist es wieder so weit? Kleiner Außendienstkoller?«
    Im nächsten Moment öffnete Telly die Tür und schaute überrascht vom einen zum anderen. Er trug einen Bademantel, sah aber nicht aus, als hätte er geschlafen.
    »Paul. Rokko. Später Besuch, Jungs, was gibt’s?«
    »Hast du ’ne Minute?«
    Er sah auf die Uhr.
    »Hat das nicht Zeit bis morgen?«
    Ich sah ihn bloß an. Er schlug seine Augen nieder und trat in den Flur zurück.
    »Na, wenn es so eilig ist.«
    Wir folgten ihm durch den Flur in ein großes Wohnzimmer, das von Elektronik beherrscht wurde. In einer Ecke der Großbildfernseher, in einer anderen stand ein Apple mit einem Dreißig-Zoll-Monitor. Die Essecke war in Eiche gehalten, und zum Chillen gab es eine Ledersofagarnitur. Keine Designerware, aber nicht billig.
    »Wollt ihr was trinken?«
    Ich setzte mich auf die Armlehne der Ledercouch und musterte Telly. Rokko schloss die Wohnzimmertür, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme. Niemand sprach. Telly schaute zwischen uns hin und her und zog unbewusst den Bademantel enger um seinen Leib.
    »Also, Jungs, was ist los?«
    »Wie war das genau damals mit Frau Reichenberger?«
    »Mit wem?«
    »Scheiße«, sagte ich. Meine Stimme klang rau.
    »Ach so, Neles Mutter«, sagte Telly schnell. »Das hab ich dir doch schon gesagt.«
    »Dann erzähl es eben noch mal.«
    »Wieso denn?«, fragte er, aber er konnte meinem Blick nicht standhalten. Er setzte sich auf die Kante eines Sessels und schaute zu Boden.
    »Telly, hattest du eigentlich jemals eine richtige Beziehung?«
    Er sah mich vorsichtig an.
    »Ja. Ich war verheiratet.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Na ja, es war vor deiner Zeit und hielt auch nicht so lange.«
    »Hast du sie geliebt?«
    Er nickte.
    »Sehr.«
    »Dann kennst du das Gefühl, dass du dein ganzes Leben mit einer bestimmten Frau verbringen und sie beschützen willst, egal was

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